Es klingt nach einem echten Traumjob: Transformationspilot beziehungsweise Transformationspilotin. Wer will das nicht schon gern werden? Mit der Aussicht auf diesen tollen Titel lockt eine große Kampagne VW-Mitarbeiter für Mittwochabend um 19 Uhr in das Wolfsburger IG-Metall-Haus. "Wir wollen mitentscheiden, was, wie und wo produziert wird", wird da versprochen, auf einer Internetseite, aber auch auf Flyern, die am VW-Werkstor verteilt wurden und in Wolfsburger Briefkästen landeten. An Ideen mangelt es den Initiatoren nicht: Im VW-Stammwerk sollen künftig statt Autos auch "Produkte wie Busse, Bahnen und Lastenräder" entwickelt und produziert werden. Am Ende des Ganzen stehe die Vergesellschaftung des ganzen Konzerns, VW als Gemeineigentum. "Das Werk in unser aller Hand — von allen für alle", so lautet der Slogan dazu.
Der Haken an der Sache: Die IG Metall, traditionell eine Macht im VW-Konzern, weiß nichts von den Vergesellschaftungs-Plänen. Ganz im Gegenteil: Die Gewerkschaft prüft gerade, juristisch gegen die Urheber der Kampagne vorzugehen. Vor allem gefälschte Zitate von IG-Metall-Funktionären und ein falsches Impressum auf der Webseite will die Gewerkschaft nicht auf sich sitzen lassen. Da wird beispielsweise der 2. Vorsitzenden der IG Metall, Christiane Benner, folgendes Zitat in den Mund gelegt: "Wir müssen offen bleiben für revolutionäre Momente, in denen man bestimmte Dinge auf einmal tun kann". Trotzdem ist die Kampagne noch online.
Von einer Firma in Kanada aus führt die Spur des Urhebers auf die Seychellen
Wer hinter all dem steckt, ist noch nicht bekannt. Die IG Metall vermutet, dass die Erfinder der Fake-Kampagne aus dem Umfeld von Klimaaktivisten kommen. Erste Versuche, den Urheber der Webseite, die sich "Unsere Arbeit - Unser Werk" nennt, auffindbar zu machen, waren laut eines Gewerkschaftssprechers erfolglos. Von einer Firma in Kanada führte die Spur auf die Seychellen, erzählt er. Dass die Klimaaktivisten wirklich dort auf einer Insel sitzen und den Umbau des Autokonzerns vorantreiben - eher unwahrscheinlich.
Man sei immer bereit, konstruktiv über Transformation und Klimawandel zu diskutieren, heißt es von der IG Metall. In diesem Fall seien die Grenzen eines kreativen Protests aber überschritten.
Was Volkswagen angeht, sind die Vorschläge ziemlich weit von der Realität entfernt. Denn VW tut sich gerade schon schwer genug, vom Verbrenner-Antrieb auf Elektroautos umzusteigen. Die Nachfrage nach den Stromern aus Wolfsburg ist aktuell eher bescheiden. Dazu gibt es ein internes "Performance-Programm" bei der Marke VW, mit dem in den kommenden Jahren Milliarden Euro eingespart werden sollen. Ob die Performance mit Straßenbahnen besser wäre? Vorsichtshalber wird die IG Metall am Mittwochabend um 19 Uhr im IG-Metall-Haus mal schauen, wie viele Transformationspilotinnen und -piloten dort einfliegen.