Bundestag:Merkel will EU-Finanzen reformieren

Bundestag

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Deutschen Bundestag und gibt eine Regierungserklärung zum informellen Europäischen Rat ab.

(Foto: dpa)
  • In ihrer Regierungserklärung zum informellen EU-Gipfel fordert Kanzlerin Merkel, mehr EU-Gelder in Strukturreformen zu investieren. Eine Neuausrichtung sei nötig.
  • SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles setzt einen anderen Fokus: Die soziale Ungleichheit in der EU sei enorm und müsse reduziert werden.
  • Für die AfD kritisiert Alice Weidel die Pläne von Union und SPD: "Sie können nur das Geld anderer Leute ausgeben."

"Wir werden Beharrlichkeit brauchen, Verantwortungsbewusstsein und die Bereitschaft, der europäischen Sache zu dienen." Mit diesem Appell hat Kanzlerin Angela Merkel ihre Regierungserklärung zum bevorstehenden informellen EU-Gipfel zusammengefasst. Am Freitag treffen sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU-Mitglieder außer Großbritannien in Brüssel, um über die Zukunft der europäischen Finanzen zu sprechen. Die letzte Regierungserklärung hatte Merkel vor fast acht Monaten gehalten.

Merkel forderte, dass die Finanzen bei dieser Gelegenheit völlig neu ausgerichtet werden. Sie werde bei dem Treffen unter anderem verlangen, dass mehr EU-Gelder in Strukturreformen und Investitionen fließen, sagte die CDU-Chefin. Durch den EU-Austritt des Nettozahlers Großbritannien werden Europa laut Haushaltskommissar Günther Oettinger pro Jahr zwölf bis 14 Milliarden Euro fehlen.

Merkel kündigte an, sie werde in Brüssel auch betonen, dass die "Personalausstattung von Frontex massiv verbessert" werden müsse. Frontex ist die umstrittene gemeinsame Grenzschutzorganisation der EU-Länder, die in den vergangenen Jahren bereits gestärkt worden war.

Im Hinblick auf den kürzlich veröffentlichten Wehrbericht gestand Merkel ein: "Wir haben Mängel in der Bundeswehr." Sie warnte aber vor einer "international zwiespältigen Rolle". Auf der einen Seite werde bemäkelt, was bei der Bundeswehr alles nicht funktioniere. Auf der anderen Seite stelle Deutschland als einziger Nato-Staat infrage, "welchen eigenen Verpflichtungen für den Zielkorridor der Ausgaben wir zugestimmt haben".

Merkel lobte den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Es sei "alles andere als ein Zufall", dass er Europa zum Thema des allerersten Kapitels mache.

AfD wirft Union und SPD Geldverschwendung vor

Die SPD-Fraktionschefin und designierte Parteichefin Andrea Nahles warb ebenfalls für den Koalitionsvertrag. Sie betonte allerdings eher soziale Fragen, die auf EU-Ebene geklärt werden sollten. So müsse etwa ein Rechtsrahmen für Mindestlohn in allen Ländern geschaffen werden. Die Ungleichheit in der EU sei enorm und wachse. Als Beispiele nannte sie etwa Jugendarbeitslosigkeit und die Bruttoinlandsprodukte der Länder.

Die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte den schwarz-roten Koalitionsvertrag scharf. "Sie können nämlich nur das Geld anderer Leute ausgeben, was anderes können Sie nämlich nicht." Die AfD stehe "für ein Europa der Vaterländer" ein.

Ähnlich äußerte sich später Parteichef Alexander Gauland. Er warf Merkel vor, dass es auch künftig nicht zu einer fairen, EU-weiten Verteilung von Flüchtlingen kommen werde, weil die Ost- und Mitteleuropäer dem nicht zustimmen würden. "Die Nationen wollen selbst bestimmen, wen sie aufnehmen", sagte Gauland und stichelte in Richtung der Grünen: "Es gibt keine nationale Pflicht zur Buntheit."

Grüne beklagen Mangel an Ideen und Leidenschaft

Von Nationalismus und Populismus gehe "die wirkliche Gefahr" aus, konterte der FDP-Chef und -Fraktionsvorsitzende Christian Lindner. Zugleich kritisierte er die vorgeschlagene Finanzpolitik und attackierte die Kanzlerin mit den Worten: "Das Interessanteste an Ihrer Regierungserklärung ist das, was Sie nicht gesagt haben." Die Jugendarbeitslosigkeit in Italien habe etwa nichts mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker oder mit europäischer Austeritätspolitik zu tun, sondern sei Schuld "der Berlusconis" in Europa. Die FDP habe vergeblich auf eine "klare und konkrete Position" gewartet. "Erklärt hat sich diese Regierung nicht", klagte Lindner.

Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, kritisierte die Austeritätspolitik, die "dramatische Folgen" für einige EU-Länder gehabt habe. "Haushalte vor Menschen ist Ihre Herangehensweise", warf er den Regierungsparteien vor.

Ähnlich argumentierte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt. Die Vorschläge seien "ohne Ideen" und "ohne Leidenschaft".

Die Grünen scheiterten mit einem Antrag zur Wahl des Europäischen Parlaments, in dem sie unter anderem verbindliche Spitzenkandidaten und transnationale Listen forderten.

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