Es gibt Berichte, nach denen die von einer rasanten Abfahrt heiß gelaufene Scheibenbremse eines Mountainbikes ausreicht, um einen Waldbrand zu entfachen. Das abgelegte Rad entzündet dabei zunächst trockenes Gras am Boden, ohne geeignete Gegenmaßnahmen springen die Flammen schnell aufs Unterholz über und können rasch den ganzen Wald erfassen.
Was aber, wenn da gar kein trockenes Gras ist und wenig Gestrüpp? Das Auslichten des Unterholzes ist eine bewährte Brandschutzmaßnahme - und eine Aufgabe, die man in vielen Regionen der Welt auch getrost Pflanzenfressern wie Schafen, Ziegen oder wild lebenden Herbivoren überlassen kann. Das zeigt eine Übersichtsarbeit im Fachblatt Journal of Applied Ecology.
Insbesondere dort, wo das Land früher einmal von Menschen bewirtschaftet wurde, seien große Pflanzenfresser wirksame Brandbremsen, heißt es im Fazit der Arbeit. Die verwildernden Flächen wachsen allmählich mit Büschen und Bäumen zu, brennbares Material häuft sich an. Das steigert das Waldbrandrisiko und führt zu intensiveren Feuern. "Pflanzenfresser können Waldbrände nicht komplett verhindern, aber ihre Häufigkeit und Intensität beeinflussen", sagt Julia Rouet-Leduc, Hauptautorin der Studie und Doktorandin am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig.
Kurzzeitig intensiv beweiden oder dauerhaft mit weniger Tieren? Die Ergebnisse sind unterschiedlich
Viele Bäume nehmen keinen Schaden, wenn lediglich das Unterholz wegbrennt. Wird das Feuer jedoch zu groß, gehen auch die Wipfel in Flammen auf, der Schaden für das Ökosystem wird dann schnell beträchtlich. Dem könne man entgegenwirken, wenn ein Gebiet regelmäßig von Pflanzenfressern abgeweidet werde, sagt Rouet-Leduc. Die geeigneten Tierarten hängen vom jeweiligen Ökosystem ab. "In der Türkei und Griechenland könnten zum Beispiel Schafe und Ziegen die Aufgabe erledigen", sagt Rouet-Leduc. Diese würden dort ohnehin traditionell gehalten und könnten sich in Herden schnell durch die Landschaft bewegen. Optimal sei es zudem, Tierarten mit unterschiedlichen Vorlieben zu mischen, solche, die den Bodenbewuchs dezimieren mit solchen, die Interesse an Unterholz, Büschen und Bäumen haben.
Die Forscherinnen und Forscher unterscheiden in ihrem Papier unterschiedliche Wege, den Bewuchs mit der Hilfe von Tieren kurz zu halten. Kurzzeitig intensive Beweidung eines Gebiets könnte beispielsweise zusammen mit anderen Schutzmaßnahmen Brandschneisen schaffen, die eine Ausbreitung des Feuers bremsen, weil es dort keine brennbare Nahrung findet. Weniger intensive Beweidung könne diesen Effekt auch haben, führe jedoch nicht zu einer homogenen und niedrigen Vegetation. Brandschutz und Umweltschutz könnten zusammenspielen, sagt Rouet-Leduc. "Gleichzeitig müssen wir akzeptieren, dass Brände natürliche Prozesse sind, die für viele Ökosysteme wichtig sind. Und wir müssen lernen, bis zu einem gewissen Grad mit ihnen zu leben."
Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen wertete Rouet-Leduc diverse altere Studien aus, die Zusammenhänge zwischen Pflanzenfressern, Vegetationsstruktur, Brandrisiko, Brandhäufigkeit und Brandschäden untersuchten. So fand das internationale Team heraus, dass Pflanzenfresser die Schäden durch Waldbrände mindern können. Die Forscher empfehlen daher, die Beweidung von Gebieten zu fördern, "die wegen Landaufgabe aus der Nutzung fallen". Insgesamt sollte die "Brandprävention mit Tieren" finanziell gefördert werden, schreibt das Team. Tiere die Arbeit machen zu lassen, sei eine kosteneffiziente Art der Landbewirtschaftung.