Neuer Öko-Laden:Bad Tölz bekommt plastikfreie Zone

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Der Bund Naturschutz will in der Kurstadt ein Zentrum eröffnen - mit einem Geschäft, das alle Produkte ohne Verpackung verkauft.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Wer mit vollen Taschen vom Einkauf aus dem Supermarkt heimkehrt, kennt das: Nach dem Auspacken und Einräumen ist ein Müllsack schnell alleine mit Plastikabfall voll. Das Toilettenpapier ist in eine Folie eingeschweißt, das Fleisch liegt in einer durchsichtigen Box, die Nudeln rascheln im Beutel. Diese Verpackungen blieben in der Umwelt und landeten "letztlich immer in irgendeinem Gewässer", sagt Friedl Krönauer, Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz (BN). Gegen diesen Müll will die BN-Kreisgruppe mit jetzt dem Projekt "Tölz plastikfrei" ein Zeichen setzen.

In einem Laden, der noch gefunden werden muss, soll in der Kurstadt ein kleines Zentrum entstehen, in dem die Naturschützer mit Vorträgen, Workshops und Veranstaltungen über Plastikmüll informieren. Darin soll es auch ein Geschäft geben, in dem Kunden unter anderem Tee, Reis, Linsen, Nudeln, WC-Papier und Ähnliches ohne Plastikverpackung bekommen. Geplant sei zudem, "dass wir selbst in die Geschäfte gehen und fragen, wie können wir mit Tipps helfen, damit ihr etwa ohne Kaffee-To-Go-Becher auskommt", sagt BN-Umweltbildungsreferentin Diana Meßmer, die das Konzept für "Tölz plastikfrei" entwickelt hat. Dabei soll es nicht bleiben. Das Fernziel ist, den ganzen Landkreis in eine "plastikfreie Zone" zu verwandeln. Ein utopisch anmutendes Unterfangen, das weiß auch Krönauer. Aber der Energiewende Oberland, die ein gutes Stück weitergekommen sei, habe man anfangs auch kaum Erfolgschancen eingeräumt, sagt er.

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Der Anstoß zu dem Projekt kam von der Tölzer Parfümeriekette Wiedemann. Vor knapp einem Jahr schrieb Inhaber und FWG-Stadtrat Peter Wiedemann einen Wettbewerb zum Thema Verpackungsmüll aus. Seit Jahren werden in seinen Filialen Düfte und Cremes nicht mehr in Plastiktüten, sondern in Papiertaschen verpackt. Dafür verlangt er seit vorigem Jahr 20 Cent pro Stück, um den Erlös in ein Umweltprojekt zu stecken. Eine Jury kürte "Tölz plastikfrei" zum Sieger. Wiedemann garantiert dem BN dafür ein Preisgeld von 10 000 Euro - auch wenn der Tragetaschenverkauf längst nicht so viel einbringt.

In dem plastikfreien Zentrum planen die Naturschützer ein Aktionsprogramm für Kinder und Familien, Schulen und Kindergärten. Gedacht ist an Informationen über die Produktion von Seife, Shampoo oder Zahnpasta, an Kochkurse, an Exkursionen zur Isar - alles unter dem Aspekt, wie sich Plastikmüll vermeiden lässt. "Wer seine Spätzle selber schabt, braucht sie nicht in der Plastiktüte zu kaufen", sagt Meßmer. Das Problem sei allerdings, dass viele Leute in der heutigen Schnelllebigkeit dazu kaum Zeit hätten. Im Laden sollen alle Produkte plastikfrei zu haben sein. Die BN-Umweltbildungsbeauftragte hat Kontakte zur Off-Mühle in Sindelsdorf geknüpft, um Körner oder Linsen zu bekommen, ebenso zum Ohne-Laden in München, einem verpackungsfreien Supermarkt. Von dort könne man etwa Schütten ohne Plastik erhalten, sagt sie. Ihr schwebt auch vor, dass die Kunden Gläser für Marmelade selbst mitbringen oder den To-Go-Kaffee im Keramikbecher erhalten.

Die passenden Räume hat der BN in Tölz bislang nicht gefunden. Vor vier Monaten hatte er ein Objekt an der Wachterstraße in Aussicht, aber das zerschlug sich. Steuerrechtliche Fragen waren noch nicht geklärt, ebenso wenig gab schon ein ausreichendes Sortiment. "Im Moment ist nichts in Sicht", sagt Meßmer. Zwar stünden Läden leer wie etwa in der Nockhergasse, allerdings zu Mieten, "die wir uns nicht leisten können".

Um das Projekt zu realisieren, gründet sich an diesem Freitag, 3. Februar, von 18.30 Uhr an, ein Förderverein im Gasthaus Starnbräu. Seine Aufgabe soll es unter anderem sein, Spenden zu sammeln, Produkte zu kalkulieren, über Kooperationen nachzudenken. Die Reisejournalistin Bettina Kelm hält dabei einen Vortrag zum Thema "Panama - ein Paradies ertrinkt in Plastik."

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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