Umwelt:Harpyien sind bedroht

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Harpyien zählen zu den größten Greifvögeln der Welt. (Foto: Andre Penner/AP)

Die großen Greifvögel des Amazonas-Regenwalds haben wegen des Raubbaus am Wald zunehmend Mühe, ihre Jungen zu ernähren.

Von Marlene Weiß

In der griechischen Mythologie verkörpern Harpyien die Sturmwinde. Der Meeresgott Thaumas nahm Okeanos' Tochter Elektra zum Weibe, heißt es bei Hesiod. Diese brachte dann zwei Harpyien zur Welt, Okypete und Aello, "welche der Wind' Anhauch und himmlische Vögel erreichen, Rasch mit der Fittiche Schwung; denn sie heben sich über die Luft hin". Andere Autoren nennen auch Podarge und Kelaino, die Unheilvolle. Der Ruf der Harpyien ist nicht der beste: Sie werden als hässliche, bösartige Dämonen beschrieben, Mischwesen aus Frau und Vogel.

Tatsächlich aber sind Harpyien auch Namensgeber einer der größten Greifvogelarten der Welt, Harpia harpyja, deren Lebensraum vor allem in Brasilien und den Nachbarländern rund um das Amazonasbecken liegt. Und statt Abscheu könnten sie Schutz gebrauchen. Wie eine Gruppe um Everton Miranda von der University of KwaZulu-Natal in Südafrika in Scientific Reports berichtet, haben die echten Harpyien in den stark von Entwaldung betroffenen Gebieten im einstigen Regenwald zunehmend Schwierigkeiten, ihre Jungen zu ernähren.

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Das Team beobachtete 16 Harpyiennester in Landschaften, die in unterschiedlichem Maße von Abholzung betroffen waren: Manche gar nicht, in anderen waren nur noch 15 Prozent des ursprünglichen Baumbestands vorhanden. 306 Beutetiere konnten die Forscher identifizieren. Dabei stellten sie fest, dass die Greifvögel wenig flexibel in der Beutewahl sind: Sie jagten in entwaldeten Gebieten keine Tiere aus der offenen Landschaft, sondern blieben bei ihrer traditionellen Ernährung, die auf Tieren aus dem Baumkronendach beruht. Die häufigsten Beutetiere waren Zweifinger-Faultiere und Kapuzineraffen.

Das erwies sich als fatal in Gebieten, in denen der ursprüngliche dichte Regenwald nicht mehr existiert. Mit Ausnahme einiger Waldrandzonen fanden die Forscher überhaupt keine Nester in Gebieten, die mehr als 70 Prozent des Waldes verloren hatten. Wo nur noch weniger als die Hälfte des ursprünglichen Waldes übrig war, verhungerten die Jungtiere, weil die Eltern zu selten und zu wenig Nahrung heranschaffen konnten.

Das untersuchte Gebiet im nördlichen Teil des brasilianischen Bundesstaats Mato Grosso liegt im "Entwaldungsbogen", dem südöstlichen Rand des Amazonasgebiets, wo ein großer Teil der Verluste stattfindet. Die Autoren schätzen, dass etwa 35 Prozent der betrachteten Region aufgrund des Waldrückgangs nicht mehr für brütende Harpyien-Paare geeignet ist. Das Tempo der Regenwaldverluste in Brasilien hat sich seit 2014 in etwa verdoppelt, wobei der Wald zu Beginn des Jahrtausends noch schneller schrumpfte. Insgesamt ist bereits rund ein Fünftel des einstigen Regenwaldes zerstört.

Noch erreichen geschätzt einige Zehntausend Harpyien im Regenwald "der Winde Anhauch", die Weltnaturschutzunion IUCN führt die Art nur auf der Vorwarnliste, bei negativem Populationstrend. Aber rasch mit der Fittiche Schwung fliegt auch der Lebensraumverlust.

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