Wolfgang Grupp:Eine Rampensau geht in den Ruhestand

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So kennt man ihn: Wolfgang Grupp in Maßanzug, mit Krawatte und akkuratem Seitenscheitel. (Foto: Friedrich Bungert)

Nach mehr als 50 Jahren gibt Wolfgang Grupp den Textilhersteller Trigema an seine Kinder ab. Er gilt als einer der letzten Patriarchen Deutschlands - und ist umstritten.

Von Tobias Bug

Irgendwann ist auch mal für einen wie Wolfgang Grupp Schluss. Immerhin hat er schon 81 Lebensjahre und 54 Jahre als Geschäftsführer und Inhaber von Trigema auf dem Buckel. Der stets polarisierende Firmenboss übergibt Anfang 2024 den Sport- und Freizeitbekleidungshersteller an seine beiden Kinder: Sohn Wolfgang Grupp junior wird Geschäftsführer und persönlich haftender Gesellschafter, Tochter Bonita Grupp steigt in die Geschäftsführung ein.

Trigema ist einer der letzten Textilhersteller Deutschlands, der seine Produktion noch nicht in Billiglohnländer ausgelagert hat. Darauf sind die Grupps sehr stolz: Trigema war vor allem durch Fernsehspots bekannt geworden, in denen ein sprechender Schimpanse als Nachrichtensprecher an den Firmensitz nach Burladingen auf der Schwäbischen Alb schaltete. Dort lief dann der Patriarch Grupp senior mit sorgsam gescheitelten Haaren, in Maßanzug, lila Krawatte und Einstecktuch an seinen Schneidern vorbei und rief: "Wir werden auch in Zukunft nur in Deutschland produzieren und unsere Arbeitsplätze sichern."

Grupp mit Schimpanse. (Foto: Patrick Seeger/picture alliance / dpa)

Grupp senior und seine 24 Jahre jüngere Ehefrau Elisabeth, die weiter den Direktvertrieb leiten wird, hatten die Kinder lange auf diesen Moment vorbereitet. Sie schickten sie aufs Internat, zum Studium an die London School of Economics und nahmen sie vor rund zehn Jahren in den Betrieb.

Im Firmenstatement sprechen Bonita und Grupp junior von "Demut, Achtung und Respekt" für die Verdienste des Vaters. Der habe über Jahrzehnte gezeigt, dass es möglich sei, in Deutschland zu produzieren, lässt Wolfgang Grupp junior sich zitieren. Als neuer Geschäftsführer wolle er zeigen, dass das auch "in Zeiten globaler Instabilität" und schwindenden natürlichen Ressourcen weiter möglich sei. In den vergangenen Jahren hatte der heute 32-Jährige die Digitalisierung bei Trigema vorangetrieben. Seine zwei Jahre ältere Schwester Bonita Grupp hatte das Online-Geschäft mit aufgebaut.

Der Patriarch im trauten Kreis der Familie, mit Grupps Frau Elisabeth und seinen Kindern Bonita und Wolfgang (von links). (Foto: Annette Cardinale Fotografie)

Sie sagte in einem SZ-Interview vor zwei Jahren, der Kreis der Gesellschafter solle klein bleiben. Man sehe ja in anderen Familienunternehmen, "wie schwierig es werden kann, wenn mehrere Gesellschafter mitbestimmen und sich dann in die Haare geraten". Weil ihr Vater eine Doppelspitze früh ausgeschlossen hatte, war lange spekuliert worden, wer denn nun übernehmen solle. Die Chance, nach mehr als 100 Jahren Betriebsgeschichte zum ersten Mal eine Frau an die Spitze zu setzen, haben die Grupps nun verstreichen lassen. Doch zumindest nach außen hin scheinen sie eine Lösung gefunden zu haben, mit der alle leben können.

Wolfgang Grupp senior war 27, als er Trigema im Jahr 1969 von seinem Vater German Grupp übernahm. Dieser hatte die Firma stark diversifiziert, Tochterunternehmen für Jerseys, Kunststoff und Strickwaren gegründet - und dafür mehr als fünf Millionen Euro an Kreditschulden angehäuft. Wolfgang Grupp besann sich auf das Kerngeschäft, führte Trigema aus den roten Zahlen und machte den Betrieb zu Deutschlands größtem T-Shirt- und Tennisbekleidungs-Hersteller. In Burladingen arbeiten heute rund 1160 Menschen für Trigema, 2022 machte die Firma einen Produktionsumsatz von 127,2 Millionen Euro.

Mehr als ein halbes Jahrhundert lang leitete Wolfgang Grupp Trigema, alles dreht sich um ihn. Er traf alle Entscheidungen in letzter Konsequenz selbst und haftete dafür als eingetragener Kaufmann mit seinem Privatvermögen. Zum Jahreswechsel wird Trigema eine Kommanditgesellschaft mit Wolfgang Grupp junior und Elisabeth Grupp als Gesellschafter.

Der modernen Arbeitswelt konnte der Senior nie etwas abgewinnen, er suchte immer wieder mit provokanten Äußerungen das Rampenlicht. Eine Frau, die in den Mutterschutz gehe, gebe "selbstverständlich die Führungsposition ab", meinte er zum Focus. Und der Stuttgarter Zeitung sagte er: "Home-Office gibt's bei mir nicht." Wenn einer zu Hause arbeiten könne, sei er unwichtig. Auch die Abnehmer seiner T-Shirts kritisierte er heftig: "Die größten Versager waren unsere Kunden", sagte er der SZ, und meinte damit Kaufhäuser und Versandhändler wie Karstadt, Kaufhof und Quelle. "Für die haben wir rote Teppiche ausgerollt - und diese Arschlöcher haben versagt."

Er, der alles immer besser machen wollte als andere, übergibt nun tatsächlich an seinen Sohn. Er vertraue den Fähigkeiten seiner Kinder, "den Fortbestand des Unternehmens zu gewährleisten und Trigema in eine sichere Zukunft zu führen", sagte Grupp. Die Rampensau geht in den Ruhestand - wird aber bestimmt weiter aus zweiter Reihe zu hören sein.

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