München:Wie die AfD versucht, Franz Josef Strauß zu vereinnahmen

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Schellingstraße 47: Wo heute ein Mädchenwohnheim steht, war das Geburtshaus von Franz Josef Strauß. (Foto: Peljak)
  • Die AfD will der CSU das Gedenken an Übervater Franz Josef Strauß streitig machen - und ist dabei vorerst von der katholischen Kirche gestoppt worden.
  • AfD-Mitglieder nagelten am Mittwoch eine Gedenktafel an den Standort des Geburtshauses der CSU-Ikone in der heutigen Schellingstraße 47.
  • Doch das Erzbischöfliche Ordinariat erteilte dem Wunsch eine Absage, die Polizei rückte an und der Hausmeister entfernte die Tafel.

Von Wolfgang Görl

In der Schellingstraße 49 (heute 47) wurde Franz Josef Strauß geboren, hier stand die im Krieg zerstörte Metzgerei seines Vaters, und wer am Mittwochmorgen zufällig in der Nähe des Anwesens unterwegs war, durfte sonderbare Vorgänge beobachten: Erst nagelten einige Herrschaften eine grabmalähnliche Kunststofftafel an die Wand, danach Aufregung seitens der Bewohner, die Polizei rückte an, und am Ende musste der Hausmeister ran, um die Tafel zu entfernen.

Was das alles zu bedeuten hat? Nun, der Kreisverband München-Nord der Alternative für Deutschland (AfD) hat sich dazu hinreißen lassen, mit Hammer und Nagel Fakten zu schaffen und nebenbei der CSU eins auszuwischen. Auf der Tafel, welche die AfD-Leute ans Haus hämmerten, ist Franz Josef Strauß abgebildet, darunter steht der Name des CSU-Übervaters sowie sein Geburts- und Todestag. Es sei nämlich ein Unding, sagt Petr Bystron, der Landesvorsitzende der AfD, dass am Geburtshaus des "bedeutendsten bayerischen Politikers der Nachkriegszeit" keine Gedenktafel angebracht ist. Also habe die AfD-München-Nord, der Bystron angehört, die Sache selbst in die Hand genommen.

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Aber was hat die AfD mit Strauß zu tun? Offenbar sehr viel, sofern man Bystrons Worten folgt: Strauß nämlich, würde er heute noch leben, "wäre sicher in der AfD". Mittlerweile, konstatiert Bystron, "ist die CSU so weit nach links gerückt, dass sie nicht mehr die Partei von Franz Josef Strauß ist". Beispiele wie "die Ausweitung des Islamunterrichts und die Frühsexualisierung an den bayerischen Schulen" zeigten, dass die CSU "vor dem linken Mainstream eingeknickt" sei.

Im Bemühen, sich als FJS-Gedächtnispartei zu etablieren, nimmt es die AfD mit den Gesetzen nicht ganz so genau (was Strauß auch nicht immer tat): Es ist schlichtweg verboten, einfach mal so eine Tafel an einem fremden Haus anzubringen. Der Nachfolgebau der Strauß'schen Metzgerei gehört dem katholischen Sozialverband "In Via", der an der Schellingstraße ein Wohnheim für Mädchen und junge Frauen betreibt. Um dort eine Plakette anzubringen, hätte es der Genehmigung der Heimleitung bedurft - und die ist nicht erfolgt, weshalb die Geschäftsführerin alles andere als amüsiert ist und sich eine Anzeige vorbehält. Bystron ist dies egal, er sagt: "Für Franz Josef Strauß gehe ich gerne ins Gefängnis."

So dick wird es kaum für ihn kommen, mit der katholischen Kirche aber hat es sich der AfD-Chef fürs Erste verdorben. "Wir verwehren uns, dass das Haus für politische Aktionen missbraucht wird", sagt Bernhard Kellner, der Sprecher des Erzbistums. Über eine Gedenktafel könne man reden, wenn die "Stadtgesellschaft sie will und der Stadtrat das beschließt"; mit "unabgestimmten Einzelaktionen" wolle die Kirche aber nichts zu tun haben.

Was die CSU betrifft, wollte gestern niemand aus der Partei die posthume Vereinnahmung ihres Idols durch die AfD kommentieren. Ganz falsch aber liegt man wohl nicht, die Absage als ein Zeichen zu deuten, dass die Christsozialen die Aktion an der Schellingstraße für einen billigen PR-Gag halten, den man nicht mit eigenen Stellungnahmen aufwerten möchte. Dass die CSU nun ihrerseits eine Initiative für eine Gedenktafel startet, wäre zumindest kühn. Da hätte jeder den Eindruck: Die AfD schreitet voran, die CSU dackelt hinterher.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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