Metoo-Debatte in Hollywood:Colin Firth will nicht mehr mit Woody Allen drehen

Cast member Firth arrives for the premiere of the Woody Allen film 'Magic in the Moonlight' in New York

Colin Firth bei der Premiere des Woody-Allen-Films "Magic in the Moonlight" - es wird wohl die einzige Zusammenarbeit bleiben.

(Foto: Lucas Jackson/Reuters)
  • Der britische Schauspieler Colin Firth zieht Konsequenzen aus den Missbrauchsvorwürfen, die seit Jahrzehnten gegen Woody Allen im Raum stehen.
  • Allens Stieftochter Dylan Farrow beschuldigt Allen, sich an ihr vergangen zu haben, als sie sieben Jahre alt war.
  • Nach Bekanntwerden der Weinstein-Affäre hatte Firth noch seine eigene Tatenlosigkeit bedauert.

Von Johanna Bruckner, New York

Bei den Golden Globes Anfang dieses Monats liefen Hollywoods Damen in Schwarz über den roten Teppich. Ein Zeichen der Solidarität in der laufenden Metoo-Debatte. Ein Signal: Wir stehen zusammen gegen sexuelle Ausbeutung und Ungleichbehandlung, die Zeit systematischer Übergriffe gegen Frauen ist vorbei. Und Hollywoods Männer? Kamen zwar auch oft in Schwarz und mit "Time's up"-Anstecker am Revers. Doch keiner der männlichen Preisträger verlor ein Wort zur Metoo-Debatte.

Umso bemerkenswerter ist da der Schritt des britischen Schauspielers Colin Firth. Der 57-Jährige erklärte dem Guardian, dass es keine neuen Filme von Regisseur Woody Allen geben werde, in denen er mitspiele. "Ich werde nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten", sagte Firth. Hintergrund sind die Anschuldigungen, die seit Jahrzehnten gegen Allen im Raum stehen. 1992 wurde erstmals öffentlich, dass Allen seine Stieftochter Dylan Farrow sexuell missbraucht haben soll. Eine Untersuchung im darauffolgenden Jahr endete jedoch ohne eine Anklage. Dylan Farrow selbst beschrieb 2014 in einem offenen Brief, wie ihr Stiefvater sie auf dem Dachboden sexuell missbraucht habe, als sie sieben Jahre alt war.

Der Filmindustrie warf die Schauspielerin damals vor, die Augen davor zu verschließen, was für ein Mann Woody Allen sei. Der 82-Jährige hat mehr als 50 Filme gedreht und wird vielfach als "Kultregisseur" verehrt.

Woody Allen beschuldigt Farrow-Familie, auf "zynische Art" die Gunst der Stunde zu nutzen

Tatsächlich bekam Farrow nicht die gleiche Aufmerksamkeit, die nun im Zuge der Metoo-Debatte - zum Glück - anderen mutmaßlichen Opfern sexueller Übergriffe zuteilwird. Darauf hatte zuletzt auch Ronan Farrow hingewiesen, Journalist und Bruder von Dylan Farrow. In einem Beitrag im Branchenmagazin Hollywood Reporter bezeichnete er den Umgang der Filmbranche mit seinem Vater als "Kultur der Duldung". Selbst große Zeitungen hätten aus Angst vor Allens mächtigem PR-Apparat nicht über den Fall seiner Schwester berichtet. Dieses Schweigen sei falsch und gefährlich. Es vermittle Opfern den Eindruck, dass es nicht gewollt sei, wenn sie sich äußern.

Ronan Farrow war einer der Journalisten, der den Weinstein-Skandal mit seinen Recherchen ins Rollen brachte. Er ist das einzige leibliche Kind von Woody Allen. Vater und Sohn haben sich entfremdet. Mutter von Ronan und Dylan Farrow ist die Schauspielerin Mia Farrow - während Ronan ihr leiblicher Sohn ist, adoptierte sie Dylan als Baby.

Woody Allen hat die Vorwürfe gegen seine Person stets als unwahr zurückgewiesen. Erst in dieser Woche warf er der Farrow-Familie vor, "auf zynische Weise die Gelegenheit zu nutzen, die sich durch die Time's-up-Bewegung bietet, um diese diskreditierende Anschuldigung zu wiederholen". Zuvor hatte Dylan Farrow in einem Interview in der US-Sendung CBS This Morning darauf beharrt, die Wahrheit zu sagen. Sie sei nicht von ihrer Mutter "gebrainwashed" worden, wie ihr unterstellt werde, sondern habe immer nur das erzählt, was wirklich passiert sei. "Er ist mir überallhin gefolgt. Wollte mich ständig berühren und drücken, und wenn ich gesagt habe 'ich will für mich allein sein', hat er mich nicht gelassen."

Colin Firth ist nicht der einzige Schauspieler, der dem Regisseur zwischenzeitlich die Zusammenarbeit aufgekündigt hat. So hatten bereits die Schauspieler Mira Sorvino, Rachel Brosnahan, Greta Gerwig, Rebecca Hall und Timothée Chalamet geäußert, nicht mehr mit Allen drehen zu wollen. Hall und Chalamet, die Rollen in Allens neuem Film "A Rainy Day in New York" haben, kündigten an, ihre Gagen für wohltätige Zwecke zu spenden.

Firth übt Selbstkritik in der Weinstein-Affäre

Firth spielte in Allens Film "Magic in the Moonlight", der 2013 gedreht wurde - im Jahr vor Dylan Farrows offenem Brief. Wenn der Schauspieler zu seinem Wort steht, wird es der einzige Woody-Allen-Film bleiben, in dem er zu sehen ist. Möglicherweise hat den Schauspieler ja seine eigene Reaktion in der Weinstein-Affäre zum jüngsten Schritt bewegt: Nach Bekanntwerden des Skandals hatte Firth öffentlich bedauert, nicht mehr getan zu haben, als ihm eine Schauspielkollegin von einer "beunruhigenden Begegnung" mit dem Produzenten erzählt habe - 25 Jahre zuvor.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: