Immunschwäche:HIV-Impfstoff schützt nicht wie erhofft

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Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) gelten auch für die neuen Corona-Impfstoffe. (Foto: Christophe Papke via www.imago-images.de/imago images/Westend61)

Große Erwartungen lagen auf dem Impfstoffkandidaten, der vor einer Infektion mit dem Aids-Erreger HIV schützen sollte. Doch im Test fällt das Mittel durch.

Ein besonders aussichtsreicher Impfstoffkandidat gegen die Immunschwächekrankheit Aids schützt nicht ausreichend vor einer HIV-Infektion. Das gab der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson nach der Begutachtung von Daten der entscheidenden klinischen Studie bekannt. "Wir sind enttäuscht von diesem Ergebnis", sagte die verantwortliche Forscherin Penny Heaton laut einer Mitteilung des Herstellers. Die Phase-III-Studie "Mosaico" mit 3900 Probanden werde beendet.

Laut dem HIV-Experten Hendrik Streeck, der am Rande an der Studie beteiligt war, hatte kein anderes Präparat so gute Aussichten gehabt. Die nun veröffentlichten schlechten Ergebnisse der Studie hätten die Suche nach einem Impfstoff "deutlich zurückgeworfen", sagt der Leiter des Instituts für Virologie der Uni Bonn. "Bis vor Kurzem habe ich noch gehofft, dass dieser Impfstoff funktionieren könnte." So hätten Affen im Versuch eine sehr gute Immunantwort gegen das Virus gezeigt. Allerdings war im Jahr 2021 bereits eine Studie ("Imbokodo") zu einem ähnlichen HIV-Impfstoff gestoppt worden, das habe auch die Erwartungen an die "Mosaico"-Studie gedämpft.

1,5 Millionen Menschen stecken sich jedes Jahr mit dem HI-Virus an

Der Impfstoff von Johnson & Johnson ist ein sogenannter vektorbasierter Impfstoff. Dabei wird ein abgeschwächtes Erkältungsvirus genetisch so verändert, dass es einen Bauplan für Teile des HI-Virus in Zellen einschleusen kann, damit das Immunsystem Antikörper gegen HIV produziert. Zusätzlich wird das Immunsystem noch durch das Oberflächenprotein des HI-Virus angeregt. Insgesamt sollten vier Impfdosen notwendig sein.

Der Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids ist global gesehen eine der größten medizinischen Herausforderungen. Zuletzt steckten sich rund 1,5 Millionen Menschen pro Jahr mit HIV an. Wenn eine Infektion nicht behandelt wird, schwächt das Virus das Immunsystem so stark, dass lebensgefährliche Krankheiten auftreten. Man spricht dann von Aids (Erworbenes Immunschwäche-Syndrom).

Zwar gibt es für Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko mittlerweile Medikamente, die vor einer Ansteckung schützen (PrEP). Dabei wird eine tägliche Einnahme empfohlen. Zudem gibt es Arzneimittel, die bei infizierten Menschen die Vermehrung des Virus hemmen, sodass die Krankheit Aids nicht ausbricht.

Einen Impfstoff gibt es bislang aber noch nicht, denn das Virus stellt Forscher vor besondere Herausforderungen. So komme das HI-Virus in vielen verschiedenen Varianten vor und verändere sich vergleichsweise schnell, sagt Streeck. Das macht es schwer, einen Impfstoff zu entwickeln, der breit schützt. Außerdem habe das Virus eine besondere Oberfläche, die - durch den Impfstoff angeregte - Immunstoffe vergleichsweise schwer angreifen können.

Eine weitere Herausforderung sei, dass ein Impfstoff dazu führen müsste, dass man eine komplett schützende, also sterile, Immunität erzeugen muss. Eine vorübergehende oder leichte Infektion trotz Impfung gibt es bei HIV nicht, da der Erreger direkt das Immunsystem angreift.

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