Wildtiere:Sensation für Naturschützer: Luchs in der Oberpfalz freigelassen

Luchse im Harz

Die Wilderer dulden nicht, dass die Luchse Jagd auf Rehe machen.

(Foto: Holger Hollemann/dpa)
  • In der Oberpfalz wurde ein Luchs in die freie Natur entlassen.
  • Das verwaiste Tier wurde seit Ende 2015 in einem Tierpark versorgt.
  • Die Freilassung ist für Naturschützer eine Sensation.

Von Christian Sebald

In Bayern ist erstmals seit Jahrzehnten ein Luchs in die freie Natur entlassen worden - im Steinwald in der nördlichen Oberpfalz. Es handelt sich um ein 14 Monate altes Weibchen, das im Dezember 2015 als verwaistes Jungtier im Bayerischen Wald eingefangen worden war und seither in einem Tierpark aufgepäppelt wurde.

Anfang August war es so weit. Der Berufsjäger Jens Ullmann und einige Spezialisten öffneten an einem verschwiegenen Ort nahe Friedenfels die Transportkiste, und die junge Luchsin war mit einigen kräftigen Sätzen in den Wäldern von Eberhard Freiherr von Gemmingen-Hornberg verschwunden. Der Freiherr gehört zu den großen Waldbesitzern im Steinwald.

Die Freilassung ist für Naturschützer eine Sensation. Denn sie ist nicht nur die erste überhaupt seit mehr als 45 Jahren in Bayern. Sondern sie passierte zu einem Zeitpunkt, an dem kein Experte glaubte, dass so eine Aktion möglich ist. Schließlich ist es unter Landleuten und Jägern höchst umstritten, ob im Freistaat wieder Luchse und andere Raubtiere in freier Wildbahn leben sollen. Bisher ist der Bayerischen Wald die einzige Region im Freistaat, in der Luchse frei umherstreifen. Sie stammen von einigen Raubkatzen ab, die dort in zwei Schüben Anfang der Siebziger- und Achtzigerjahre ausgewildert worden sind.

Obwohl Luchse sehr scheu und ungefährlich sind für Menschen, sind sie wenig gelitten. Im Gegenteil: Im Bayerischen Wald stellen Wilderer den streng geschützten Tieren nach, sowie sie das engere Umfeld des dortigen Nationalparks verlassen. Die Wilderer dulden nicht, dass die Raubtiere Jagd auf Rehe machen.

Das Ergebnis: Die Luchspopulation stagniert seit Jahren. Experten befürchten sogar, dass sie aussterben könnten. Deshalb fordert der Bund Naturschutz (BN), dass in Bayern wieder Luchse ausgewildert werden sollen - möglichst in mehreren Regionen. Das Argument: Andernfalls werden Luchse wohl nie wieder heimisch in Bayern.

Die Aktion in der Oberpfalz hat mit der Forderung des BN aber nichts zu tun. In der Oberpfalz stehen sie dem Luchs schon seit Längerem sehr viel aufgeschlossener gegenüber als im Bayerischen Wald. Für den Freiherren von Gemmingen-Hornberg, der im Steinwald 5000 Hektar Wald besitzt, ist die "Ausrottung einer Art ein unwiederbringlicher Verlust von Natur in der Welt und damit ein barbarischer Akt, der einer kultivierten menschlichen Zivilisation nicht würdig ist".

"Wir stehen zum Luchs"

Der Luchs, der einst im Steinwald und im angrenzenden Fichtelgebirge weit verbreitet war, gehört für ihn genauso in die Region wie die Rehe und andere heimische Wildtiere. Als ein neues Gebiet für die verwaiste Jung-Luchsin aus dem Bayerwald gesucht wurde, hat er seine Wälder angeboten. "Wir stehen zum Luchs", sagt auch Jäger Ullmann. "Sonst hätten wir das nicht getan."

Nicht nur der Freiherr steht zum Luchs. Auch die anderen Jäger in der Region und sogar die Landwirte hatten nichts gegen die Aktion. Die Jäger stimmten ihr sogar ausdrücklich zu. "Man kann ihnen nur gratulieren, dass sie Mut gezeigt und die Freilassung gewagt haben", sagt Norbert Schäffer, der Chef des Vogelschutzbundes LBV. "Wir hoffen sehr, dass sich nun der Luchs dauerhaft im Steinwald etabliert." Die Bauern beziehungsweise der Bauernverband grummelten zwar. Aber immerhin lehnten sie die Freilassung nicht ausdrücklich ab.

Der Luchsin geht es gut. Sie hat sich schnell zurecht gefunden und streift munter umher im Steinwald. Zwar hat sie das Halsband mit dem Funksender abgestreift, mit dem Jäger Ullmann verfolgen wollte, was sie treibt. Aber im Steinwald existiert ein dichtes Netz aus Fotofallen, sodass er ihre Spur verfolgen kann.

Experten hoffen, dass die Luchsin rasch auf ein Männchen trifft. Schon ein Luchs-Pärchen im Steinwald könnte nach ihrer Überzeugung den Kern einer Population dort bilden. Die Hoffnung könnte durchaus aufgehen. In der Region wurden schon wiederholt Luchse gesichtet - offenkundig auf der Suche nach einem Weibchen.

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