Weltraumwetter:Sonnenstürme könnten Raumfahrt-Missionen durchkreuzen

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Heutige Sonneneruptionen beobachtet etwa der Nasa-Satellit "Solar Dynamics Observatory". (Foto: Solar Dynamics Observatory; NASA/dpa)

Zunehmende Eruptionen auf der Sonne können Astronauten gefährlich werden, warnen Physiker. Wann ist also der beste Zeitpunkt, zum Mond aufzubrechen?

Von Marlene Weiß

"Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Vorbereitung", sagte der Nasa-Wissenschaftler Jake Bleacher im vergangenen Herbst. Ihm ging es dabei jedoch nicht um Orkane oder Gewitter, sondern um Sonnenstürme, also gewaltige Eruptionen an der Oberfläche der Sonne, die energiereiche Teilchen und Strahlung ins All schicken. Bleacher ist leitender Wissenschaftler am Nasa-Direktorat für bemannte Raumfahrt. Auf der Erde können solche Ereignisse Stromausfälle verursachen. Sehr gefährlich können sie aber auch für Astronauten werden, die zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sind - auf dem Mond zum Beispiel, außerhalb der schützenden Atmosphäre und des Magnetfelds der Erde.

Darum müssen Forscher wie Jake Bleacher genau auf die Aktivität der Sonne achten und Missionen entsprechend planen. Die Sonne ist in Zyklen aktiv, die jeweils rund elf Jahre dauern. Der aktuelle begann im Dezember 2019. Über einen Zyklus entwickelt sich die Aktivität der dunklen Sonnenflecken von einem Minimum zu einem Maximum und wieder zurück. Ähnlich verhält es sich mit den Sonnenstürmen: In der Mitte des Zyklus sind sie am häufigsten.

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Die meisten dieser Ereignisse sind eher wie moderate Regengüsse im All. Aber wie verhält es sich mit jenen extremen Stürmen, die Astronauten und Technik massiv bedrohen? Das haben jüngst Forscher um Mathew Owens von der University of Reading untersucht: Laut ihrer Analyse in Solar Physics treten auch diese Extremstürme am häufigsten um das Maximum der Sonnenflecken-Aktivität herum auf. Und im aktuellen Sonnenzyklus sollten die starken Stürme eher in der zweiten Hälfte auftreten, nach 2025. Demnach könnte es für Astronauten sicherer sein, wenn die Mondmission im Artemis-Programm der Nasa wie ursprünglich geplant im Jahr 2024 stattfände, und nicht später.

Es ist ähnlich wie bei Vulkanen: Man weiß nicht, wann genau - aber irgendwann knallt es

Das heißt aber noch lange nicht, dass jede Mondfahrt vor 2025 ein Spaziergang wäre und jede danach unverantwortlich. "Extremereignisse können auf der Sonne fast immer stattfinden, nur in den sonnenfleckenlosen Zeiten sind sie unwahrscheinlicher", sagt Volker Bothmer, Astrophysiker an der Universität Göttingen. "Auch kurz vor dem ersten Maximum treten öfter starke Stürme auf, im aktuellen Zyklus könnte das etwa um das Jahr 2023 sein." Außerdem gibt es auch im All einen Wetterbericht. "Man muss die Sonne im Visier haben", sagt Bothmer. Mit Satelliten kann man Materieausbrüche in der Sonnenkorona beobachten und das Weltraumwetter für die kommenden Tage einschätzen. Schwieriger ist es aber, Extremereignisse vorherzusagen, die Bothmer eher mit Vulkanausbrüchen vergleicht: "Man weiß nicht genau, wann es passiert, aber irgendwann knallt es."

In der Vergangenheit gab es bereits Stürme, die Astronauten hätten gefährlich werden können. Im August 1972 etwa, genau zwischen den Missionen Apollo 16 und 17, gab es eine Serie heftiger Sonnenstürme, die Satelliten und Stromnetze auf der Erde störten. Für einen Astronauten, der zu diesem Zeitpunkt auf dem Mond herumgelaufen wäre, wäre der Teilchenschauer lebensgefährlich gewesen. Allerdings könnten sich Astronauten immer noch ins Raumschiff zurückziehen, wenn sich ein solcher Sturm ankündigt, und wären dort relativ gut geschützt.

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