Audi TT im Fahrbericht:Digitales Fahrerlebnis

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Der neue Audi TTS ist kaum langsamer als seine stärkeren Brüder R8 4.2 FSI und RS5. (Foto: Audi)

Perfekt gestaltetes Cockpit, effizienter Antrieb, gediegene Verarbeitung: Der neue Audi TT ist dank vieler elektronischer Fahrhilfen ein verdammt schnelles Auto. Am meisten Spaß macht er aber, wenn es der Fahrer gemütlich angehen lässt.

Von Georg Kacher

Mini, Käfer, Defender, 911, TT: Obwohl das Bauhaus-Coupé erst 1995 vorgestellt wurde, ist auch der Audi TT auf dem besten Weg zur Legende. Die dritte Generation setzt auf eine evolutionäre Formensprache ohne Experimente. Das Auto wurde minimal kürzer und schmaler, wirkt aufgrund des längeren Radstands jedoch gestreckter. Als Blickfang funktionieren innovative Details wie Matrix-Scheinwerfer und LED-Rückleuchten, das harmonische Zusammenspiel von Fugen und Lichtkanten sowie die selbstbewussten 20-Zoll-Räder.

Das Interieur vermittelt ganz großes Auto-Kino: Digital und Analog als entspannter Mix

Ganz großes Auto-Kino vermittelt das neu gestaltete Interieur mit den hochwertigen technischen Oberflächen, den gekonnt aufeinander abgestimmten Materialwelten, der optimierten Sitzanlage und dem multifunktionalen Zentraldisplay. Dabei reicht die frei konfigurierbare Bildersprache vom sportlichen XXL-Drehzahlmesser mit integriertem Digitaltacho über einen entspannten Mix aus Infografik und zwei analogen Rundinstrumenten bis zur von Google Earth und Street View animierten Kartenansicht. Der Monitor in Armaturenbrettmitte entfällt. Bedient wird das bunte virtuelle Cockpit über den großen MMI-Dreh-Drücksteller mit Touchpad, das Multifunktionslenkrad oder per Spracheingabe. Besser kann man Ergonomie kaum darstellen.

Ergonomisch vorbildlich: Der neue Audi TT besitzt vollkommen virtuelle und frei justierbare Instrumente. (Foto: Audi)

Auch der neue TT bedient sich im platzsparenden modularen Querbaukasten (MQB). Weil die Außenhaut komplett aus Aluminium gefertigt wird, wiegt der Wagen bis zu 50 Kilo weniger als der Vorgänger. Im Windkanal haben die Aerodynamiker dem Coupé so lange den Luftwiderstand aus dem Gesicht gefönt, bis ein cw-Wert von 0,29 fixiert war.

Wer die hohe Ladekante überwindet, darf mit 305 Liter künftig 13 Liter mehr einpacken als bisher. Bei Verzicht auf die Fondsitzanlage, die ohnehin nur für Sechs- bis Zwölfjährige zugelassen ist, mutiert der Audi mit einem Kofferraumvolumen von 712 Liter zum verkappten Shooting Brake.

Die nicht sonderlich üppige Serienausstattung des zwischen 35 000 Euro (Grundpreis) und 49 100 Euro (TTS) teuren Sportcoupés bietet Spielraum für kostspielige Verführungen. Trotzdem glänzen einige wichtige Extras durch Abwesenheit. Dazu gehören vor allem das Head-up-Display, ein adaptiver Tempomat, der City-Notbremsassistent und ein für Längs- wie Querparken geeigneter Assistent mit Rundum-Kamera.

Der Motor des TT 2.0 TDI leistet jetzt zwar 184 statt 170 PS, aber dafür wurde der bisher im Preis enthaltene Quattro-Antrieb ersatzlos gestrichen - schade. Der 2.0 TFSI hat von 211 auf 230 PS zugelegt und ist gegen Aufgeld mit vier angetriebenen Rädern und Doppelkupplungsgetriebe lieferbar. Als Topmodell lockt der TTS, der mit 310 statt 272 PS ebenfalls deutlich besser im Futter steht. Der Nachfolger des TT RS, dessen neu entwickeltem Fünfzylinder bärenstarke 460 PS nachgesagt werden, soll im Frühjahr 2016 ein weiteres PS-Glanzlicht setzen. Schon Anfang 2015 dürfte der TT Roadster startklar sein.

