SZ-Klimakolumne:Es war einmal der Sternenhimmel

Lesezeit: 2 Min.

Immer wieder spektakulär, wenn es denn dunkel genug ist: die Milchstraße am Nachthimmel. (Foto: Peter Komka/dpa)

Während die Klimakrise die Erde verändert, lässt die Lichtverschmutzung Sterne vom Himmel verschwinden. Zwischen beiden Phänomenen gibt es frustrierende Gemeinsamkeiten - und leider einen großen Unterschied.

Von Marlene Weiß

Wenn man sich regelmäßig mit dem Klimawandel beschäftigt, hat man viel mit Verlust zu tun. Schnee wird seltener, Arten sterben regional aus, die einst noch recht häufig waren, Dinge, die man kannte und für selbstverständlich hielt, verändern sich oder sind einfach weg.

Aber Verluste gibt es nicht nur in der Natur, sondern sogar am Himmel: Kürzlich haben Wissenschaftler im Fachmagazin Science berichtet, dass die Zahl der sichtbaren Sterne am Nachthimmel noch schneller abnimmt als angenommen - es ist nachts einfach zu hell, um noch viel zu erkennen. Wenn es so weitergeht, haben die Forscher vorgerechnet, ist der Sternenhimmel vielerorts bald dramatisch ausgedünnt. Ein Kind, das heute an einem Ort geboren wird, wo man bei klarem Himmel 250 Sterne sehen kann, würde dann an seinem 18. Geburtstag nur noch 100 sehen.

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Zugegeben, mit dem Klimawandel hängt dies nur sehr indirekt zusammen. Die Dauerbeleuchtung schadet vielen Tieren, die ohnehin schon unter der Erderwärmung leiden, und verstärkt somit einen Effekt der Klimakrise. Und natürlich verbrauchen all die sinnlosen Lichter auch Energie, die immer noch zu großen Teilen fossil erzeugt wird. Aber eine frustrierende Parallele gibt es allemal: Lichtverschmutzung ist sinnlos, schädlich und raubt Menschen zumindest in städtischer Umgebung ein Naturwunder, und trotzdem können oder wollen wir sie nicht abstellen.

Ich habe ja nichts gegen Straßenlaternen, aber völlig unnötige oder auch noch nach oben gerichtete Beleuchtung kann mich wirklich zur Verzweiflung treiben. Und wann ich die Spur der Milchstraße am Himmel zuletzt gesehen habe, weiß ich schon nicht mehr genau, in München vor meiner Haustür war es jedenfalls nicht.

Ich kann manchmal gar nicht sagen, ob ich über solche Dinge eher traurig oder doch vor allem wütend bin. Falls es Ihnen ähnlich geht: Meine Kollegin Vera Schroeder hat vor einiger Zeit einmal Wissenschaftler über ihre Gefühle zum Klimawandel und ihren Umgang damit befragt. Traurigkeit wurde mehrfach genannt, auch Wut - aber überraschend viel war von Hoffnung die Rede, das fand ich sehr ermutigend. Und das Gute an der Lichtverschmutzung ist immerhin: Sollte es eines Tages gelingen, sie deutlich zu verringern, wird jeder einzelne heute unsichtbare Stern noch da sein, als wäre nie etwas gewesen (etwaige Supernovae, die sich bis dahin ereignen könnten, mal ausgenommen). Wenn es mit den CO₂-Emissionen doch nur genauso wäre.

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