Finanzen kompakt:Ölpreis auf höchstem Stand seit einem Jahr

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Die Weltwirtschaft erholt sich schneller als gedacht und treibt den Ölpreis nach oben. Außerdem: Josef Ackermann auf Einkaufstour. Das Wichtigste im Überblick.

Der Rohölpreis ist mit mehr als 80 Dollar auf den höchsten Stand des Jahres gestiegen. Im Computerhandel der New Yorker Rohstoffbörse kletterte der Preis für die Sorte WTI kurzfristig auf 80,05 Dollar, fiel dann aber zurück auf 79,34 Dollar für ein Barrel (159 Liter). Zu Jahresbeginn war Öl nur halb so teuer wie jetzt.

Grund für den anhaltenden Steigflug der Ölpreise waren zuletzt überwiegend robuste Unternehmenszahlen aus den Vereinigten Staaten.

In der Folge knackte der wichtige Aktienindex Dow Jones die 10.000-Punkte-Marke und notiert damit auf dem höchsten Stand seit einem Jahr. In diesem Fahrwasser legten auch die europäischen und asiatischen Börsen kräftig zu. Dies hob die Stimmung der Investoren am Ölmarkt und verteuerte den wichtigsten Schmierstoff der Wirtschaft, das Öl.

Begünstigt wurde diese Entwicklung durch den sehr schwachen Dollar. In den letzten Wochen verlor die amerikanische Währung insbesondere zum Euro spürbar an Wert. Derzeit kostet ein Euro knapp 1,50 Dollar und damit so viel wie seit einem Jahr nicht mehr.

Die Schwäche der US-Währung verbilligt Rohöl für Investoren außerhalb des Dollarraums und stützt damit die Nachfrage nach Rohöl.

Allerdings verweisen nicht wenige Experten auch auf Spekulationen am Ölmarkt. Viele Anleger setzen demnach darauf, dass der aktuelle Konjunkturoptimismus durch positive US-Unternehmenszahlen weiter geschürt wird.

Auf der anderen Seite sehen Ökonomen gerade in den Gründen für den jüngsten Ölpreisanstieg auch große Rückschlagsgefahren. So deute vieles darauf hin, dass der Dollar bald wieder bessere Zeiten sehen und aufgewertet werde, sagt Rohstoffexperte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).

Deutsche Bank kauft in den Niederlanden zu

Die Deutsche Bank baut ihr Geschäft in den Niederlanden aus. Im zweiten Anlauf einigte sie sich mit der Regierung in Den Haag grundsätzlich auf die Übernahme der Mittelstands-Bank Hollandsche Bank-Unie (HBU), bislang Teil der gestrauchelten ABN Amro. Damit steigen die Frankfurter nach Angaben vom Dienstag zur Nummer vier bei Firmenkunden und Investmentbanking in dem Land auf.

Zum Preis schwiegen sich beide Seiten aus. "Die finalen Vertragsbedingungen sind Bestandteil weiterer Verhandlungen", hieß es von der Deutschen Bank. Sie hatte eigentlich schon Mitte vergangenen Jahres die Übernahme festgezurrt für 709 Millionen Euro.

Die Finanzkrise machte den Deutschen jedoch einen Strich durch die Rechnung: Der niederländische Staat musste ABN Amro und sein Schwesterinstitut Fortis auffangen. In der Folge platzte der Verkauf trotz monatelanger Nachverhandlungen.

Die EU-Wettbewerbshüter brachten mit einem Ultimatum neuen Schwung in die Verhandlungen: Sie machten den Verkauf der Mittelstandsbank zur Auflage für die geplante Verschmelzung von ABN Amro mit dem niederländischen Teil der Fortis-Bank. Die mehrmals verlängerte Frist der EU-Kommission wäre Dienstag um Mitternacht abgelaufen.

Die Übernahme der ABN-Tochter reiht sich in eine lange Reihe von jüngeren Übernahmen der Deutschen Bank ein.

Auch im italienischen Privatkunden-Geschäft werden der Deutschen Bank Übernahmewünsche nachgesagt. Demnach hat sie sich 150 Filialen der Bank Monte dei Paschi di Siena angeschaut. "Aktuell gibt es aber keine Anzeichen für eine Konkretisierung", hieß es am Dienstag in Finanzkreisen.

EU-Abkommen mit Liechtenstein zu Steuerbetrug blockiert

Beim Kampf gegen den Steuerbetrug kommt die Europäische Union nicht voran. Luxemburg und Österreich blockierten beim EU-Finanzministerrat in Luxemburg mit ihrem Veto den Abschluss eines Betrugsbekämpfungs-Abkommen mit Liechtenstein, wie Diplomaten mitteilten.

