Langenhagen:Trockenheit und Füchse setzen Kranichen im Nordosten zu

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Die Graukraniche (Grus grus) breiten sich weiter in Deutschland aus, leiden 2022 im Nordosten aber wieder unter der langen Trockenheit. "Wir kommen in diesem...

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Karow/Greifswald (dpa) - Die Graukraniche (Grus grus) breiten sich weiter in Deutschland aus, leiden 2022 im Nordosten aber wieder unter der langen Trockenheit. „Wir kommen in diesem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern nur auf etwa drei Viertel der Jungvögel, die in normalen Jahren flügge werden“, sagte Kranich-Experte Wolfgang Mewes der Deutschen Presse-Agentur in Karow (Ludwigslust-Parchim).

Damit liegt der Bruterfolg im Bundesland mit den meisten Kranichbrutpaaren zwar höher als 2021, aber bereits im vierten Jahr in Folge für die Reproduktion zu niedrig. Wegen des langen Lebensalters von Kranichen, die zwölf Jahre und älter werden können, hat das laut Mewes noch keine Auswirkungen auf den Bestand.

Von inzwischen etwa 12 000 Kranichbrutpaaren in Deutschland leben etwa 5000 in Mecklenburg-Vorpommern und rund 3000 in Brandenburg, erläuterte Mewes, der Autor mehrerer wissenschaftlicher Arbeiten und Kranich-Bücher ist und zum Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz Deutschland gehört. In Brandenburg sei es seit 2019 ebenfalls in weiten Teilen zu trocken.

Bundesweit haben die majestätischen Vögel fast alle Bundesländer besiedelt, bis auf das Saarland und Rheinland-Pfalz, sagte Mewes. So wurden erste Brutpaare aus Hessen und Baden-Württemberg gemeldet. Niedersachsen habe bereits mehr als 1500 Brutpaare, dann folgen Sachsen-Anhalt (800), Schleswig-Holstein (550) und Sachsen (500). In Bayern gebe es 40, in Nordrhein-Westfalen und Thüringen je etwa 25 Brutpaare.

Im Nordosten Deutschlands hatte es im Februar sehr viel geregnet. „Wir hatten gute Wasserstände zu Beginn der Brutsaison“, sagte Mewes. Doch monatelange Trockenheit ab März ließ etliche Nester, die die Kraniche gern in nassen Gebieten anlegen, trockenfallen. Damit hätten auch Raubtiere wie Füchse oder Waschbären leichteres Spiel. „Es gibt sehr wenige Kraniche, die einen Fuchs abwehren können“, erklärte Biologin Isabel Barwisch von der Universität Greifswald.

Sie hat für ihre Doktorarbeit mit dem Titel „Auswirkungen verschiedener Stressoren auf den Reproduktionserfolg der Eurasischen Kraniche“ mit Mewes viele Nester beobachtet und Kameras aufgestellt. Sie hat beobachtet, dass die meisten Großvögel ihre Nester gegen Waschbären verteidigen können.

„Füchse stehlen Eier, rauben Jungvögel und sind auch für Altvögel gefährlich“, sagte Mewes. Dazu kommt, dass die Besiedlungsdichte mit 5000 Brutpaaren im Nordosten sehr hoch ist, so dass sich viele die Nahrung teilen müssen und Kranichpaare auch in andere Regionen abwandern. Regional sei die Wasser-Situation aber sehr unterschiedlich. So gebe es in den Regionen Güstrow und Röbel in diesem Jahr noch gute Brutbedingungen, in der Region Parchim sei es nicht so günstig.

Für die Entwicklung des Kranichbestandes seien die nächsten Jahre sehr wichtig, sagte Mewes. Er rechnet in einem Zyklus von acht bis zehn Jahren mit ersten sichtbaren Auswirkungen. Derzeit sammeln sich im Nordosten die Jungvögel an bekannten Rastgewässern, die noch genug Wasser haben. Dazu zählen der Rederangsee im Müritz-Nationalpark, die Langenhägener Seewiesen, Drewitzer See, Schaalsee und Galenbecker See. Dort treffen im Herbst auch Kraniche aus Skandinavien ein, die später nach Süden oder Westen weiterziehen.

© dpa-infocom, dpa:220729-99-197558/2

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