Brauchtum:Der Maibaumtransport wird immer komplizierter

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Glücklich durch den Paragrafendschungel: Der Maibaum ist in Riem eingetroffen. Alexander Hasse ist erleichtert. (Foto: Wolfgang Bechert/oh)
  • Neue Verwaltungsvorschriften zum Maibaumtransport sollten das Unternehmen eigentlich erleichtern.
  • Das funktioniert auch, wenn der Baum aus einem Umkreis von 15 Kilometern kommt.
  • Wird er weiter entfernt geschlagen, haben die Vereine viel bürokratischen Aufwand.

Von Renate Winkler-Schlang, Riem/Daglfing/Berg am Laim

Es hat geklappt, es ist gut gegangen am vergangenen Samstag: Trotz der sieben Kreisverkehre unterwegs von Hohenlinden war der Riemer Maibaum nach exakt zwei Stunden angekommen, wurde unter Blasmusikbegleitung zum Gut Riem gebracht, wo er nun tagsüber bemalt und geschmückt und nachts mit Argusaugen bewacht wird.

Alexander Hasse, Vorsitzender der Maibaumfreunde Riem, atmet auf. In der Zeit davor habe er sich "24 Stunden am Tag" nur mit den neuen Verwaltungsvorschriften zum Maibaumtransport herumschlagen müssen, erzählt er. Dabei habe die Staatsregierung eigentlich alles vereinfachen wollen. Es gebe auch wirklich einen Flyer über Erleichterungen für Brauchtumsvereine, auf dessen Titelseite der frühere Staatskanzleichef Marcel Huber ausgerechnet vor einem weißblauen Baum posiert.

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Beim Betonieren wurde nicht berücksichtigt, dass der Platz schräg liegt. Damit der Maibaum doch gerade steht, will die Stadt im Zweifel zu Keil und Säge greifen.

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Darin ist zu lesen, dass ein Maibaumtransport innerhalb des Radius von 15 Kilometern weder einer Anmeldung noch Genehmigung bedarf. Damit wollte man vor allem den alten Brauch des Maibaumklauens legalisieren. Gleichzeitig aber wurde der Transport außerhalb dieser Grenze offiziell zum normalen Langholztransport, verbunden mit allerlei Bürokratie. Und das trifft die Maibaumvereine in den Stadtvierteln, die nicht das Glück haben, ihren Stamm aus dem Gemeindewald am Dorfrand zu bekommen.

Der Daglfinger Baum etwa kommt aus Arget, wie der Zweite Schützenmeister des Schützenvereins Gemütlichkeit, Johann Oberfranz, berichtet, der Berg am Laimer ist laut Hans Bachhuber vom örtlich zuständigen Verein im "Herrenholz Gemarkung Peiß der Gemeinde Aying, Staatsstraße 2081" gewachsen: Alles weiter weg als 15 Kilometer.

Für die Riemer bedeutete die neue Einordnung, dass der Baum nicht, wie bisher alle fünf Jahre, den direkten 20-Minuten-Weg über die Autobahn nehmen durfte. Für den Transport auf der Landstraße brauchte nun zunächst einmal der Traktor mit seinem "Nachläufer", auf dem der Stamm aufliegt, ein TÜV-Gutachten. Das könne, mit An- und Abreise des Gutachters, schon mal 480 Euro kosten, weiß Hasse. Für die Riemer ging es billiger her, weil man sich in der Not mit Daglfing zusammengetan hat.

Von Behörde zu Behörde

Dieses Gutachten muss zur Genehmigungsbehörde, der Regierung der Oberpfalz in Regensburg, die es für 70 Euro prüft und die Vereine auf Paragraf 70 Straßenverkehrszulassungsordnung hinweist: Transport nur mit Ausnahmegenehmigung. Theoretisch gibt es die beim städtischen Kreisverwaltungsreferat, die Riemer wurden ans Landratsamt Ebersberg weitergereicht und von dort zur Polizeidirektion Ingolstadt, wegen der Begleitung des Baums. Diese konnte keine Begleitung stellen, sie verwies auf die Feuerwehr.

Nun würde "die Freiwillige Feuerwehr Riem alles tun" für ihren Maibaumverein, sagt Hasse. Nur: Sie darf nicht raus aus München ohne "Ausfahrgenehmigung" ihrer zentralen Kommandostelle. Die war zwar leicht zu kriegen, aber nur fürs Überfahren der Stadtgrenze, nicht für "hoheitliches Wirken" an anderem Ort. Dazu müsse sie die Genehmigung aller Feuerwehren beibringen, deren Gebiet man durchfahre, hieß es. Hasse, leicht entnervt, wandte sich an die Staatsregierung, erwischte sogar den Referenten, der den 15-Kilometer-Erlass ausgearbeitet hat, bat um Ausweitung auf 50 Kilometer.

Man braucht nur den richtigen Stempel

Dort ließ man sich Zeit - um dann vorzuschlagen, der Maibaumtransport könne rechtlich wohl auch wie ein Faschingsumzug behandelt werden. Man müsse halt sicherstellen, dass er nur in Schrittgeschwindigkeit unterwegs ist. Das war dann endgültig der Moment, in dem Hasse genug hatte. "Wir tun es einfach", hat er beschlossen. Die Riemer Wehr an seiner Seite. Hätte das da draußen auf dem Weg am Samstag jemand moniert, dann wären sie halt wirklich Schritttempo gefahren - hätten dann aber fünf Stunden lang die B 12 blockiert.

"Wir sind kein Einzelschicksal", sagt Hasse am Ende noch. Und es stimmt, Oberfranz machte ähnliche Erfahrungen. Er wurde allerdings zwischen Kreisverwaltungsreferat und Landratsamt hin und her geschickt, so dass er am Ende schon "ganz nervös" war, ob die Genehmigung rechtzeitig kommt. "Die haben alles so verschärft, dass man bald nicht mehr mag", sagt er.

Bachhuber wollte "alles einfach so machen wie vor fünf Jahren". Doch dann merkte er, dass sein langjähriger Transporteur diese "Paragraf-70er-Genehmigung" nicht hatte und nicht beibringen konnte. Zehn Tage vor dem Transport sprang er ab. Bachhuber telefonierte herum. Die Feuerwehr Parsdorf erbarmte sich, nachdem er im Landratsamt in letzter Minute den richtigen Stempel bekam, des Berg am Laimer Baums, der am 28. Mai aufgestellt wird - sofern ihn die Burschen, die ihn geklaut haben, rechtzeitig zurückbringen. Immerhin: Sie blieben im 15-Kilometer-Bereich.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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