Ford Mondeo und VW Passat:Neue Mittelstürmer

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Nach langer Wartezeit kommt der neue Ford Mondeo endlich in Europa auf den Markt. (Foto: Ford-Werke GmbH)

Die neuen Generationen des Passat und Mondeo machen fast alles richtig. Der VW bietet viel Luxus, Leistung und Sicherheit. Doch in mancher Hinsicht ist Ford besser - und zwar nicht nur beim Preis.

Von Georg Kacher

Der neue Mondeo ist so lang wie die E-Klasse von Mercedes, kostet aber deutlich weniger als eine vergleichbar motorisierte C-Klasse. Damit ist Ford seiner Strategie treu geblieben, möglichst viel Auto fürs Geld zu bieten. Auch beim Einzahlen in die Marke orientieren sich die Kölner am Budget ihrer Kunden: der sparsame 1,0-Liter-Dreizylinder, die knapp kalkulierten Ausstattungspakete, der 177 PS starke Hybrid zum Preis des 150 PS starken Diesel-Automatik lassen aufhorchen.

Volkswagen positioniert den neuen, um bis zu 20 Prozent sparsameren Passat im Parallel-Universum dagegen zwischen Mainstream und Premium. Im Wolfsburger Effizienz-Wunder verbraucht der kleinste Vierzylinder mit 150 PS und Doppelkupplungsgetriebe zumindest auf dem Papier glatt einen Liter weniger als der um 25 PS schwächere Dreizylinder im Mondeo der neuesten Generation.

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Das Streben nach mehr Power, Prestige und Perfektion gipfelt in den Topmotorisierungen. Im Passat R wartet ein 280 PS starker Benziner auf seinen Einsatz, im kräftigsten TDI 4Motion machen 240 PS und bis zu 500 Newtonmeter mobil, im Hybrid ist ein Plug-in mit einer maximalen Reichweite von 50 km verbaut - im Doppelherz-Mondeo reicht der EV-Modus nur für fünf Kilometer.

Der Ford Mondeo ist akustisch unauffälliger als der Konkurrent von Volkswagen

Das klingt nach Spiel, Satz und Sieg für Volkswagen, doch Leistung ist nicht alles, und sie muss teuer bezahlt werden. Der 240-PS-Passat kostet in der Ausstattung Highline stramme 46 300 Euro. Für 10 000 Euro weniger bekommt man einen gleich starken Mondeo 2,0-Liter-Ecoboost-Benziner mit Automatik aber ohne Allradantrieb. Man soll Äpfel nicht mit Birnen vergleichen? Dann nehmen wir die 150-PS-Diesel ins Visier, die als Handschalter in der mittleren Ausstattung als Econetic und BlueMotion mit 33 575 beziehungsweise 30 500 Euro in der Liste stehen - schon wieder Vorteil Ford.

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In Bezug auf die Fahrleistungs- und Verbrauchswerte liegen beide Modelle auf vergleichbar hohem Niveau. Die Hightech-Trophäe geht antriebseitig trotzdem an den Passat. Er bietet mehr Allradvarianten, mehr DSG-Applikationen und etwas mehr Leistung bei den mittleren Motorisierungen, wo der 180-PS-Benziner und der 190-PS-Diesel dem Rivalen um zwanzig beziehungsweise zehn PS überlegen sind.

Ford Mondeo mit drei Karosserivarianten

Dafür gibt's den Mondeo vom Start weg als Limousine, Schrägheck und Kombi. VW spart sich den Viertürer mit Heckklappe zugunsten des noblen CC und bringt Mitte 2015 den Alltrack als vielseitigen Softroader auf den Markt. Die Feldweg-Vorherrschaft soll dem Passat der für Anfang 2016 avisierte Mondeo X-Road streitig machen.

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Beide Limousinen sind in manchen Versionen fast bis aufs Kilo genau gleich schwer, doch der längere Radstand des Mondeo (2,85 zu 2,79 Meter) schafft in Verbindung mit der schlankeren Sitzanlage ein kleines Platz-Plus im Fond - obwohl VW der achten Passat-Generation knapp acht Zentimeter mehr Achsabstand und 3,3 Zentimeter mehr Innenraumlänge mit auf den Weg gegeben hat. Dafür punktet der Passat beim Kofferraumvolumen. Der Variant schluckt jetzt 650 Liter, 47 Liter mehr als bisher und damit 125 Liter mehr als der im Heck leicht geschrumpfte Mondeo Turnier.

Im Innenraum kommen zwar hier wie dort hochwertige Materialien zum Einsatz, aber optisch wie haptisch ist es dann doch der VW, der Flair und Funktionalität am überzeugendsten miteinander verknüpft. In Sachen Verarbeitung hat Ford aufgeholt, in puncto Geräuschqualität den Rivalen aus Wolfsburg sogar überholt. Die von uns anlässlich der Vorstellung gefahrenen Mondeo-Diesel und -Benziner liefen leiser, die neue Hinterachse war selbst in Verbindung mit den optionalen 18-Zöllern akustisch unauffälliger als das weiterentwickelte Passat-Fahrwerk.

