Medikamente:Krankenkassen: Bayerische Ärzte verschreiben zu viele Antibiotika

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Eigentlich war einst beschlossen worden, den Verbrauch auf das Notwendigste zu beschränken. Auch Online-Apotheken könnten das Problem verstärken.

Von Dietrich Mittler, München

Bayerns Ärzte verschreiben zwar weit weniger Antibiotika als ihre Kollegen in vielen anderen Bundesländern, aber aus Sicht der Kassen dürften es ruhig etwas weniger Verordnungen sein. "Die Verordnungszahlen bei Antibiotika sind im Freistaat noch so hoch wie 2008" - und das, obwohl seinerzeit beschlossen worden sei, den Verbrauch dieser Medikamente auf das Notwendigste zu reduzieren, sagt etwa Christian Bredl, Leiter der Techniker Krankenkasse in Bayern (TK).

Bredl bezieht sich dabei auf den aktuellen TK-Gesundheitsreport, für den die Kasse auch Krankschreibungen und Arzneiverordnungen an rund 613 500 erwerbstätige TK-Versicherte in Bayern auswertete. Rein rechnerisch seien demnach 2015 jedem dieser Erwerbstätigen im Freistaat 4,3 Tagesdosen Antibiotika verschrieben worden. Bayern liege damit bundesweit auf Platz sechs.

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Die Mediziner in Sachsen verordneten laut TK mit 3,5 Tagesdosen die wenigsten, die im Saarland mit 5,8 die meisten Antibiotika. "Das ist ein Unterschied von mehr als 65 Prozent. Es fällt schwer, hier nur medizinische Gründe anzunehmen", sagt Bredl. Er appelliere daher an die Ärzte, "ihr Verordnungsverhalten noch besser zu überprüfen". Patienten ihrerseits sollten Antibiotika nicht "unnötig" einfordern.

Online-Apotheken nutzen eine Gesetzeslücke aus

Auch die KKH Kaufmännische Krankenkasse warnt: "Keine Selbstmedikation oder -therapie!" Übrig gebliebene Antibiotika dürften auf keinen Fall an Familienmitglieder oder Freunde weitergegeben werden. Und es gibt weitere riskante Bezugsquellen.

In Deutschland ist zwar ohne Rezept kein Antibiotikum erhältlich, allerdings bestehe eine Gesetzeslücke, warnt die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Müller: Online-Apotheken machten es sich zunutze, dass Ärzte im Ausland ohne Rezept das Medikament nach Deutschland verkaufen können. "Hier braucht es dringend eine europaweite Regelung, die das unterbindet", fordert Müller - verbunden mit der Warnung: "Bei falscher Einnahme oder Dosierung kann die Wirkung von Antibiotika verpuffen oder gar zu Resistenzen führen."

© SZ vom 12.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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