Die "Charlotte am Campus" macht vor, wie die Energiewende in Deutschland künftig deutlich vorankommen könnte. Das 2016 fertiggestellte Neubauprojekt in Berlin-Adlershof umfasst in mehreren zwei- bis sechsgeschossigen Gebäuden 121 Wohnungen. Auf den Dachflächen von insgesamt 1875 Quadratmetern hat die Charlottenburger Baugenossenschaft in Kooperation mit der Berliner Energieagentur eine Photovoltaik-Anlage (PV) installiert. Der Jahresertrag liegt bei 58 Megawattstunden (MWh). 71 Haushalte haben sich dafür entschieden, den damit erzeugten Strom kostengünstig zu beziehen. Damit sollen im Vergleich zur herkömmlichen Stromerzeugung jährlich 48 Tonnen CO₂-Ausstoß vermieden werden.
Etwa 1,4 Millionen Mieter in Deutschland könnten bald günstigen Solarstrom beziehen
Eigenheimbesitzer, die sich mit Solarstrom selbst versorgen, gibt es bereits viele. Mehrgeschossige Mietshäuser, in denen Strom erzeugt und gleich genutzt wird, sind hingegen selten. Über ein paar Dutzend Pilotprojekte geht der Bestand bisher nicht hinaus. Das kann sich bald ändern. Nach erfolgreicher Notifizierung durch die EU tritt das vom Deutschen Bundestag beschlossene Photovoltaik-Mieterstromgesetz rückwirkend zum 25. Juli 2017 in Kraft. Es soll dazu beitragen, dass die Energiewende auch in den Städten effektiver umgesetzt wird. Dadurch können auch Mieter von Kostenvorteilen der erneuerbaren Energien profitieren.
Als Mieterstrom wird Strom bezeichnet, der von Solaranlagen auf einem Mietshaus erzeugt und direkt von den Hausbewohnern verbraucht wird. Der Vorteil: Die Energie muss nicht eingespeist werden und entlastet so die Stromnetze. So entfallen auch Kosten wie Netzentgelte oder die Stromsteuer. Für die Vermieter fallen allerdings viele Kosten an, zum Beispiel für die Abrechnung, den Vertrieb oder Messungen. Bisher haben sich Mieterstrommodelle daher kaum durchgesetzt. Das in diesem Sommer verabschiedete Mieterstromgesetz soll das ändern. Eine Förderung von bis zu 3,8 Cent pro Kilowattstunde macht das Modell für Vermieter attraktiver und auch für Mieter günstiger. Der von den Mietern nicht verbrauchte Strom wird ins Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist und vergütet. Die neue Mieterstrom-Förderung ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) verankert. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet damit, dass bis zu 3,8 Millionen Wohnungen mit Mieterstrom versorgt werden können. Lars Klaassen
In den 20 größten deutschen Städten gibt es ein Potenzial von bis zu 33 000 Photovoltaik-Anlagen, allein auf Gebäude bezogen, die mehr als 13 Wohneinheiten umfassen. Etwa 1,4 Millionen Mieter könnten damit preiswerten Solarstrom beziehen. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Potenzialanalyse für solaren Mieterstrom, die der Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Deutsche Mieterbund (DMB), der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) vor Kurzem in Berlin vorgestellt haben. Vermietern, die mit einer PV-Anlage Solarstrom erzeugen und diesen an ihre Mieter weitergeben, waren bislang enge Grenzen gesetzt.