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Wir fuhren den TTS mit der Sechsgang-S-Tronic, die ohne Zugkraftverlust hochschaltet und das Coupé in nur 4,7 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigt. Der R8 4.2 TSI ist nur ein einziges Zehntel flinker, und selbst der 450 PS starke RS5 nimmt dem kleinen Bruder gerade mal zwei Zehntel ab. Der Verbrauch ist wie so oft eine Fallstudie aus dem großen Buch der Relativität - 7,3 Liter nach DIN, doch wenn, wie beim Testwagen, die extragroßen 20 Zöller montiert sind, wurden daraus 12,2 Liter auf einer scharf gefahrenen Dolomitenrunde.

Als primärer Treiber des Fortschritts dient hier die Elektronik - bis hin zum Sound

Der TT ist ein Kind der digitalen Zeit und damit in gewisser Weise auch ein Triumph der Machbarkeit über die Sinnhaftigkeit. Als primärer Treiber des Fortschritts dient die Elektronik, die inzwischen alle wesentlichen Schnittstellen der Interaktion von Mensch und Maschine kontrolliert. Analog war gestern - das gilt für Kennlinien und Kalibrierungen genauso wie für die Stimmlage des Motors oder das Eigenlenkverhalten des Chassis. Beim Zurückschalten gibt die Black Box im Dynamikmodus ungefragt Zwischengas, und beim Hochschalten am Begrenzer wird per Klappenauspuff akustisch nachgelegt. Die Lamellenkupplung wuchtet schon beim ersten Einlenkimpuls eine Vorabportion Drehmoment an die Hinterachse, wo vollautomatisch ein "hochemotionales Handling" erzeugt wird.

Neben dem TTS gibt es derzeit zwei weitere Motorvarianten, einen Diesel und einen Zweiliter-Vierzylinder-Benziner. (Foto: Audi)

"Im Zusammenspiel mit der radselektiven Momentensteuerung", heißt es bei Audi, " erlaubt das auf einer Fahrbahn mit geringem Grip kontrollierte, sichere Drifts im Heckantrieb-Stil." Das mag auf einem zugefrorenen See in Lappland funktionieren, nicht aber auf kurvigen und engen mitteleuropäischen Bergstraßen. Und warum in aller Welt muss ein TT/S wider seinem Naturell plötzlich querfahren können? Wo er doch andere Stärken hat, wie zum Beispiel das präzise Carven durch schnelle S-Kurven, die exzellente Traktion um enge Ecken, das herrlich intuitive Lastwechsel-Eindrehen um die Hochachse und die stoische Richtungsstabilität?

Kein kompromissloser Hardcore-Sportwagen

Drive Select heißt die Audi-Fahrdynamikregelung, die fünf verschiedene Programme kennt. Beaufschlagt werden Motor/Getriebe, die Progressivlenkung mit variabler Kennung, die Drehmomentverteilung des Allradantriebs, besagter Soundaktuator, die Stabilitätskontrolle und die Dämpferregelung Magnetic Ride.

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Der TTS ist kein kompromissloser Hardcore-Sportwagen, sondern ein eigenständiges Talent mit vielen Facetten. Er macht immer dann besonders viel Spaß, wenn sich die Chips nicht in den Vordergrund spielen, wenn die Technik ohne Filter und Weichzeichner arbeitet, wenn der Bewegungsfluss tendenziell eher renaturiert als reguliert wird. Dazu kann der Fahrer das Seine beitragen, indem er den elektronisch mehrfach abgesicherten Grenzbereich bewusst außen vorlässt. Das heißt im Klartext: auf Zug fahren, Gang für Gang die 380 Nm hohe Drehmomentwelle abreiten, die aufmerksame Lenkung früh wieder aufmachen, mit Bedacht schalten, den Grip- und Traktionsbonus ausspielen.

Dieses im Fluss bleiben mag dem Auto mehr schmeicheln als dem Ego, doch am Ende des Tages zählt die eleganteste Linie und der coolste Kurventakt. Wir haben uns im neuen Audi TTS anfangs einen Wolf gelenkt und die Schuhsohlen heiß gebremst, doch schnell bestimmte schon wieder die Lust am souveränen Gleiten das Tempo. Mit sonorem Analog-Brabbeln im großen Gang, mit den Dämpfern in geschmeidiger Gnade-vor-Recht-Stellung und mit hörenswerter Straßenmusik von Peter Bang & Svend Olufsen.

© SZ vom 30.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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