Landtag:Barbara Stamm ist die Marathonfrau der CSU

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  • Barbara Stamm ist seit 1976 Abgeordnete im Bayerischen Landtag.
  • Sie kam als Nachrückerin des späteren Postministers Wolfgang Bötsch in den Landtag und machte Karriere - heute ist sie Landtagspräsidentin.
  • Ihre ausgleichende und emotionale Art wird in der CSU geschätzt.

Von Wolfgang Wittl, München

In ein paar Monaten könnte das Ritual wieder beginnen, das Barbara Stamm inzwischen wohlvertraut ist. Dann könnten wichtige Menschen aus der CSU vorfühlen und fragen, wie es denn nun aussehe bei ihr. Ob sie nicht noch einmal für den Landtag antreten wolle, dann zum elften Mal. Jetzt, wo die Partei sie doch wieder so dringend brauche. Stamm dürfte die Avancen geschmeichelt zur Kenntnis nehmen, eine feste Zusage wird sie sich allerdings nicht entlocken lassen. Vielleicht auch deshalb, weil das Aufhören nach so langer Zeit gar nicht so leicht fällt.

Am Dienstag wird Stamm, 71, im Landtag bei fränkischer Brotzeit auf 40 Jahre als Abgeordnete zurückblicken. Auf ihre Anfänge, als der Ministerpräsident noch Alfons Goppel hieß und der Kanzler Helmut Schmidt, auf viele Höhen und manche Tiefen. Wie es war, als sie mit Anfang Dreißig als Frischling in zwei Ausschüsse gesteckt wurde, ohne mitreden zu dürfen. Umwelt und öffentlicher Dienst - nicht unbedingt ihre Spezialthemen als Sozialpolitikerin. Dafür ging es früher nicht so hektisch zu wie heute: "Man konnte sich noch Zeit lassen, einen Brief zu beantworten", sagt Stamm. Und in der Landtagsgaststätte spielten Abgeordnete verschiedener Fraktionen noch miteinander Schafkopf.

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Stamm machte Karriere. Dass Franz Josef Strauß sie 1987 ins Kabinett holte, hatte sie "völlig überrascht". Überrascht deshalb, weil die stellvertretende CSU-Chefin damals schon offen ihre Meinung vertrat. Dankbar war sie, wie die Fraktion sie wieder aufnahm, nachdem Edmund Stoiber sie in der BSE-Krise 2001 zum Rücktritt als Ministerin gedrängt hatte. Dass sie 2008 als Landtagspräsidentin eines der höchsten Staatsämter bekommen würde, hatte sie nicht mehr für möglich gehalten. Zumal der Kampf ums Amt schmutzig geführt wurde. Ihre Krebserkrankung, die sie inzwischen überwunden hat, war zum Politikum geworden.

In den Landtag kam die Würzburgerin am 26. Oktober 1976 als Nachrückerin des späteren Postministers Wolfgang Bötsch, der in den Bundestag wechselte. Ein Abgeordneter, der heute noch aktiv ist, saß damals bereits zwei Jahre im Maximilianeum. Thomas Goppel, 69, der Sohn des früheren Ministerpräsidenten, ist mit 42 Parlamentsjahren der dienstälteste aller bayerischen Abgeordneten. Viele sind nicht mehr aus den Siebzigerjahren übrig geblieben. Der spätere Multi-Minister und CSU-Chef Erwin Huber wurde 1978 in den Landtag gewählt. Wie auch Peter Paul Gantzer, 77, von der SPD, der die Legislaturperioden 2008 und 2013 jeweils als Alterspräsident eröffnete. Die Genossen, die Gantzer am wenigsten nachstehen, zogen erst Anfang der Neunziger in den Landtag ein: der Oberpfälzer Franz Schindler und die Niederbayerin Johanna Werner-Muggendorfer.

Auch zwei Grüne der ersten Stunde sind bis heute im Plenum vertreten. Margarete Bause und Christian Magerl schafften es im Oktober 1986, ein halbes Jahr nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl, ins Parlament. Allerdings war ihr Abgeordneten-Dasein jeweils von einer mehrjährigen Pause unterbrochen. Die Freien Wähler zogen erst 2008 ins Maximilianeum ein - junge Hüpfer aus Sicht von Stamm. Doch konditionell setzt noch immer sie die Maßstäbe. Bei Empfängen ist sie meist die Letzte, die geht. Im Büro ist sie meist die Erste, die kommt. "Nur noch bis Halb", dann breche sie auf, pflegt sie in gemeinsamen Runden zu sagen. Welche halbe Stunde sie damit meint, entscheidet sie von Fall zu Fall.

Stamm muss zwischen den Männern vermitteln

In der CSU wird Stamms ausgleichende und emotionale Art bis in die obersten Etagen geschätzt und gefürchtet. Sie vermittelt zwischen Horst Seehofer und Markus Söder, wenn die sich zu Abrüstungsgesprächen treffen. Sie rüffelt aber auch Heißsporne wie Söder oder Andreas Scheuer, wenn die sich ihrem Empfinden nach beim Thema Flüchtlinge zu weit vorwagen. "Die Sprache ist entscheidend", sagt sie.

Ob sie 2018 noch ein weiteres Mal antritt, dürfte auch davon abhängen, ob sie Landtagspräsidentin bleiben kann. Es wäre dann immerhin ihre dritte Amtszeit. Vor der letzten Wahl redete Seehofer in seinem Ferienhaus auf sie ein, sie müsse weitermachen. Mit Erfolg. "Sie ist unsere absolute Stimmenkönigin", lobt der CSU-Chef. Niemand in der Partei außer ihm holte so viele Stimmen. Keine andere Person in der Partei entfalte sozialpolitisch diese Kraft. "Und das Präsidentenamt macht sie tadellos." Wie Stamm ihre Zukunft selbst sieht, will Seehofer mit ihr nach der Bundestagswahl 2017 klären.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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