SZ-Klimakolumne:Globaler Minister für zukünftige Generationen

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Solarpark und Windräder bei Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt. (Foto: Jürgen Held via www.imago-images.de/imago images/Jürgen Held)

Einmal ganz alleine die Erderwärmung stoppen: Das geht in einem neuen Spiel. Und nebenbei lernt man auch noch was.

Von Christoph von Eichhorn

Ok, wir wissen es ja: Klimawandel und Klimaschutz sind häufig anstrengende Themen. Die Zusammenhänge sind komplex, die Lösungen lassen manchmal lange auf sich warten (obwohl sie prinzipiell auf dem Tisch liegen). Nachvollziehbar, dass viele Menschen da mental abschalten, wenn sie Nachrichten zum Klimawandel serviert bekommen (Sie zum Glück nicht, liebe Leser!).

Dass Infos zur Erderwärmung aber auch ganz anders aussehen und sogar Spaß machen können, beweist gerade die Financial Times. Die Kollegen haben ein grandioses Mini-Spiel für Browser oder Handy entwickelt. In "The Climate Game" (bislang leider nur auf Englisch) wird der Nutzer zum Handelnden, und zu was für einem. Denn wie das Spiel anfangs erklärt, wollen die Staatenlenker endlich ernst mit Klimaschutz machen und ernennen Sie zum "globalen Minister für zukünftige Generationen". Ziel ist es nun, die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wie im Vertrag von Paris angestrebt.

Man hat dazu 100 Punkte zur Verfügung, die man rundenweise für verschiedene Maßnahmen gegen die Erderwärmung ausgeben kann. In der Frage der Elektrizitätserzeugung steht man etwa vor der Entscheidung, ob man neue Kohlekraftwerke gleich verbieten soll (kostet mehr Punkte) oder eher darauf setzt, dass der Markt die Sache alleine regelt (kostet weniger). Soll man entweder auf bessere Batterien setzen oder doch lieber auf grünen Wasserstoff? Den Methan-Ausstoß gleich angehen oder doch erst CO₂? Man muss klug vorgehen, denn verschleudert man anfangs zu viele Punkte, bleiben am Ende womöglich nicht mehr genug für wichtige Aufgaben. Mit guten Entscheidungen kann man sich aber auch Punkte als Belohnung zurück holen - etwa wenn Investitionen in Erneuerbare Energien zu einem Aufschwung und Millionen neuer Arbeitsplätze geführt haben.

Gespielt wird über drei Runden mit je einigen Fragen, bis man im Jahr 2050 angelangt ist. Zwischendurch wird Bilanz gezogen, wie schnell die Emissionen in einzelnen Sektoren gefallen sind. Auf äußerst charmante Weise werden komplizierte Daten dadurch so aufbereitet, dass man sich gerne damit beschäftigt.

Überhaupt lernt man sehr viel im Verlauf des Spiels, ohne das Gefühl zu haben, etwas lernen zu müssen. Etwa, wenn zwischendurch die Hiobsbotschaft über einen wackelnden Kipppunkt im Klimasystem hereinplatzt (Westantarktischer Eisschild vor dem Kollaps!), was an die Dringlichkeit der Aufgabe erinnert.

Das Ganze basiert auf Emissionsmodellierungen der Internationalen Energieagentur IEA und weiteren Studien, hat also ein recht solides wissenschaftliches Fundament. Trotzdem muss natürlich vieles vereinfacht werden. Ob etwa eine einfache Werbekampagne Klimaskeptiker von der Notwendigkeit von Einschnitten überzeugt, ist realistisch betrachtet eher fraglich.

Aber vielleicht sind Sie an dieser Stelle eh schon abgetaucht, um die Welt zu retten. Daher in den Worten der FT: Viel Glück! Der Planet zählt auf Sie.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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