Klimapolitik:Klimaschutz leicht gemacht

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Die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse sollte nach dem Willen des Sachverständigenrats abgeschafft werden. (Foto: Natalia Deriabina/Imago)

Wie kann man erreichen, dass sich Menschen umweltfreundlicher verhalten? Der Sachverständigenrat für Umweltfragen sagt: Die Politik muss ihnen helfen.

Von Benjamin von Brackel

Die Bundesregierung - insbesondere die FDP und die SPD - erweckt gerne den Eindruck, dass alles doch ganz einfach sei: Um die Klimawende zu schaffen, brauche es lediglich einen Austausch von fossilen Energien durch erneuerbare Energien. Ist erst mal die Produktion klima- (und umwelt)freundlich aufgestellt, dann läuft auch der Rest. Im Idealfall kriegen das die Wähler gar nicht mit.

Dem widerspricht nun der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), in seinem am Dienstag vorgestelltem Sondergutachten "Politik in der Pflicht: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern". Auch jede und jeder Einzelne müsse sein Verhalten ändern. Viele würden das auch wollen, allerdings an ungünstigen Rahmenbedingungen scheitern. An der Politik sei es nun, das zu ändern, befindet das Gremium, dass die Bundesregierung berät.

Denn umwelt- und klimafreundliche Angebote würden schon heute ins Leere laufen, wenn die Menschen sie nicht annehmen. Beispiel Fleischkonsum: Sinkt die Produktion von Fleisch, aber nicht die Nachfrage danach, wird einfach mehr importiert. Beispiel Smartphones: Ein noch so langlebiges Telefon bringt nichts, wenn die Leute trotzdem nach wenigen Jahren ein neues kaufen. Beispiel Heizung: Vorgaben zum klimafreundlichen Heizen greifen unter Umständen nicht, wenn die Eigentümerinnen und Eigentümer sie nicht bezahlen können oder nicht wissen, wie sie die neue Technik nutzen können.

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Der Sachverständigenrat hat für sein Gutachten die aktuelle Forschung aufbereitet und anhand der drei genannten Beispiele konkretisiert. Dabei empfiehlt das Gremium, die gesamte Breite an politischen Instrumenten einzusetzen, die im Idealfall aufeinander aufbauen und möglichst viel Unterstützung in der Bevölkerung versprechen. Die Einnahmen aus unbeliebten Preissteigerungen könnten etwa in den Umweltschutz oder in soziale Projekte fließen. Mehr Akzeptanz bringe es auch, wenn die Menschen die Maßnahmen verstehen und als effektiv betrachten - deshalb sei es so wichtig, sie gut zu erklären. Daran hapere es derzeit aber.

Die Experten schlagen ein "Recht auf Reparatur" oder einen bundesweiten "Reparaturbonus" vor

Das gilt auch für die ebenfalls ungeliebten Verbote, die gut kommuniziert aber womöglich sogar mehr Akzeptanz finden als andere Instrumente. Beispiel Rauchverbot oder Tempolimit: "Solche Regulierungen betreffen oft eine Minderheit, nutzen aber der gesamten Gesellschaft und sind gerecht, weil sich niemand ,rauskaufen' kann", erklärt Gerhard Reese, Professor für Umweltpsychologie der Universität Koblenz-Landau, der nicht am Gutachten beteiligt war.

Konkret empfiehlt der Sachverständigenrat, den reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Fleisch auf den regulären anzuheben und gleichzeitig die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen, was seit April 2022 durch EU-Recht möglich sei. Auch mehr und günstigere vegetarische Angebote in Kantinen könnten helfen ebenso Produktkennzeichnungen, wie die Angabe des CO₂-Fußabdrucks, und mehr Information über Ernährung an Schulen.

Um die Menschen davon abzubringen, ihre Smartphones schon nach ein paar Monaten oder wenigen Jahren zu ersetzen, obwohl sie noch funktionieren oder sich reparieren ließen, bringt das Gremium ein "Recht auf Reparatur" ins Spiel oder einen bundesweiten "Reparaturbonus". Das faktische Verbot für den Einbau von fossilen Heizungen ab dem Jahr 2024wiederum sollte flankiert werden mit einer besseren Information und einer finanziellen Förderung der ärmsten Haushalte.

Mit Material vom Science Media Center

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