Berlin (dpa) - Die Protestgruppe Letzte Generation will bei der Europawahl 2024 kandidieren. Dies kündigte die Sprecherin Carla Hinrichs an. „Jetzt wollen wir unseren Widerstand von der Straße auch ins Parlament bringen“, sagte Hinrichs in einer Online-Konferenz. Die Gruppe stehe für die, die kein Blatt vor den Mund nähmen. Jetzt gelte es, das EU-Parlament aufzumischen.
Für die beabsichtigte Kandidatur zur Europawahl im Juni sei es sehr knapp, ergänzte Henning Jeschke, einer der Gründer der Letzten Generation. Viele hätten gesagt, das könne gar nicht mehr klappen. Doch reiche bei der Europawahl ein Stimmenanteil von 0,5 Prozent, um einen Sitz zu erobern, das seien etwa 250 000 Stimmen.
Nun gebe es zunächst eine „Community Challenge“: Man versuche, binnen einer Woche intern 100 Freiwillige für die Aktion zu finden sowie 50.000 Euro zu sammeln, sagte Jeschke. Danach werde man beginnen, die nötigen 4500 Unterschriften zu sammeln. Eine politische Vereinigung sei für die Kandidatur bereits gegründet. Jeschke nannte auch zwei mögliche Spitzenkandidaten: Lina Johnsen aus Leipzig und Theo Schnarr aus Greifswald.
„Wir waren der Bote der schlechten Nachrichten“
Die 2021 nach einem Hungerstreik gegründete Gruppe hatte zwei Jahre lang vor allem Straßenblockaden mit festgeklebten Aktivisten als Protest gegen eine aus ihrer Sicht zu langsame Klimapolitik organisiert. Kürzlich hatte sie dann angekündigt, auf diese Protestform zu verzichten.
„Wir als Letzte Generation, wir haben jetzt zwei Jahre den Job in der Gesellschaft gemacht, den eigentlich niemand machen will: Wir waren der Bote der schlechten Nachrichten“, sagte Hinrichs. Doch sei die Gruppe auch „der Bote, dass es eine bessere Welt geben kann“.
Jeschke sagte: „Am Ende ist ganz klar: Du kannst auf den Straßen richtig wild alles zumachen, blockieren, ganz viele Menschen gehen dahin, und Leute legen ihre Arbeit nieder und alles – es braucht eine konfrontierende Macht am Ende auch im Parlament.“ Natürlich gebe es die Sorge vor dem „Niedergang durch die Institutionen“. Aber selbst anzutreten sei besser, als „heimlich die Grünen wählen“. Diesen hielt Jeschke „Kompromisssucht“ vor. Demonstrationen und zivilen Ungehorsam solle es weiter geben.
Bei dieser Europawahl gilt in Deutschland keine Sperrklausel. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 zunächst eine Fünf-Prozent-Hürde gekippt, später dann auch eine Drei-Prozent-Hürde. Eine Wahlrechtsreform von 2022 sieht vor, dass bei künftigen Wahlen in großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland wieder eine Sperrklausel eingeführt wird.
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