Kampagnen:Der Filmchenstar aus dem Landtag

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Vorträge alleine reichen Katharina Schulze nicht, um ihre Politik zu erklären. Deshalb spielt sie auch bei Youtube den Erklärbären. (Foto: Angelika Bardehle)

Katharina Schulze von den Grünen dreht als einzige Abgeordnete Youtube-Serien. Doch sie hat schon einen berühmten Nachahmer.

Von Lisa Schnell, München

Wie ein Fernsehstudio sieht das Büro von Katharina Schulze wirklich nicht aus: drei eng aneinander gestellte Schreibtische, ein Besuchersessel und schon ist der kleine Raum der Grünen-Abgeordneten im bayerischen Landtag voll. Filme entstehen hier trotzdem. Seit mehr als zwei Jahren sendet Schulze von hier aus ihre Videobotschaften in die Welt hinaus. Als einzige der 180 Abgeordneten im Landtag kreiert die 30-Jährige jede Woche einen kleinen Filmbeitrag für ihre Serien auf Youtube, dem größten Videoportal.

Dazu quetscht sich ihre Mitarbeiterin mit der Kamera zwischen Tür und Schrank. Schreibtischlampen werden zu Scheinwerfern umfunktioniert, die lila Orchidee auf dem Tisch passend ins Bild gerückt. Und das alles um acht in der Früh. Es geht nicht anders, da ist nun mal das Licht am besten. Die Euphorie von Schulze für ihre kleinen Filmchen von etwa zwei Minuten Länge wird dadurch aber keineswegs getrübt.

Ganz ausgeschlafen redet sie im Morgenlicht über ihre Meinung zu sexualisierter Gewalt, ihre Sorgen über die Gefahr von rechts oder fordert, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Manchmal verhaspelt sie sich, manchmal muss sie lachen, aber die meiste Zeit sprudeln die Sätze nur so aus ihr heraus. So kennt man sie auch aus dem Plenum. Verstellen will sie sich nicht vor der Kamera. Soll ja schließlich natürlich wirken. Doch hinter ihren spontanen Auftritten steckt ein ausgeklügeltes Konzept.

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Eifrig druckt Schulze mehrere Seiten aus. Erster Punkt: Analyse. Fast 80 Prozent der 14 bis 29-Jährigen nutzen Videoportale mindestens wöchentlich. Die Hälfte der Jugendlichen informieren sich dort über Politik oder haben es vor. Da vertraut auch die Grüne Schulze auf eine Studie der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. Spätestens nachdem sie von diesen Zahlen erfuhr, war ihr klar: "Ich will Youtube erobern." Nur wie, mit welchen Themen?

Schulze löcherte ihre Besuchergruppen im Landtag. Die meisten fragten sich: "Was macht ihr da eigentlich?" Also spielte Schulze den Erklärbären. In 17 Folgen "Landtags-ABC" beschreibt sie, wer im Plenum wo sitzt, wie die Fraktionsdisziplin funktioniert oder was eine Petition ist. "Katha aktuell" hat sie ihre zweite Serie genannt, in der sie erzählt, was sie politisch gerade so bewegt. Recht professionell hat jede Serie ihr eigenes Logo designt bekommen. Und auch die Videos haben sich über die Jahre verbessert.

Schulze würde sich mehr Interaktion wünschen

Am Anfang stand Schulze noch vor einer grünen Filzwand, die sie in mühevoller Kleinarbeit extra gebastelt hatten. Jetzt weiß sie: dunkler Hintergrund, keine Tiefe im Bild, das wirkt eher nicht so gut. Damals haben sie manchmal eine halbe Ewigkeit für ein Video gebraucht. Weil Schulze ständig lachen musste, weil immer genau dann jemand im Gang vorbeikam, wenn sie bei offener Tür drehen wollten.

Mittlerweile braucht sie insgesamt etwa eine halbe Stunde für einen Clip. Auch ihr altes Mikro hat sie inzwischen ausgetauscht. Auf die ausbaufähige Tonqualität hatte sie ein Nutzer in einem Kommentar hingewiesen. Noch stehen unter ihren Videos nicht allzu viele Anregungen. Schulze würde sich mehr Interaktion wünschen. Dazu braucht sie wohl noch ein paar Abonnenten mehr. Dabei steht sie mit ihren 123 schon recht gut da.

Ilse Aigner, immerhin Medienministerin, hat gar keinen Kanal auf Youtube. Andere stellen nur ihre Landtagsreden ins Netz. Unterhaltungswert eher gering, Zahl der Aufrufe ebenso. Jetzt könnte Schulze allerdings ein Kollege Konkurrenz machen. Wie sollte es anders sein: Seit einem Monat hat auch Finanzminister und Medienprofi Markus Söder einen Youtube-Kanal. Hier will er zeigen, was er im Finanzministerium so macht. Es gibt aber auch Videos zu seinen beiden Hundedamen. Innerhalb von einem Monat hat er immerhin schon 55 Abonnenten gewonnen.

Eigentlich findet es Katharina Schulze gut, wenn Youtube politischer wird. "Ich will alle Kollegen ermuntern, es mir nachzutun", sagt die Grünen-Abgeordnete. Auch die von der CSU? Sie zögert kurz, nickt dann aber widerwillig und fügt an: "Aber Tipps bekommt die CSU von mir nicht."

© SZ vom 31.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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