Geowissenschaften:Wie der Mars die Ozeane auf der Erde beeinflusst

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Mars, Nachbarplanet der Erde, aufgenommen vom Weltraumteleskop "Hubble". (Foto: -/dpa)

Geowissenschaftler wollen auf einen neuen Klimazyklus gestoßen sein. Im Tiefseeschlamm fanden sie Hinweise auf einen Takt, der womöglich vom Nachbarplaneten Mars vorgegeben wird.

Von Benjamin von Brackel

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Australien und Frankreich wollen auf einen unglaublichen Zusammenhang gestoßen sein: Der Mars gibt demnach den Takt vor für Klimaschwankungen auf der Erde sowie die Zu- und Abnahme von gewaltigen Tiefseeströmungen in einem Zyklus von 2,4 Millionen Jahren . Das meinen sie aus Meeresablagerungen ablesen zu können. Ihre Ergebnisse haben sie nun im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

Ursprünglich wollte die Sedimentologin Adriana Dutkiewicz von der Universität Sydney herausfinden, wie sich die Stärke von Tiefseeströmungen im Laufe der Zeit entwickelt hat. Dafür analysierte sie mit Dietmar Müller von der Universität Sydney und Slah Boulila von der Sorbonne-Universität Sedimentablagerungen aus der Tiefsee, die 65 Millionen Jahre zurückreichen. Diese waren seit den 1960er-Jahren gesammelt worden und stammten aus annähernd 300 Bohrlöchern aus allen Weltmeeren.

Mal zieht die Erde perfekte Kreise um die Sonne, mal nimmt sie eine elliptische Bahn

Die Spektralanalyse ergab ein bemerkenswertes Muster: In relativ regelmäßigen Abständen entdeckten sie geologische Schichtlücken, sogenannte Hiate. Also Zeitabschnitte, für die sich keine entsprechenden Sedimentschichten fanden. Das Forscherteam nimmt an, dass gewaltige Tiefseewirbel die abgelagerten Schichten einst abgetragen haben. In einem Zyklus von rund 2,4 Millionen Jahren seien die Wirbel erst angeschwollen und dann wieder abgeflaut.

Das deckt sich überraschend gut mit einem anderen Zyklus: Die Erde kreist nicht immer gleichförmig um die Sonne; mal zieht sie einen perfekten Kreis um das zentrale Himmelsgestirn, mal nimmt sie eine elliptische Bahn. Dann ist die Exzentrizität - das Maß für die Abweichung von der Kreisform - besonders groß. Und dieses Wechselspiel vollzieht sich in Zyklen unterschiedlicher Länge - der längste und dominanteste unter ihnen dauert 2,4 Millionen Jahre an.

Den Ursprung dafür vermuten Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler im Tauziehen zweier Planeten: dem Mars und der Erde. "Die Gravitätsfelder der Planeten im Sonnensystem interferieren miteinander", erklärt Geophysiker Müller. "Und diese Wechselwirkung, Resonanz genannt, verändert die Exzentrizität der Planeten." Und damit auch das Klima auf der Erde: Denn je stärker sich die Umlaufbahn der Erde um die Sonne verformt und ovaler wird, desto ausgeprägter die Jahreszeiten und desto größer die Sonneneinstrahlung zu bestimmten Zeiten im Jahr. Während einer maximalen Exzentrizität sei es im Jahresschnitt 1,75 Grad Celsius wärmer auf der Welt als während einer minimalen Exzentrizität, so die Nature-Communications-Studie.

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Besonders aktiv seien die riesigen Whirlpools immer während warmer Klimabedingungen gewesen, schließt das Team um Dutkiewicz aus ihren Beobachtungen. Das könnte in der Vergangenheit von großer Bedeutung für das Leben in der Tiefsee gewesen sein, da die Tiefseewirbel wohl dafür sorgten, die Belüftung der Weltmeere aufrechtzuerhalten - selbst wenn wichtige Strömungssysteme in dem warmen Klima abrissen; wie die Atlantische Umwälzströmung, ein gigantisches Wasserförderband, das Europa mit großen Mengen an Warmwasser aus den Tropen versorgt. "Die Geologie der Tiefsee liefert uns wertvolle Erkenntnisse darüber, wie die Ozeane in einer wärmeren Welt funktionieren", sagt Müller.

Und das sei gerade jetzt von Interesse. Denn manche Klimaforscherinnen und Klimaforscher halten es für möglich, dass die Atlantische Umwälzströmung im Zuge des menschengemachten Klimawandels schon in diesem oder nächsten Jahrhundert wieder zum Erliegen kommen könnte. In dem Fall könnten - folgt man der Argumentation der Autorinnen und Autoren der Nature-Communications-Studie - zumindest die Tiefseewirbel einspringen und die Ozeane davor bewahren zu stagnieren und sich in Todeszonen zu verwandeln. Eigentlich sei zwar erst in einer Million Jahre mit dem nächsten Exzentrizitätsmaximum zu rechnen. Weil aber der Mensch den Planeten wie im Zeitraffer erwärme, würden auch die Tiefseewirbel schneller aktiv, argumentiert Müller. Satellitenbeobachtungen würden bereits zeigen, dass sich die Ozeane seit ein paar Jahrzehnten stärker vermischen.

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