Bischofskonferenz:Marx nennt Morddrohungen gegen Zornedinger Pfarrer "ekelhaft"

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  • Nach dem Rücktritt des Zornedinger Pfarrers äußert sich auch Kardinal Marx zu den Vorkommnissen.
  • "Schrecklich und ekelhaft" seien die rassistischen Angriffe gewesen, sagte Marx zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der bayerischen Bischöfe in Passau.
  • Außerdem sprach er von "großen Differenzen" zwischen Kirche und der CSU in der Debatte.

Von Andreas Glas, Passau

Dass sich die bayerischen Bischöfe diesmal in Passau getroffen haben, hat Kardinal Reinhard Marx natürlich gut gepasst. Monatelang war Passau die deutsche Flüchtlingshauptstadt, monatelang haben Lokalpolitiker und freiwillige Helfer angepackt, haben geholfen statt gehetzt - und damit getan, wofür Kardinal Marx seit Monaten wirbt. Wie die Passauer in der Flüchtlingskrise aufgetreten seien, sagte Marx, "belegt in den Augen der Bischöfe, dass Bayern die großen Herausforderungen in diesem Feld gut gemeistert hat und auch weiterhin meistern kann".

Das klang nach Optimismus, passte aber nicht zum sorgenvollen Gesicht, das Marx am Donnerstag zum Abschluss des zweitägigen Bischofstreffens machte. Denn natürlich hatten die Bischöfe auch über die Ereignisse im oberbayerischen Zorneding geredet, wo vor ein paar Tagen der im Kongo geborene Pfarrer zurückgetreten war, weil er Morddrohungen erhalten hatte.

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Marx fordert eine Rückkehr zu einer "gelasseneren Debattenkultur"

Dass er sich erst jetzt dazu äußert, erklärte Marx am Donnerstag damit, dass er den rassistischen Angriffen keine zusätzliche Aufmerksamkeit schenken wollte. Wenn die Öffentlichkeit nur über Hass und Hetze rede, "dann befördern wir das eher", sagte Marx, "deswegen war ich auch etwas zurückhaltend".

Auch er selbst kriege solche "schrecklichen und ekelhaften" E-Mails und Briefe, sagte Marx, "aber ich lese die gar nicht. Und ich glaube auch nicht, dass es hilft, sie zu veröffentlichen". Wichtig sei in der Flüchtlingskrise die Rückkehr "zu einer differenzierten und gelasseneren Debattenkultur", sagte Kardinal Marx - und richtete diesen Appell auch an die CSU.

"In der Flüchtlingsfrage gibt es ein paar Basics, an denen ich mich als Christ zu orientieren habe. Und darauf muss ich als Bischof bestehen, sonst wird es brenzlig", sagte Marx. Zwar gebe es zwischen Kirche und CSU nach wie vor "große Gemeinsamkeiten" bei den Grundwerten, aber eben auch "große Differenzen" bei der praktischen Umsetzung dieser Werte in der Flüchtlingskrise. Eine Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern, die von der CSU gefordert wurde, "ist für mich schwer verständlich", schließlich habe jeder Flüchtling das Recht auf ein faires Asylverfahren.

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Die Hilfsbereitschaft sei ungebrochen

Insgesamt, sagte Marx, könne er allerdings nicht erkennen, dass die Gesellschaft in der Flüchtlingsfrage gespalten sei. Eine solche Spaltung sollte auch "nicht töricht durch aggressive Verschärfung herbeigeredet werden". Überall, wo er hinkomme, sei die Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen ungebrochen, sagte Marx in Passau. Nur sei es eben so, dass diejenigen, die am lautesten seien und die hässlichste Hetze verbreiteten, in der Öffentlichkeit am meisten Gehör fänden.

Kardinal Marx geht davon aus, dass insbesondere unter den syrischen Flüchtlingen viele Christen sind. Die Bischofskonferenz schätzt die Zahl auf zehn bis 20 Prozent. Noch sei unklar, wie viele Christen wie lange in Deutschland bleiben werden, sagte Marx, doch sei es "von enormer Bedeutung, dass diese Menschen mit ihren kirchlichen Traditionen bei uns geistliche Beheimatung und praktische Unterstützung finden".

Zum Abschluss ihres Treffens in Passau erklärten die bayerischen Bischöfe außerdem, dass sich auch die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) verstärkt mit dem Thema Flüchtlinge befassen werde. Bereits Mitte April eröffnet an der KU ein neues Zentrum für Flucht und Migration. Dort sollen Fluchtursachen und Integrationsprozesse erforscht werden. Auch Flüchtlinge sollen an dem Zentrum studieren können.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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