Wirtschaftspolitik - Düsseldorf:NRW-Wirtschaft behauptet sich trotz flacher Konjunktur

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Trotz bundesweit abgekühlter Konjunktur hat sich die wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen laut Prognose des Essener Forschungsinstituts RWI stabilisiert. Entgegen deutlich größerer Rückstände in früheren Jahren wird NRW demnach in diesem Jahr mit einem Plus von 0,3 Prozent nur minimal hinter dem bundesweiten Wirtschaftswachstum von voraussichtlich 0,4 Prozent hinterherhinken. Das geht aus dem aktuellen Konjunkturbericht des Forschungsinstituts RWI für das NRW-Wirtschaftsministerium hervor, den Ressortchef Andreas Pinkwart (FDP) am Montag in Düsseldorf vorgestellt hat.

"Die Wachstumslücke gegenüber dem Bund ist nahezu geschlossen", bilanzierte der Minister. "Der befürchtete konjunkturelle Einbruch ist ausgeblieben." Vor allem Konsum und Bauwirtschaft hätten für positive Akzente gesorgt. Selbst die bundesweit schwache Industriekonjunktur habe NRW mit einem Rückgang von 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr weniger stark getroffen (Bund: minus 4,1 Prozent).

Allerdings ziehe die schwächelnde Industrieproduktion zunehmend auch produktionsnahe Dienstleistungen in Mitleidenschaft, stellte Pinkwart fest. Dies sei eine ernste Entwicklung, denn die Industrie stelle in NRW etwa 20 Prozent aller Arbeitsplätze und weitere 20 Prozent bei produktionsnahen Dienstleistungen.

Die Beschäftigung wachse in NRW sogar schneller als in Deutschland insgesamt, unterstrich Pinkwart. Das RWI erwartet für das Gesamtjahr 2019 einen Beschäftigungszuwachs um 1,9 Prozent (Bund: 1,5 Prozent). "Das entspricht mehr als 120 000 neuen Stellen", sagte Pinkwart.

Negativ sei allerdings die weiterhin unterdurchschnittliche Erwerbsquote in NRW, stellte Konjunkturforscher Roland Döhrn fest. Bei den Frauen war sie 2018 in NRW laut RWI-Bericht mit knapp 71 Prozent sogar die zweitniedrigste unter allen Bundesländern.

Zudem führen die Forscher die insgesamt niedrige Erwerbsquote auf einen "Entmutigungseffekt" zurück. In NRW gebe es vergleichsweise viele Langzeitarbeitslose, erklärte Döhrn. Viele von ihnen schätzten ihre Beschäftigungschancen als so aussichtslos ein, dass sie ihre Arbeit gar nicht mehr anböten.

Der Präsident der Industrie- und Handelskammern NRW, Thomas Meyer, forderte verlässliche Betreuungsangebote, damit mehr Frauen arbeiten könnten. "Der Fachkräftemangel ist eines der größten Risiken", warnte er. Im kommenden Jahr werde sich die Lücke allein in NRW auf 365 000 fehlende Kräfte summieren - bis 2030 voraussichtlich auf 740 000. Die Wirtschaft benötige dringend mehr Praktiker mit dualer Ausbildung statt der zunehmenden Zahl an Akademikern, betonte Meyer.

Insgesamt blicken die Experten verhalten optimistisch bis besorgt in das kommende Jahr. Der RWI-Forscher sieht konjunkturelle Anzeichen, "dass man etwas zuversichtlicher nach vorne schauen kann". Dagegen vermeldete die IHK NRW, gestützt auf ihre alljährliche Herbst-Umfrage bei über 6700 Unternehmen aus allen Branchen in NRW, einen "Ausblick mit Sorge".

Während im Sommer noch über 90 Prozent der Befragten ihre Lage als gut oder befriedigend eingeschätzt hätten, sei der Wert jetzt auf 88 Prozent zurückgegangen, berichtete Meyer. Das internationale Umfeld - der drohende Brexit und die protektionistische Politik etwa der USA - verunsicherten die Unternehmer.

"Bund und Land müssen mit ihrer Wirtschaftspolitik versuchen, die mittelständische Industrie zu befeuern", forderte Meyer. Nötig seien bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und eine entlastende Unternehmenssteuerreform.

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