Umwelt:Wie schnell wächst Regenwald nach?

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Abholzung des Regenwalds im Amazonasgebiet in Brasilien: Etwa ein Fünftel der jährlichen Exporte von Soja und Rindfleisch aus Brasilien in die Europäische Union stehen in Zusammenhang mit illegaler Abholzung im Amazonas-Gebiet und in der Cerrado-Savanne. (Foto: Marcelo Sayao/dpa)

Ökologen haben untersucht, was auf gerodeten und vom Menschen aufgegebenen Flächen passiert.

Von Tina Baier

Vom Tropischen Regenwald gibt es meist nur schlechte Nachrichten. Zum Beispiel geht nach Angaben der Vereinten Nationen in Afrika der meiste Regenwald verloren: 39 000 Quadratkilometer pro Jahr. Im tropischen Amerika ist es jährlich die ebenfalls gigantische Fläche von jährlich 26 000 Quadratkilometern. Ein internationales Team von Tropenökologen hatte kürzlich im Wissenschaftsjournal Science aber endlich einmal etwas Positives zu berichten. Demnach können sich tropische Regenwälder erstaunlich schnell wieder erholen, nachdem sie komplett abgeholzt worden sind. Schon nach 20 Jahren hätten sie im Schnitt beinahe 80 Prozent ihrer charakteristischen Merkmale wiedererlangt.

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"Es ist zwar wichtig, alte Wälder aktiv zu schützen und die weitere Abholzung zu stoppen", sagt Lourens Poorter von der Universität Wageningen, der Erstautor der Studie ist. "Aber tropische Wälder haben das Potenzial, in bereits abgeholzten Gebieten auf aufgegebenem Land auf natürliche Weise nachzuwachsen." Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, analysierten die Wissenschaftler für 77 Standorte in Amerika und Afrika, wie sich der Wald nach und nach wieder erholte. Auf mehr als 2200 Parzellen beurteilten sie den Fortschritt der Regeneration anhand von zwölf Parametern.

Am schnellsten regenerieren sich die Böden: Nach zehn Jahren sind sie fast so fruchtbar wie zuvor

"Wir haben eigentlich erwartet, dass sich zuerst die Vegetation erholt und dann der Boden", schreiben die Ökologen in ihrer Studie. Doch zu ihrer Überraschung war es umgekehrt: Am schnellsten regenerierte sich den Daten zufolge der Boden. Nach weniger als zehn Jahren habe er 90 Prozent der Fruchtbarkeit im Vergleich zum Boden in einem intakten Waldes zurückerlangt. Nach 25 Jahren können die nachgewachsenen Pflanzen viele Funktionen eines Waldes, wie etwa die Stickstoffbindung zu 90 Prozent wieder erfüllen. Und am längsten dauert es, bis in dem neuen Wald wieder genauso viele verschiedene Pflanzen wachsen wie im alten: 120 Jahre. Etwa genauso viel Zeit muss vergehen, bis die gesamte oberirdische Biomasse der Gewächse wieder dieselbe ist wie vor der Abholzung.

"Wir haben auch untersucht, wie die Erholung der verschiedenen Waldeigenschaften miteinander zusammenhängt", sagt Dylan Craven von der chilenischen Universidad Mayor. Demnach lasse sich anhand von nur drei Indikatoren abschätzen, wie gut sich ein Wald bereits regeneriert hat: an der Höhe der Bäume, der Struktur des Waldes und der Zahl der verschiedenen Baumarten, die darin wachsen. Das sei deshalb wichtig, weil sich diese Parameter vergleichsweise einfach messen lassen.

Nach Ansicht der Studienautoren können diese sogenannten Sekundärwälder, die natürlicherweise auf abgeholzten und dann wieder aufgegebenen Flächen nachwachsen, eine wichtige Rolle im Kampf gegen Klimawandel und Artensterben spielen. Sie bedecken riesige Flächen: im tropischen Lateinamerika etwa mehr als ein Viertel der gesamten Landfläche.

Für die Abholzung von Regenwald gibt es verschiedene Ursachen, die sich von Region zu Region unterscheiden. In Afrika ist es der Wanderfeldbau: Kleinbauern fällen Bäume und legen auf der freien Fläche Äcker an. Wenn der Boden ausgelaugt und unfruchtbar geworden ist, ziehen sie weiter und roden eine neue Parzelle. In Südamerika wird Wald meistens gerodet, um Weiden für Vieh zu bekommen. In Südostasien dagegen werden auf den gerodeten Flächen vor allem Plantagen angelegt, zum Beispiel um Palmöl zu produzieren.

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