CNN-Doku über Melania Trump:Melania Trump - Mona Lisa unter den First Ladies

Lesezeit: 3 min

Eine CNN-Doku beschreibt das Ex-Model als geheimnisvoll. Doch anstatt Melania Trump näherzukommen, verliert sich der Film in Oberflächlichkeiten.

TV-Kritik von Johanna Bruckner, New York

Eine Rede in Teilen von der Vorgängerin abkupfern? Nicht in Ordnung. Ein Kleid von einem ausländischen Luxuslabel tragen, obwohl der eigene Ehemann "America First" zu seinem präsidialen Motto gemacht hat? Unverzeihlich. Der schlimmste Fehler, den eine First Lady mit Laufsteg-Vergangenheit begehen kann, ist offenkundig ein modischer. Das legt zumindest die CNN-Dokumentation Melania Trump: The Making of a First Lady nahe.

Da darf sich Vanessa Friedman, Chef-Modekritikerin der New York Times, mit einem süffisanten Lächeln darüber auslassen, dass Melania Trump bei einem Besuch des Präsidentenpaares in Florida doch tatsächlich ein rotes Minikleid von Givenchy getragen habe. Givenchy! Man kann sich direkt vorstellen, wie patriotische Fernsehzuschauer empört ein paar Freedom Fries Richtung Bildschirm werfen.

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Dabei hat die First Lady vermutlich nicht mal gewusst, was sie da tut. Das ist der Eindruck, der nach 60 Minuten zurückbleibt: Melania Trump ist eben doch eine Trophy Wife mit lustigem Akzent, die aus Versehen Hausherrin im Weißen Haus wurde. In das sie bis heute nicht einziehen mag, weil sie lieber jeden Tag in New York Sohn Barron von der Schule abholt. Als gäbe es dafür kein Personal!

Früher lebte Melania im Kommunismus, heute isst sie Diamanten zum Dinner

Das ist natürlich kein Zitat aus dem Film. Dort kommen nur echte Experten zu Wort, also Menschen wie Carl Sferrazza Anthony, Amerikas führender First-Lady-Biograph. Er prognostiziert, dass Melania Trump hervorgehen werde als "eine Art Mona Lisa unter den First Ladies". Es ist eine der wenigen Einschätzungen, an der etwas Wahres dran sein könnte. Es gibt wohl kaum eine prominente Person, die seit Jahren öffentlich so präsent und trotzdem so wenig zu fassen ist wie Melania Trump. Eigentlich der ideale Ausgangspunkt für ein filmisches Porträt - doch die Doku verliert sich in Oberflächlichkeiten und schafft am Ende nur eines: die Klischees um die neue First Lady zu zementieren.

Melania Trump, so erfährt der Zuschauer, wurde 1970 in Novo mesto in Slowenien geboren (als Melanija Knavs). Das Land gehörte damals zu Jugoslawien, war also kommunistisch regiert, dieses Detail ist den Autoren wichtig. Vielleicht weil es einen schönen Kontrast bildet zu den Magazinfotos, die später gezeigt werden, auf denen Melania an einem Tisch sitzt und diamantbesetzte Halsketten wie Spaghetti aufdreht. Eine weitere Begebenheit mit bestechener Symbolik: 1993 spielte das junge Model in einem Werbespot für ein amerikanisches Versicherungsunternehmen die Rolle der ersten Präsidentin der Vereinigten Staaten. Ausgerechnet!

Der Film ist voll von Anekdoten, die vermeintlich eine Geschichte erzählen über die Frau an der Seite von Donald Trump - und am Ende doch überhaupt nichts aussagen. Informationen, die es wert wären, vertieft zu werden, werden in einem Nebensatz abgehandelt: Wie kommt es, dass Melania Trump sechs Sprachen spricht? Hat sie ein besonderes Interesse an Sprachen? Ist sie möglicherweise sogar bewandert in fremden Kulturen und könnte bei Staatsbesuchen das ausgleichen, was ihrem Mann an internationalem Geschick fehlt? (Zum Ausgleich ein bisschen positive Spekulation.)

Am interessantesten sind noch alte Interviewausschnitte mit Melania Trump selbst. In einem erzählt sie, wie sie 1998 auf einer Fashion-Party in New York ihren heutigen Ehemann traf. Donald Trump habe sie nach ihrer Telefonnummer gefragt: "Aber ich habe gesagt: 'Ich gebe dir meine Nummer nicht, du gibst mir deine und ich rufe dich an.'"

An einer Stelle sagt Michael D'Antonio, Autor der nicht-autorisierten Trump-Biographie "The Truth About Trump": "Ich denke, er braucht jemanden, der spielerisch sein kann, der ihn herausfordert, und der sich nicht vor ihm fürchten würde. Ich denke, Melania hat überhaupt keine Angst vor ihm." Ohne die vorherige Interviewsequenz müsste man diese Einschätzung als bloße Spekulation abtun. Denn - und das ist das größte Manko der CNN-Doku: Melania Trump hat an dem Film nicht mitgewirkt. Es werden auch keine Freunde oder Wegbegleiter befragt. Noch nicht mal eine Boutique-Verkäuferin kommt zu Wort (aber gut, die First Lady soll ja auch beim Online-Luxushändler Net-A-Porter shoppen, dieses Detail hat es in die Doku geschafft). Stattdessen füllen die Macher die Sendezeit mit dem, was offenkundig ist: Melanias Garderobe.

Wer jeden Tag aufs Washington Monument blicken kann, hat gefälligst demütig zu sein

Eine Vanity-Fair-Journalistin darf noch einmal erzählen, welche Mutmaßungen angestellt wurden, als Melania kurz nach Veröffentlichung des "Grab them by the pussy"-Tapes, in einer pinken "Pussy Bow"-Bluse (deutsch: Schluppenbluse) auftrat: War das etwa ein subversiver Akt des Widerstands? Mit Sicherheit nicht, befindet die eingangs erwähnte Modekritikerin der New York Times: Melania habe vermutlich schlicht gedacht, "hübsche und angemessen hochgeschlossene Bluse".

Trauriger Höhepunkt der psychologischen Fernanalyse: Eine weitere Biographin fordert mehr Demut von der neuen First Lady. Die könne schließlich jeden Morgen beim Aufwachen aufs Washington Monument blicken, habe die Air Force One quasi startbereit im Vorgarten stehen und werde beim Aussteigen aus dem Flugzeug regelmäßig mit "Hail to the Chief" begrüßt - für solche Privilegien müsse man nun mal Opfer bringen.

Nach 60 Minuten weiß man immer noch nicht, wie es in Melania Trump aussieht. Deshalb hält Trump-Biograph D'Antonio das fest, was ohnehin wichtiger ist: "In gewisser Weise sehe ich in ihrem Gesicht in jedem Moment den gleichen Ausdruck." Wer will es Melania Trump verdenken?

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