Skandal um Bayern-Ei:Geflügelindustrie wird schärfer kontrolliert

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Massentierhaltung: Die niederbayerische Firma Bayern-Ei betreibt in Ettling einen Legehennen-Betrieb für bis zu 487 000 Tiere. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Bayerns Verbraucherministerin Ulrike Scharf will die Geflügelindustrie schärfer kontrollieren.
  • Außerdem soll auch das Überwachungspersonal am Landesamt für Gesundheit aufgestockt werden. Die Behörde steht derzeit massiv in der Kritik.
  • Hintergrund ist der Skandal um Bayern-Ei. Der Großkonzern soll einen europaweiten Ausbruch von Salmonellen verursacht haben.

Von Christian Sebald, München

Vor wenigen Tagen hat Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) im Landtag versichert, ihre Kontrolleure am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hätten in der Causa Bayern-Ei absolut korrekt gehandelt und sich keine Versäumnisse vorzuwerfen. Nun zieht sie doch Konsequenzen. Das Kabinett berät diesen Dienstag auf ihre Initiative hin über schärfere Kontrollen der Geflügelindustrie in Bayern. Auch das Überwachungspersonal am LGL soll aufgestockt werden. "Die Sicherheit der Verbraucher hat oberste Priorität", sagte Scharf. "Wir bündeln die Schlagkraft der Behörden.

Mit dem Vorstoß will die Ministerin offensichtlich das LGL aus der Schusslinie nehmen. Die Behörde steht massiv in der Kritik, seit bekannt wurde, dass im Sommer 2014 ein europaweiter Salmonellen-Ausbruch mit Hunderten Erkrankten und zwei Toten mutmaßlich von Bayerns größtem Eier-Produzenten, der niederbayerischen Firma Bayern-Ei, ausgegangen ist. Unklar ist zudem weiter, warum das LGL nicht schneller auf den Ausbruch reagiert hat. Schließlich hatte die wichtigste bayerische Lebensmittel-Kontrollbehörde von Anbeginn an Kenntnis von den Erkrankungen und dem Verdacht gegen die Firma Bayern-Ei.

Landesamt soll nicht mehr nur im Hintergrund arbeiten

Nach Scharfs Willen soll das LGL nun systematisch und direkt in die Überprüfungen von Geflügelgroßbetrieben wie Bayern-Ei eingebunden wurden. Bislang sind für diese Kontrollen an Ort und Stelle die Veterinärbehörden der Landratsämter zuständig. Das Landesamt mit seinen Spezialisten arbeitete im Hintergrund und übte beratende Funktion aus. Das soll sich jetzt grundlegend ändern. Wenigstens einmal im Jahr sollen die LGL-Experten und die Veterinäre der Landratsämter gemeinsam in allen Geflügelgroßbetrieben in Bayern anrücken und untersuchen, ob diese alle Hygiene-Vorschriften und Vorgaben im Tierschutz einhalten.

Betroffen von der Neuerung sind alle Geflügelhalter in Bayern mit Ställen für mehr als 40 000 Legehennen, Junghennen, Masthähnchen oder Mastputen. Dies ist die Grenze, die das Bundesimmissionsschutzgesetz für Geflügelgroßbetriebe ansetzt. In Bayern sind das derzeit insgesamt 115 Betriebe.

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Der Grund für die Ausdehnung der neuen gemeinsamen Kontrollen auf Geflügelmastbetriebe ist, dass auch diese vermehrt in scharfer Kritik stehen. Experten sagen seit Langem, dass die Veterinärabteilungen an den Landratsämtern weder die personellen noch die fachlichen Kapazitäten hätten, um Geflügelbetriebe mit Zigtausenden Tieren angemessen zu überprüfen, wie sie auch in Bayern immer öfter anzutreffen sind.

Kontrolleure haben nicht genug Zeit für intensive Untersuchung

Der Dingolfinger Landrat Heinrich Trapp (SPD) beklagt dies ebenfalls. In Ettling, einem kleinen Ort in Trapps Landkreis, betreibt Bayern-Ei einen Legehennen-Betrieb für bis zu 487 000 Tiere. Er steht unter dem Verdacht, dass von ihm aus der Salmonellen-Ausbruch seinen Ausgang genommen hat. Trapp rechnete in der SZ vor, dass seine Kontrolleure in dem Betrieb wenigstens 135 Stunden bräuchten, wenn sie dort jeden Käfig auch nur eine Minute lang inspizieren sollten.

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In diesem Bayern-Ei-Betrieb läuft derweil die Tötung von 443 000 Legehennen. Laut Landratsamt handelt es sich dabei nicht um eine Reaktion auf den Salmonellen-Ausbruch. Wie alle großen Eier-Produzenten keult Bayern-Ei seine Legehennen routinemäßig im Alter von etwa eineinviertel Jahren. Dann haben die Tiere ihre erste Legeperiode hinter sich und würden in die Mauser eintreten. Während des Wechsels ihres Federkleids legen sie keine Eier. Das ist aus Sicht der Eier-Produzenten unwirtschaftlich, daher werden sie immer kurz vor der ersten Mauser getötet und gegen junge ausgetauscht.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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