G 9:Spaenle stellt Pläne für neunjähriges Gymnasium vor

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Bayerns Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU). (Foto: dpa)
  • Bei der Präsentation der Details des neuen neunjährigen Gymnasiums in Bayern gaben sich Schulminister Ludwig Spaenle (CSU) und die vier Gymnasialverbände betont zufrieden und harmonisch.
  • Im neuen neunjährigen Gymnasium soll die politische und digitale Bildung gestärkt werden. Im Herbst 2018 soll es mit fünften und sechsten Klassen losgehen.

Von Anna Günther, München

Meilenstein, wichtiger Schritt, Eier legende Wollmilchsau - die Bezeichnungen waren blumig, die Erwartungen hoch. Bei der Präsentation der Stundentafel, also der Details des neuen neunjährigen Gymnasiums in Bayern gaben sich Schulminister Ludwig Spaenle (CSU) und die vier Gymnasialverbände am Dienstag im Ministerium betont zufrieden und harmonisch. Nach Jahren des Streits ums G 8 soll Ruhe einkehren, und nach bayerischer Art das beste G 9 Deutschlands entstehen. Im Herbst 2018 soll es mit fünften und sechsten Klassen losgehen.

Im Vergleich zum achtjährigen Gymnasium kommen 19,5 Unterrichtsstunden dazu. Der Nachmittagsunterricht in Unter- und Mittelstufe fällt weg. Besonders profitieren die Kernfächer: Mathe sowie die erste und zweite Fremdsprache bekommen drei, Deutsch zwei zusätzliche Stunden. Geschichte und Sozialkunde gewinnen drei Stunden. Informatik wird zum Pflichtfach für alle Zweige.

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Außerdem bekommen Chemie und Physik mehr Stunden. So soll die Stundentafel die Ziele der Gymnasialreform spiegeln: Mehr politische und digitale Bildung sowie eine Stärkung der Naturwissenschaften. Einen besonderen Schub für Politik- und Werteerziehung verspricht Spaenle sich davon, dass in der zehnten und elften Klasse alle "Leitfächer der politischen Bildung", also Geschichte, Sozialkunde, Geografie und Wirtschaft im Stundenplan stehen. Im Zusatzjahr sollen die Schüler zudem projektorientiert arbeiten, sich beruflich orientieren und fächerübergreifend Themen angehen.

Dass weiter das Abitur in acht Jahren möglich ist, war besonders den G-9-Skeptikern in der CSU-Fraktion wichtig. Diese Schüler sollen in einer Überholspur mit gezielter Vorbereitung die elfte Klasse überspringen. Wie diese Überholspur funktioniert, werden Verbände mit dem Ministerium nach den Sommerferien ausarbeiten. Danach folgt die Konzeption der Oberstufe.

Das liegt besonders den Philologen und den Schülern am Herzen. "Es ist wichtig, die Qualität des Abiturs und den Anschluss an die Universitäten wieder zu stärken", sagte Philologenchef Michael Schwägerl. Im neuen G 9 sollen mit Wahlkursen außerdem die guten Schüler wieder besser gefördert werden.

"Wir wollten zwar mehr Vertiefung in der Oberstufe, sind aber so ganz zufrieden", sagte die Landesschülersprecherin Acelya Aktas, 18. Toll sei, dass Sozialkunde mehr Stunden bekommt. "Zeit, über Politik zu diskutieren ist uns sehr wichtig, das haben wir jahrelang gefordert", sagte die Schülerin des Von-Stettenschen-Instituts in Augsburg.

Die Staatsregierung lässt sich die Ruhe am Gymnasium einiges kosten: Dass auch die fürs G 8 eingeführten Intensivierungsstunden bleiben, war Hauptziel von Eltern und Direktoren, die nicht auf individuelle Förderung und flexible Stundenplanung verzichten wollen. Dass sie damit durchkommen, hatten nicht einmal Optimisten erwartet. Entsprechend zufrieden waren Elternverbandsvorsitzende Susanne Arndt und Direktorenverbandschef Walter Baier.

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Nachdem die CSU-Fraktion nach wochenlangem Zögern Anfang April die Entscheidung für das G 9 getroffen hatte, war es auffallend still. Von emsigem Arbeiten hinter den Kulissen war nur stets die Rede. Aber Spaenle betonte am Dienstag mehrmals, dass man sogar schneller sei als geplant. Das zeige die Präsentation vor den Ferien. Diese fand offenbar mit ausdrücklicher Zustimmung Horst Seehofers statt.

Anders als sein Chef, pflegt Spaenle eine eher defensive Kommunikationspolitik, frei nach seinem Credo "über eine Strategie spricht man nicht, die hat man". Diesen Spruch bemühte er auch während der Präsentation mehrmals und sagte dann doch, dass die Fächer in der elften Klasse bewusst gewählt sind und die Wahl der Abiturfächer beeinflussen sollen.

Die Vertreter von Geografie, Wirtschaft/Recht und Biologie tröstet das wenig. Ihre Fächer bekommen keine zusätzlichen Stunden, Erdkunde muss drei Jahre pausieren. "Wir behandeln Klimawandel, Migration und Globalisierung, aber werden stärker benachteiligt als alle anderen", sagt Benjamin Schallenberger von der Fachgruppe im Philologenverband. Bei den Naturwissenschaften liegt der Fokus auf Chemie und Physik.

"Das war keine Entscheidung gegen Biologie, sondern für Chemie und Physik", sagte Spaenle. Alle aufzustocken und in Unter- und Mittelstufe den Nachmittag zu streichen, sei unmöglich, ergänzte Adolf Präbst, der Leiter der Gymnasialabteilung. Resignation nimmt man dem Erdkunde- und Wirtschaftslehrer sogar ab: "So leid es mir um meine Fächer tut, wenn Sie mir einen Weg aufzeigen, mit dem wir alle Wünsche erfüllen können, sofort. Aber es gibt leider keinen."

Die Stundentafel gilt als Startschuss für die Lehrplankommissionen, die nun mit der Überarbeitung der Inhalte beginnen. Wenn diese fertig sind, können die Verlage die Schulbücher anpassen. Später hätte die Stundentafel nicht kommen dürfen, sagt dagegen ein Insider. Der Zeitplan sei ziemlich eng. Das Gesetz zum G 9 wurde gerade erst in den Landtag eingebracht, noch müssen die Abgeordneten der Reform zustimmen. Angesichts der CSU-Mehrheit gilt das als Formsache.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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