Arbeitsmarkt:Delta-Variante stoppt den Beschäftigungsboom in den USA

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Menschen warten in Salt Lake City, USA, vor einem Arbeitsamt. Die Beschäftigung in den USA legt nur bescheiden zu. (Foto: Rick Bowmer/dpa)

Die Zahl der Erwerbstätigen steigt im Juli um lediglich 235 000. Für Wirtschaft und Politik ist das zugleich eine gute wie auch eine schlechte Nachricht.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Was ist das nun - eine gute oder eine schlechte Nachricht? Die Zahl der Beschäftigten in den USA ist im August im Vergleich zum Vormonat um 235 000 gestiegen, die Landwirtschaft ausgenommen. Das Plus fiel damit drastisch geringer aus als im Juli, was darauf hindeuten könnte, dass der Konjunkturaufschwung nach Überwindung der Corona-Rezession im Laufe des Sommers womöglich deutlich an Schwung verloren hat. Zugleich sinkt damit aber auch das Risiko, dass der jüngste starke Anstieg der Inflationsrate eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzt, die die US-Notenbank Fed dazu zwingt, die geldpolitischen Zügel deutlich rascher und stärker anzuziehen als bisher geplant. Wie doppeldeutig der Arbeitsmarktbericht ausfiel, zeigt auch die Kursentwicklung an der New Yorker Aktienbörse, die sonst blitzschnell reagiert: Diesmal passiert erst einmal - nichts. Lediglich die Anleihekurse fielen leicht.

Dass die Beschäftigung nur so bescheiden zulegt, hatte in einer Vorabumfrage der Agentur Bloomberg kaum ein Experte erwartet. Stattdessen waren die Fachleute im Mittel von einem Zuwachs um etwa 733 000 ausgegangen. Selbst das hätte bereits einen drastischen Rückgang im Vergleich zum Juli bedeutet, als die Firmen in den USA fast 1,1 Millionen Menschen zusätzlich eingestellt hatten.

Schuld an dem Einbruch im August ist wohl vor allem die Delta-Variante des Coronavirus, die auch in den USA die Zahl der Neuinfektionen wieder massiv in die Höhe getrieben hat und die Wirtschaftsentwicklung zunehmend belastet. Nachdem in den vergangenen Monaten vor allem Restaurants und Betriebe aus dem Bereich der körpernahen Dienstleistungen wie Physiotherapiepraxen und Kosmetikstudios teils in großem Stil Personal eingestellt hatten, warten viele Betriebe nun offensichtlich erst einmal wieder ab. Zugleich wächst die Zahl der potenziellen Kunden, die aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus Restaurantbesuche, Kinoabende oder andere Freizeitaktivitäten erneut verschieben.

Für die Fed gehört der monatliche Arbeitsmarktbericht zu den entscheidenden Indikatoren, an denen sie ihre Politik ausrichtet. Viele Beobachter waren zuletzt davon ausgegangen, dass die Notenbank in diesem November damit beginnen könnte, ihre Wertpapierkäufe im Volumen von 120 Milliarden Dollar im Monat zurückzufahren, mit denen sie die langfristigen Kreditzinsen niedrig hält und die Wirtschaft nach dem Corona-Schock stützt. Sollten auch die Beschäftigtenzahlen im September und Oktober mäßig ausfallen, könnte die Fed die Kurskorrektur aber auch auf das nächste Jahr verschieben. Andererseits hatte Notenbankchef Jerome Powell erst vor Tagen erklärt, trotz Delta-Variante seien "die Aussichten auf weitere Fortschritte in Richtung Vollbeschäftigung gut". Zumindest die Arbeitslosenquote, die in der US-Statistik in keinem direkten Verhältnis zur Beschäftigtenzahl steht, gab ihm nun Recht: Sie fiel im August von 5,4 auf 5,2 Prozent.

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