Artenschutz:Arten retten leicht gemacht

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Der Dolden-Milchstern gehört zu den gefährdeten Arten, die in Bayern auf Balkonen und Gärten gut gedeihen. (Foto: Karin Jähne/imago images)

Wer auf dem Balkon Bergminze statt Geranien anpflanzt, leistet einen wertvollen Beitrag für mehr Biodiversität.

Von Tina Baier

Bedrohte Pflanzen zu retten, ist einfach: Man nehme einen Blumentopf, etwas Erde und sieben Euro. Damit kann man zwei Kleinblütige Bergminzen (Calamintha nepeta) kaufen, die aus der Natur schon fast verschwunden sind. Einpflanzen, gießen, auf den Balkon oder das Fensterbrett stellen - fertig.

"Balkone und Gärten können wichtige Refugien für bedrohte Pflanzenarten sein", sagt Ingmar Staude. Der Botaniker von der Universität Leipzig ist überzeugt davon, dass das gezielte Anpflanzen bedrohter Pflanzenarten auf privaten Grundstücken helfen könnte, die Biodiversitätskrise in Deutschland und anderswo abzufedern. Die Artenschutz-Methode, bei der jeder und jede mitmachen kann, hat auch schon einen offiziellen Namen: "Conservation Gardening".

"41 Prozent aller Pflanzenarten, die in Deutschland als bedroht gelten, sind für das Conservation Gardening geeignet", sagt Staude. Das heißt, sie sind nicht allzu kompliziert zu pflegen und - ganz wichtig - man kann sie beim Gärtner oder im Internet kaufen.

In einer Studie, die kürzlich im Wissenschaftsjournal Scientific Reports erschienen ist, hat Staude gemeinsam mit Kollegen für jedes einzelne Bundesland untersucht, welche Pflanzen genau durch Conservation Gardening gerettet werden könnten. Dazu haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen analysiert, welche Bedürfnisse die Pflanzen auf den jeweiligen Roten Listen der einzelnen Bundesländer haben und ob man sie kaufen kann.

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"Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern sind relativ groß", sagt Staude. In Hamburg beispielsweise sind 352 von 670 gefährdeten Arten geeignet, darunter die Rundblättrige Glockenblume, das Echte Labkraut und das Gemeine Leimkraut. Alle drei stehen in Hamburg in Kategorie drei der Roten Liste (gefährdet) und kosten unter vier Euro pro Pflanze. In Bayern sind der Untersuchung zufolge dagegen nur 321 von 1123 Pflanzenarten auf der Roten Liste geeignet: neben der Kleinblütigen Bergminze zum Beispiel auch der Dolden-Milchstern und die Felsennelke.

"Die bisherigen Bemühungen, das Artensterben zu stoppen, haben nichts gebracht", sagt Staude. Der Verlust der Biodiversität geht unvermindert weiter und nimmt sogar immer mehr an Fahrt auf. Weltweit gelten etwa 40 Prozent aller Pflanzenarten als vom Aussterben bedroht. Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass das sechste Massenaussterben in der Geschichte des Planeten begonnen hat, ausgelöst durch eine einzige Art: den Menschen.

Conservation Gardening könnte sozusagen aus der Not eine Tugend machen und die sonst fast immer schädliche Omnipräsenz des Menschen nutzen, um gefährdeten Spezies zu helfen. Vielen der bedrohten Pflanzen ist nämlich gemein, dass sie in der Natur keine Chance haben, weil sie von anderen Arten, die besser mit der Überdüngung der Böden zurechtkommen, überwuchert und verdrängt werden. Im Garten und auf dem Balkon könnten Menschen darauf achten, dass das nicht passiert.

Allein in Deutschland gibt es etwa 17 Millionen Privatgärten, die genaue Fläche ist nicht bekannt, aber sie ist riesig. Wenn Menschen nur auf einem Bruchteil davon bedrohte Pflanzen hegen und pflegen würden, könnte das durchaus einen messbaren Effekt haben.

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