Isarwehr:Anstrengung für Artenvielfalt

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Am Baierbrunner Wehr wird eine neue Turbine eingebaut. Gleichzeitig entsteht eine Fischtreppe, die Raue Rampe. (Foto: Angelika Bardehle)

Bei Baierbrunn soll eine neuartige Turbine aus Restwasser Strom erzeugen. Sie dreht sich sehr langsam und schont so die Fische.

Von Melanie Artinger und Ingrid Hügenell, Baierbrunn

In einem Pilotprojekt wird derzeit die Wehranlage Baierbrunn erweitert. Es entsteht eine Restwasserkraftanlage zur Stromerzeugung. Zudem werden zwei Bauwerke errichtet, mit deren Hilfe die ökologische Durchlässigkeit der Isar entscheidend verbessert werden soll. Bisher zweigt die Wehranlage rund 80 Kubikmeter Wasser pro Sekundeaus der Isar für die Stromerzeugung in den Kraftwerken Höllriegelskreuth und Pullach ab. Um auch das Restwasser energetisch nutzbar zu machen, kommt in dem entstehenden Kleinwasserkraftwerk eine hochmoderne Turbine zum Einsatz.

Erst die zweite Turbine mit Very-Low-Head-Betrieb (VLH) in Deutschland werde hier in die Isar eingesetzt, teilt die Bayerischen Landeskraftwerke GmbH mit. Sie zeichne sich dadurch aus, dass sie bereits niedrige Fallhöhen energetisch ausnutzen könne und außerdem Fischen nicht schade. Der Abstand zwischen den Schaufelrädern sei relativ groß und sie drehe sich langsam. Üblicherweise erreiche eine Turbine in einem vergleichbaren Kleinkraftwerk an die 300 Umdrehungen pro Minute, während es bei der VLH-Turbine nur 20 Umdrehungen seien, wie Jochen Zehender von der Bayerischen Landeskraftwerke GmbH sagt. Dieser Turbinentypus soll es den Fischen ermöglichen, flussabwärts zu wandern ohne geschädigt zu werden. Gleichzeitig könnten jährlich rund 1,8 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt und rund 700 Haushalte versorgt werden. Bereits im Februar nächsten Jahres soll das Kleinwasserkraftwerk auf Baierbrunner Flur in Betrieb genommen werden, wie Projektleiter Gerhard Hofmann ankündigt.

Um die Fischwanderung auch flussaufwärts zu ermöglichen, entsteht im Uferbereich eine Raue Rampe. Dabei handelt es sich um eine etwa 40 Meter breite schräge Fläche, auf der durch geschickte Platzierung von großen Störsteinen die Fließgeschwindigkeit reduziert wird und Ruhezonen entstehen. Innerhalb der Rampe wurden bei der naturnahen Gestaltung auch unterschiedliche Gewässertiefen geschaffen. Sollten manche Fische den unteren Einstieg in die Rampe verpassen, gibt es so neben der Turbine eine zweite Einstiegsmöglichkeit. Auch in diesem Gewässerabschnitt können schwimmschwache Tiere Ruhezonen finden.

Ein paar Kilometer flussaufwärts, beim Ickinger Wehr, ist Anfang August ein neues Altwasser der Isar eröffnet worden, der Auenbach. Auf einer Länge von 1,4 Kilometern bietet er zahlreichen Tieren und Pflanzen neue Lebensräume und stellt ebenfalls einen Rückzugsraum für Fischarten wie Huchen und Nasen dar. Der neue Bach ist eine Ausgleichsmaßnahme der Eon-Tochter Uniper Kraftwerke GmbH, die dafür etwa 400 000 Euro ausgegeben hat.

Um die Isar um weitere 19 Kilometer für Wasserlebewesen durchgängig zu machen, investiert die Uniper in die beiden Maßnahmen in Baierbrunn etwa zwei Millionen Euro. Der Kraftwerksbetreiber hat die Gesamtbauleitung und übernimmt später den Betrieb der Anlage. Ziel ist eine größere Artenvielfalt. Ein umfangreiches Fischmonitoring durch das Landesamt für Umwelt in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München soll die Auswirkungen des Projekts untersuchen. "Beide Anlagen setzen neue Maßstäbe", sagt Christian Barth, Amtschef des bayerischen Umweltministeriums. Gerade in Zeiten, in denen die klimaneutrale Wasserkraft eine wichtige Rolle spiele, seien Beispiele von großer Bedeutung, die zeigten, dass eine sinnvolle Balance zwischen Ökologie und Ökonomie gefunden werden könne, sagt Barth. Er geht davon aus, dass bis 2021 eine vollständige Durchlässigkeit der Isar vom Sylvensteinspeicher bis zur Donau erreicht werden könne. Teile des insgesamt 5,5 Millionen Euro teuren Projekts werden über die neugegründete Wasserkraft Baierbrunn GmbH finanziert, bei der sich Bayernwerk Natur und die Bayerische Landeskraftwerke GmbH als Partner eingebracht haben. Nach Fertigstellung sollen sich auch Kommunen und Bürgergesellschaften an dem Projekt beteiligen können.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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