Umfrage zu Asylpolitik:Bayerns Wähler haben den Unionsstreit satt

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Der Konflikt zwischen Horst Seehofer (links, in der Mitte Olaf Scholz) und Angela Merkel kommt bei den Wählern schlecht an. (Foto: REUTERS)
  • Knapp zwei Drittel der Wähler in Bayern sind für Transitzentren, das hat eine Umfrage im Auftrag des BR-Politikmagazins "Kontrovers" ergeben.
  • Zufrieden sind die meisten aber weder mit Seehofers noch mit Merkels Asylpolitik.
  • Dass nach der Einigung der Konflikt zwischen CDU und CSU dauerhaft gelöst ist, glauben nur drei Prozent.

Von Wolfgang Wittl, München

Drei Wochen haben sich die CSU und Angela Merkel über Zurückweisungen von Asylbewerbern beharkt, drei Wochen haben sie sich fernab aller Regeln der politischen Kunst gefetzt. Nun muss die SPD entscheiden, ob sie dem Kompromiss zustimmt. Derweil hat der nächste Kampf schon längst begonnen, es geht um die Deutungshoheit. Wer hat sich durchgesetzt: die Kanzlerin? CSU-Chef Horst Seehofer, ihr ewiger Rivale? Ist die Einigung wirklich von Dauer, wie die um ihre absolute Landtagsmehrheit bangenden Christsozialen hoffen? Trägt sie wenigstens bis zur Wahl am 14. Oktober? Eines hat der Streit ja gezeigt: Zank unter Schwesterparteien schätzen Unionswähler nicht. Insofern sind die ersten Zahlen, wie es nun weitergeht, für die CSU wenig ermutigend.

Nur drei Prozent der Wähler in Bayern sind in einer repräsentativen Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins "Kontrovers" der Ansicht, der Konflikt zwischen CDU und CSU in der Asyl- und Flüchtlingspolitik sei "dauerhaft" gelöst. 94 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Werte von solcher Klarheit erzielen Meinungsforscher sonst vielleicht auf Fragen, ob der Papst katholisch sei - in der Politik sind sie eine Rarität. Bei den Anhängern der CSU denken immerhin sechs Prozent, der Streit sei endgültig ausgestanden. Bei AfD, Freien Wählern und FDP teilen exakt null Prozent diese Sichtweise. Manchmal sei es einfach nötig, sich hart zu prüfen, hatte CSU-Generalsekretär Markus Blume über das Ringen mit der Kanzlerin gesagt. Die meisten Befragten sehen allerdings wohl schon die nächste Runde in diesem Kampf heraufziehen.

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"Deutschland darf nicht der Dumme sein", sagt Generalsekretär Blume vor dem Besuch von CSU-Parteichef Seehofer in Österreich. Für diesen sei ein "Eintrag in den Geschichtsbüchern" sicher.

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Erfreulicher sind für die CSU die Werte bei den Transitzentren, die auf Seehofers Vorschlag entstehen sollen. 64 Prozent halten sie für richtig, 29 Prozent lehnen sie ab. Vor allem Anhänger von AfD (84) und CSU (83), aber auch von FDP (72) und Freien Wählern (61) befürworten derlei Einrichtungen an der deutsch-österreichischen Grenze. Gespalten sind die SPD-Anhänger: 43 Prozent sprechen sich für Transitzentren aus, 48 Prozent dagegen. Die Spitze der Bayern-SPD hat sich in dieser Frage klarer positioniert. Sie lehnt geschlossene Transitzentren ebenso ab wie den ganzen Unionskompromiss. Mitglieder der Landtagsfraktion plädieren dann lieber für Neuwahlen. Auch die Grünen wollen mehrheitlich keine Transitzentren (30 zu 61).

Richtig glücklich sind die Befragten weder mit Merkels noch mit Seehofers Asylpolitik - auch das ein Indiz, dass ein derart heftiger Streit nicht goutiert wird. Lediglich ein Drittel der Bayern zeigt sich mit Angela Merkels Flüchtlingspolitik zufrieden, 67 Prozent bewerten sie kritisch. Besonders auffällig: Den größten Rückhalt erfährt die Kanzlerin bei Anhängern von Grünen (61) und SPD (50), den geringsten bei CSU (25) und AfD (null). Horst Seehofer erhält etwas mehr Zustimmung: 42 Prozent sind mit seiner Asylpolitik zufrieden, 57 Prozent eher nicht. Am größten ist sein Zuspruch in der CSU (72) und der AfD (54), am geringsten bei den Grünen (6).

61 Prozent finden, der CSU seien ihre eigenen Interessen wichtiger als der Erfolg der Bundesregierung

In der Frage, wer für die Zuspitzung im Asylstreit verantwortlich ist, gehen die Meinungen auseinander. 26 Prozent geben Merkel die Schuld, 35 Prozent sehen sie bei Seehofer. 37 Prozent der bayerischen Befragten halten beide gleichermaßen für verantwortlich. 69 Prozent finden es jedoch gut, dass in Person von Seehofer jemand Merkels Flüchtlingspolitik offen kritisiert - unter CSU-Anhängern sind es sogar 86 Prozent. Jeweils sieben von zehn Befragten stimmen eher zu, dass Merkel die Koalition nicht mehr richtig im Griff habe und dass Seehofer die Union durch seinen Umgang mit der Kanzlerin geschwächt habe. 61 Prozent finden, der CSU seien ihre eigenen Interessen wichtiger als der Erfolg der Bundesregierung.

Die für Merkel und Seehofer entscheidende Frage, wer sich in diesem bitteren Streit durchgesetzt hat, endet nahezu unentschieden: 22 Prozent sehen die Kanzlerin vorne, 25 Prozent den Bundesinnenminister. Vier von zehn Befragten finden, beide hätten sich gleichermaßen behauptet. Diese Auffassung zieht sich quer durch alle Parteien - und klingt dann doch wieder nach Kompromiss.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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