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Beide Marken haben Verstelldämpfer mit einer deutlich breiteren Spreizung im Angebot, doch nur VW bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Dynamik-Kalibrierungen in einem Individualprogramm abzulegen. Während die aktive Fahrwerksregelung im Passat per Knopfdruck und Touchscreen-Eingabe auf direktem Weg angesteuert wird, führt der Weg zum gut versteckten Untermenü im Mondeo über das komplexe Multifunktionslenkrad.

Der Passat hat das bessere Bedienkonzept

Keine Frage: Ergonomie ist eine wesentliche Stärke des großen VW, der nicht nur mit der innovativen Instrumentengrafik nach Art des Audi TT und mit dem Head-up-Display Maßstäbe setzt. Die Infotainment-Palette reicht von MirrorLink (Spiegelung des Android-Smartphones) bis zur Radio-Navigation mit großem Acht-Zoll-Farbmonitor. Apropos Monitor: In beiden Autos vermissen wir die Möglichkeit, den Bildschirm zum Fahrer hin anzuwinkeln und - besser noch - bei Bedarf näher heran zu rücken. Wer vorgebeugt mit ausgestreckter Hand und spitzem Finger den Touchscreen anvisiert, dem hilft zumindest im Passat der Annäherungssensor, der für ein paar Augenblicke das entsprechende Symbol vergrößert.

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In Sachen Aufpreisgestaltung gibt sich Ford versöhnlicher als VW, wo man für 40 000 Euro selbst in der 150-PS-Klasse keine großen Sprünge macht. Der Passat bietet mehr Assistenzsysteme, mehr Dekoreinlagen und Lederfarben, mehr Inhalte in den Ausstattungspaketen. Dafür kommt der Ford unter dem Strich günstiger, denn die Optionen kosten weniger und sind vernünftig gebündelt. Besonders überzeugend ist die Sprachsteuerung, die zum Beispiel das Stichwort "Hunger" mit einer Restaurantliste quittiert, im ausgewählten Lokal automatisch anruft und nach bestätigter Reservierung die Zielführung aktiviert - moderne Zeiten.

Fahrdynamisch liefern sich Passat und Mondeo ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Der VW federt eine Spur geschmeidiger, ist in Kurven noch umgänglicher, überzeugt speziell in der Allradvariante durch seine Klettverschluss-Straßenlage. Der Ford wirkt etwas agiler, vermittelt vor allem auf schlechter Straße eine Extraportion Fahrbahnkontakt, carvt ebenso souverän durch schnelle Radien wie um enge Zweite-Gang-Biegungen.

Keine der beiden Lenkungen ist ohne Fehl und Tadel. Die Progressivlenkung im Passat benötigt statt 2,75 nur mehr 2,1 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag, aber sie ist zu leichtgängig (Ausnahme Sportmodus) und auf Schlaglochpisten nicht gelassen genug. Der Richtungsfinder des Mondeo erlaubt sich um die Mittellage einen anfangs gewöhnungsbedürftigen Mix aus hohem Rückstellmoment und artifiziellem Ansprechverhalten.

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Der Anspruch an den neuen Passat ist hoch: Nicht Insignia und Co., sondern A4, 3er und C-Klasse sollen die neuen Gegner sein. Dafür legt er sich in Sachen Assistenzsystem und Multimedia-Möglichkeiten so sehr ins Zeug, dass sich die Frage stellt: Muss das alles sein?

Von Thomas Harloff

Der Passat ist das Auto für statusbewusste Kunden

Obwohl die Regelsysteme in beiden Autos defensiv ausgelegt sind, zeigen die elektronischen Wachposten bei sportlicher Fahrweise Präsenz. Da wird Drehmoment umverteilt und eingebremst, der störende Antriebseinfluss schon im Ansatz herausgefiltert, der Verzögerungsvorgang stabilisiert und bei Bedarf sachte gegengelenkt.

Statusbewusste Kunden mögen sich im neuen Ford Mondeo weniger gut aufgehoben fühlen als im deutlich selbstbewussteren Passat VIII, der mit serienmäßiger Oberklasse-Qualität und optionaler Oberklasse-Technik die Mittelklasse aufmischen will. Der neue Ford dagegen ist ein geräumiges, gut gemachtes, ordentlich ausgestattetes und relativ günstiges Fahrer-Auto, das eher die klassischen Gegner wie Opel Insignia, Škoda Superb, Volvo V60 und Peugeot 508 im Visier hat. Der VW will mehr, ist entsprechend mutiger positioniert, wäre zumindest für Vernunftmenschen durchaus eine Audi-BMW-Mercedes-Alternative.

Auf bestimmte Passat-Highlights wie den Plug-in-Hybrid, den starken Diesel oder das aktive Info-Display hat Ford (noch) keine Antwort. Doch im Rennen um den Preis-Leistungs-Champion gehört der neue Mondeo zu den heißen Favoriten.

© SZ vom 11.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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