Landkreis:Bund Naturschutz prangert "rabiates Abholzen" an

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Etliche alte, prächtige und gesunde Bäume seien gefällt worden. Sie sollen teilweise zu Hackschnitzel verarbeitet worden sein.

Von Barbara Briessmann, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Telefon steht nicht mehr still beim Bund Naturschutz. Täglich meldeten sich bei der Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen Anrufer, sagt der Vorsitzende Friedl Krönauer. Sie beklagten das "rabiate Abholzen" von zum Teil sehr alten Bäumen im Landkreis. Krönauer bestätigt das: "In weitaus größerem Umfang als in den Jahren zuvor fielen heuer in den Wintermonaten Sträucher, Feldgehölze und Bäume im öffentlichen Raum der Kettensäge zum Opfer."

Größtenteils ohne Vorankündigung und oft auch ohne entsprechende Erlaubnis werde von Gemeinden, Privatleuten und Forstbetrieben rigoros gefällt und abgeholzt. Der Bund Naturschutz mutmaßt, dass der schneearme Winter ein Grund dafür sein könnte. "Es drängt sich der Eindruck auf, dass Kapazitäten an Arbeitskräften und Maschinen jahreszeitlich bedingt zur Verfügung standen", meint der Verein, deswegen habe es gegolten, selbige "bestmöglich" auszunutzen.

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Natürlich müssten Pflegemaßnahmen in der Landschaft sein - etwa, um den Bestand zu erhalten oder die Sicherheit und den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Aber: "Bei der Vielzahl der Gehölze wurde willkürlich vorgegangen", sagt Krönauer.

Als zweiten Grund sieht er die große Nachfrage nach Schwachholz. Das stammt von Bäumen, die zum Beispiel für den Möbelbau keinen Wert haben wie etwa Weiden. Als Hackschnitzel wird das Holz in Biomasseanlagen verfeuert. Ein Geschäft - nicht nur für Privatleute. "Viele Forstbetriebe haben Verträge, sie müssen liefern", weiß Krönauer. Das fördere Kahlschlag.

Der Bund Naturschutz nennt auch Beispiele für "rigoroses Abholzen": In Icking wurden auf dem Grundstück des künftigen Supermarktes zahlreiche Bäume gefällt - "symptomatisch für die Gleichgültigkeit im Umgang mit innerörtlichem Baumbestand". Auch in Benediktbeuern mussten drei mächtige Linden am Ortseingang weichen, weil eine von ihnen wackelte. "Diese Bäume waren ortsprägend und ökologisch von besonderem Wert", schimpft Krönauer. Besonders Linden seien für ihre hohe Standfestigkeit auch im hohen Alter bekannt. Ebenfalls in Benediktbeuern und ebenfalls von der Gemeinde veranlasst, wurden laut Bund auch "etliche Ahorne" am Kloster und an der Verbindungsstraße vom Kloster nach Ried gefällt.

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Erst vor zwei Wochen säbelte ein Privatmann in Kochel am See zwei uralte, mächtige Silberweiden um, wie Krönauer berichtet. Das sei außerhalb der erlaubten Frist passiert. "Es handelte sich um gesunde und ortsprägende Bäume", so der Bund-Vorsitzende, "die aufgrund ihres Alters einen hohen ökologischen Wert darstellten." Nun würden sie den Container einer Hackschnitzelheizung füllen. In Kochel-Altjoch habe die Gemeinde "sechs vitale, mächtige Bäume wie Linden und Eschen in einer zum See führenden Allee gefällt".

"Ich will nicht nur die Gemeinden an den Pranger stellen", räumt Krönauer ein. Er fordert vielmehr ein längst überfälliges Umdenken. Wichtig sei eine fachmännische Pflege, um die Vitalität von Gehölzen zu erhöhen. Der "einfache und kurzsichtigere Weg", das Abholzen, bedeute einen erheblichen Verlust an Lebensräumen für Vögel, Kleinlebewesen und Insekten: "Bei Weiden gehören die Kätzchen zur ersten Nahrung der Bienen im Jahr." Auch der Mensch profitiere. Bäume sind nicht nur Sauerstofflieferanten und Kohlendioxid-Kompensatoren, sondern auch Feinstaubfilter. "Beschwichtigend angekündigte Ersatzpflanzungen vermögen den Verlust eines Baum-Methusalems weder optisch noch ökologisch annähernd auszugleichen", schimpft Krönauer. Bäume täten auch der Seele gut. "Der Anblick einer baumreichen Landschaft trägt zum Wohlbefinden des Menschen bei", sagt Krönauer.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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