Beide Mitgliedsländer fürchten Nachteile für das eigene Bankgeheimnis. Damit liegen auch geplante Abkommen mit Andorra, Monaco und San Marino auf Eis. "Wir sind für Steuerbetrugs-Bekämpfung, aber wir sind nicht dafür, dass wir in Europa und außerhalb Europas zwei verschiedene Systeme haben", sagte der Luxemburger Finanzminister Luc Frieden am Rande der Beratungen.

Die Regierungen in Wien und Luxemburg fürchten, dass sie EU-Partnern wie Deutschland künftig automatisch Informationen über Steuerhinterziehung liefern müssen. Das Betrugsabkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein sieht dagegen lediglich eine Informationspflicht vor, wenn der deutsche Fiskus gezielt anfragt.

Zudem sehen beide EU-Länder Liechtensteiner Stiftungen bevorzugt, die nicht durch das Abkommen erfasst sind. "Ja zur Betrugsbekämpfung, aber dann restlos für alle Produkte", sagte Österreichs Finanzminister Josef Pröll.

Ex-Vorstand verklagt Commerzbank

Der ehemalige Risikovorstand der Commerzbank, Wolfgang Hartmann, hat seinen Ex-Arbeitgeber einem Pressebericht zufolge verklagt. Es gehe dabei um seine Abfindung sowie um seine Pensionsansprüche, berichtete die Financial Times Deutschland unter Berufung auf Finanzkreise. Zu den Hintergründen des Streits und zu der geforderten Summe sei nichts bekanntgeworden.

Die Commerzbank lehnte auf Nachfrage einen Kommentar ab. Hartmann war im Mai ohne Begründung aus dem Vorstand ausgeschieden.

Die Commerzbank war im Zuge der Finanzkrise in eine Schieflage geraten und musste vom Staat gestützt werden. Hauptgrund der Misere waren toxische Wertpapiere, die mit der Übernahme der Dresdner Bank in das Haus gelangt waren.

Privatkredite übers Internet mit Risiko

Online-Kreditseiten von Privatleuten für Privatleute erfreuen sich wachsender Beliebtheit. So sind über die Seite smava.de schon mehr als 2200 Kredite über insgesamt rund 15 Millionen Euro vergeben worden, wie die Zeitschrift Finanztest in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet.

Die Bonität der Kreditsuchenden wird den Finanztestern zufolge wie bei der Bank über eine Schufa-Auskunft geprüft, Freiberufler müssen außerdem etwa ihre Jahresabschlüsse präsentieren. Kommt das Okay, können die Verbraucher mit Geldbedarf bei smava darstellen, wofür sie wieviel Geld brauchen und welchen Zins sie bieten. Die Online-Geldgeber erfahren zudem, welche Bonitätsklasse von "A" (bestens) bis "H" die Schufa den Kreditsuchenden zuteilt.

Für die Kreditgeber soll sich das Verlustrisiko bei smava dadurch reduzieren, dass die Kredite auf viele Anleger verteilt werden: Anleger, die Kreditsuchenden mit gleicher Bonitätsbewertung Geld geben, werden zu Pools zusammengefasst. Fällt einem Anleger der Kreditnehmer aus, gleichen die übrigen Poolmitglieder den Verlust aus.

Dies bedeutet aber: Auch wer nur zuverlässigen Menschen Geld gibt, muss ein gewisses Minusrisiko einrechnen, wie die Finanztester betonen. Sie mahnen, dass das smava-System zwar "charmant" sei, aber nicht sorglos machen dürfe.

Bafin-Chef: "Vielen Banken fehlt ein Geschäftsmodell"

Der Chef der Bankenaufsicht Bafin zweifelt an der Überlebensfähigkeit einiger deutscher Banken. "Das deutsche Bankensystem hat Überkapazitäten. Es ist denkunmöglich, dass jedes Institut ein funktionierendes Geschäftsmodell finden wird", sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Jochen Sanio.

"Daraus schließe ich, dass uns in den nächsten Jahren noch die eine oder andere Bank vor die Füße fallen wird." Die Finanzkrise sei bereits das Ergebnis einer Strategie, ertragsschwaches inländisches Geschäft durch riskante Anlagen im Ausland zu ersetzen.

Sanio schlug vor, den Bankenrettungsfonds Soffin zu einer Behörde auszubauen, die eine schonende Abwicklung nicht überlebensfähiger Banken übernimmt: "Das liegt nahe", zumal die Soffin bereits für die Ausgliederung toxischer Papiere in "Bad Banks" zuständig sei.

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