SUV im Fahrbericht:Der Audi Q5 ist eher Gleiter als Sprinter

Der neue Audi Q5

Bekanntes Gesicht: An der Optik des neuen Q5 hat sich wenig verändert.

(Foto: dpa-tmn)

Audis neues SUV sieht zwar kaum anders aus als sein Vorgänger, ist aber in fast allen Belangen besser geworden. Nur das Basismodell überzeugt nicht.

Test von Georg Kacher

Man muss schon zweimal hinschauen, um den neuen Audi Q5 als solchen zu erkennen. Markantere Front, angedeutete Quattro-Backen, aufgewertete Licht-Signatur - mehr ist nicht. Aber wer will es den Produktstrategen verdenken, dass sie das Erscheinungsbild der zweiten Generation eines Erfolgsmodells, von dem rund 1,5 Millionen Einheiten verkauft wurden, nur behutsam ändern wollten.

Die Abmessungen der Neukonstruktion legen hier und dort geringfügig zu, der Innenraum mit der modernen Schalttafel und der schlankeren Sitzanlage wirkt lichter und ist etwas geräumiger, der Kofferraum fasst gerade mal zehn Liter mehr. Die entscheidenden Vorteile der Alu-intensiven Karosserie sind die bessere Aerodynamik (Cw-Wert 0,30), die höhere Steifigkeit und das um bis zu 90 Kilo geringere Gewicht.

Schon der erste Eindruck überzeugt

Das Baumuster AU 426 ist der erste Audi made in Mexiko. Das wäre kaum der Rede wert, wenn sich über San José nicht vier Risikofaktoren zusammenbrauen würden: neues Werk, neue Mannschaft, neue Zulieferer-Infrastruktur, neues Produkt. Das ist für eine Marke, die Top-Qualität zu den absoluten Prioritäten zählt, keine leichte Übung.

Doch schon der erste Eindruck überzeugt. Selbst das komplexe Infotainment, die bis zu 30 Assistenzsysteme und die fünffach verstellbare Luftfederung geben sich keine Blöße. Das knapp 2000 Euro teure Extra verspricht einen erfahrbaren Zugewinn an Federungskomfort, nette Zusatzfeatures wie den Absenkmodus beim Einsteigen oder auf der Autobahn, und die in der Höhe verstellbare Lift-/Allroad-Funktion, die selbst mittelschweres Gelände meistert ohne aufzusitzen. Ein spezielles Offroad-Programm fehlt zwar, aber dafür gehört die Bergabfahrhilfe zum Standard-Repertoire.

Keine Kratzer, nichts

Wir haben ausprobiert, was kaum ein Q5-Eigner wagen dürfte: die Querung der Baja California vom Pazifik zur Sea of Cortez abseits des Highway One auf einer Route, die auch durch Flussbetten und über Geröllpisten führte. Ergebnis: keine besonderen Vorkommnisse, keine Kratzer, nichts.

Der V6-Diesel passt zum Q5 wie der Pelz zum Nerz: satte 620 Nm Drehmoment, eine sanft schnurrende Achtgangautomatik mit Freilauftalent und der permanente Quattro-Antrieb adeln diese Variante zum entspannten Gleiter, der sich selbst bei verschärfter Gangart keinen zweistelligen Verbrauchsausrutscher geleistet hat. Obwohl der 3.0 TDI mit 286 PS üppig motorisiert ist, will Audi wieder einen SQ5 nachreichen, der mit mindestens 350 Diesel-PS sein Überholspur-Abo sicher hat.

Der 252-PS-Benziner ist kaum weniger unterhaltsam

Als kaum weniger unterhaltsam empfanden wir den 252 PS starken, leisen und vibrationsarmen 2.0 TFSI-Vierzylinder (0 bis 100 km/h in 6,3 Sekunden, 237 km/h Spitze, 6,8 l/100 km). Auch das Siebengang-Doppelkupplungs-Getriebe und der Quattro-Ultra-Allradantrieb, bei dem die Hinterachse nur bei Schlupf zugeschaltet wird, machten ihre Sache gut. Nur das knapp 38 000 Euro teure Basismodell mit Frontantrieb und Handschalter geizt mit den Verwöhnaromen der Premiumklasse. Da der Q5 erst Anfang 2017 beim Händler steht, wird die Preisliste nachgereicht.

Mercedes hat in Paris gerade den Vorläufer des elektrisch angetriebenen EQC vorgestellt; BMW arbeitet zumindest für China an einem X3, der sich aus der Steckdose ernährt. Da wäre ein Q5 BEV eigentlich die logische Antwort, doch Audi fährt stattdessen eine Offensive in Form des eigenständig gestylten Q6 e-tron, der von 2018 an den E-Antrieb in drei Leistungsstufen auf die Straße bringt. Ein Plug-in-Hybrid ist nicht geplant, wohl aber schwächere Diesel mit 150/163/190 PS und etwas bescheidenerer Ausstattung. Weil große Räder die Kunden und den Hersteller gleichermaßen glücklich machen, offeriert Audi fünf verschiedene Formate von der schlichten 17-Zoll-Aerofelge bis zum 21-Zoll-Bordsteinhasser.

Richtungsstabil und gutmütig

Der neue Q5 fährt sich so evolutionär wie er aussieht. Er ist mehr Gleiter als Hetzer, ergonomisch klar, richtungsstabil und gutmütig, stets gelassen aber nie desinteressiert. Hightech-Extras wie die Dynamiklenkung und das Sportdifferenzial (nur V6) halten wir für verzichtbar, die Luftfederung sollte man sich gönnen. Auf festem Geläuf gibt sich der Crossover als Musterknabe ohne Lastwechsel-Kapriolen, ungebührliche Aufbaubewegungen oder schwächelnde Bremsen. Auf niedrigen Reibwerten und bei abgeschaltetem ESP bereitet das jederzeit abrufbare leichte Übersteuern jede Menge Fahrspaß.

Das verbesserte Navi arbeitet vorausschauend, kann sich Routen merken und Staus umfahren. Diverse Assistenten halten Abstand, folgen dem Vordermann und betätigen notfalls sogar die Bremse. Das Infotainment spricht Umgangssprache, holt über das Internet Musik ins Auto und verblüfft auf bis zu drei Displays mit gestochen scharfer Farbgrafik. Nicht überzeugt haben das fleckige Matrix-Abblendlicht, die knapp dimensionierten Sportsitze und Details wie das gewöhnungsbedürftige Touchpad mit den versteckten Untermenüs. Doch die kurzen Schatten trüben kaum das positive Gesamtbild des neuen Q5, das freilich noch der Überprüfung unter praxisnahen Bedingungen bedarf.

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