Schröders Agenda 2010:SPD sucht den Frieden mit Hartz IV

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Fanden die Agenda 2010 schon immer gut: Altkanzler Gerhard Schröder und Frank-Walter Steinmeier. Nun kommt auch Lob von Gabriel und Nahles. (Foto: dpa)
  • Die unter der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder implementierte Agenda 2010 mit den Hartz-Gesetzen war SPD-intern oft hart kritisiert worden.
  • Mehr als zehn Jahre nach der Sozialreform äußern Parteichef Sigmar Gabriel und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles in einem Gastbeitrag für die SZ überraschend Lob.
  • Dank der Agenda 2010 habe man Deutschland als international wettbewerbsfähigen Industriestandort erhalten können.

Von Nico Fried, Berlin

Nach mehr als zehn Jahren innerparteilicher Auseinandersetzung, begleitet von Niederlagen bei Bundestagswahlen, sucht die SPD ihren Frieden mit der Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen. In einem gemeinsamen Artikel für die Süddeutsche Zeitung würdigen Parteichef Sigmar Gabriel und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die einst zu den schärfsten Kritikern der rot-grünen Reformen gehörte, überraschend deutlich die Erfolge der Politik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Es sei zwar umstritten, "wie stark genau die Arbeitsmarktreformen" zur Verringerung der Arbeitslosigkeit von fünf auf drei Millionen beigetragen hätten. "Dass aber die Reformen der Agenda 2010 einen großen Anteil an der erfolgreichen Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit hatten, ist unbestritten."

Gabriel und Nahles verweisen darauf, dass neben den Hartz-Reformen Investitionen von mehreren Milliarden Euro in Bildung, Forschung und Kinderbetreuung zur Agenda 2010 gehörten. Die SPD-Politik habe darauf abgezielt, Deutschland als international wettbewerbsfähigen Industriestandort zu erhalten. Die Regierung Schröder habe den "verhängnisvollen Weg der angelsächsischen Länder in eine von der Finanzwirtschaft abhängige Gesellschaft vermieden". Auch weil Deutschland so die Finanzkrise besser habe bewältigen können, "sei es wieder zum Wirtschaftswunderland geworden". Darauf könnten "Sozialdemokraten stolz sein".

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Schröder hatte stets bedauert, dass die SPD mit seinen Reformen haderte, anstatt sich trotz mancher Fehler selbstbewusst zu ihren Erfolgen zu bekennen. Eine Genugtuung ist die Würdigung der Reformen auch für den Ex-Kanzleramtschef und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der als Architekt der Agenda gilt. Steinmeier war zuletzt oft der einzige prominente Bundespolitiker der SPD, der die Reformpolitik vehement verteidigte. Selbst Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte sich im Wahlkampf 2013 vor allem mit ihren negativen Folgen befasst.

Gabriel und Nahles benennen auch die Fehler der Agenda 2010

Auch Gabriel und Nahles benennen Fehler der Reformpolitik. So sei zwischen Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet hätten, und Menschen, für die das nicht gelte, zu wenig Unterschied gemacht worden. Zudem habe der "Missbrauch von Beschäftigungsanreizen", zu einer dauerhaften Ausdehnung des Niedriglohnsektors geführt. Die SPD habe aber mit dem Mindestlohn und der Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes bei älteren Arbeitnehmern Korrekturen vorgenommen, mit denen die grundsätzliche Ausrichtung der Reformen gestärkt worden seien.

Gabriel und Nahles empfehlen der SPD sogar, aus den Hartz-Reformen auch für heutige Herausforderungen zu lernen, die vor allem in der Kombination der materiellen Produktion mit der digitalen Revolution lägen. Die Hartz-Reformen hätten einen "Prozess der moderierten Anpassung des Sozialstaats an die Verhältnisse der digitalen Gesellschaft eingeleitet, von dem wir heute - bei aller Gestaltungsnotwendigkeit - profitieren", so Gabriel und Nahles. "Sie vermitteln uns Zuversicht, dass Deutschland es schaffen kann, wenn wir entschlossen handeln."

© SZ vom 05.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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