Elon Musk:Der Widerstand gegen Tesla wird immer größer

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Der Schriftzug des amerikanischen E-Auto-Bauers Tesla. (Foto: IMAGO/Bihlmayerfotografie)

Eine ziemlich schlechte Woche liegt im brandenburgischen Grünheide hinter dem US-Konzern: Die Bewohner stellen sich gegen die Ausbaupläne, Aktivisten besetzen einen Wald. Und jetzt ist da noch die Frage, was aus Teslas Abwasser wird.

Von Jan Heidtmann und Finn Walter

Umgangssprachlich würde man zu dem, was der Autobauer Tesla gerade im brandenburgischen Grünheide erlebt, sagen: Es läuft nicht. Innerhalb der vergangenen zehn Tage hat sich eine Welle an Ärger rund um das Werk des US-Konzerns aufgebaut, die an diesem Freitag einen vorläufigen Höhepunkt fand. Um zehn Uhr waren da die Mitglieder vom Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengekommen, Tagesordnungspunkt 3, nicht-öffentlicher Teil: Soll der WSE weiterhin Teslas Abwasser abnehmen?

Anlass sind die Grenzwerte für Phosphor und Stickstoff im Schmutzwasser der Fabrik, die regelmäßig überschritten werden. Doch während der WSE das moniert, sehen die Berliner Wasserwerke, die unter anderem die Abwässer für den WSE aufbereiten, derzeit kein Problem. Tesla reagierte auf die außerordentliche Sitzung mit einem Brandbrief an den WSE. "Ihnen ist bekannt, dass der Stopp der Einleitung der Abwässer der Gigafactory zu einem Produktionsstopp der Gigafactory führen würde", zitiert der Tagesspiegel daraus.

Die Kabale um das Abwasser sind der dritte Rückschlag, den das Unternehmen des US-Milliardärs Elon Musk in kürzester Zeit hinnehmen muss. Am Dienstag vorvergangener Woche hatte sich bereits eine Mehrheit der Bewohner von Grünheide gegen eine Expansion Teslas ausgesprochen. Das Unternehmen hatte geplant, weiteres Land zu bebauen und dafür auch rund hundert Hektar Kiefernwald zu roden. Das Ergebnis der Abstimmung ist für die Gemeinde nicht bindend; Bürgermeister Arne Christiani hat jedoch angekündigt, das Votum der Bewohner zu respektieren und den Bebauungsplan nicht wie gedacht in den Gemeinderat einzubringen.

"Saubere Autos sind eine dreckige Lüge", steht auf den Plakaten

In der Nacht zu diesem Donnerstag dann kam ein weiterer Schlag für Tesla: Ungefähr 80 Aktivisten der Initiativen "Tesla stoppen" und "Robin Wood" besetzten da den Wald auf dem mutmaßlichen Bauland. Mit der Aktion wollen sie sicherstellen, dass die Entscheidung der Bewohner auch tatsächlich ernst genommen werde, sagen sie. Und, dass sie gekommen seien, um zu bleiben. "Wasser ist ein Menschenrecht", ist auf den Plakaten im Kiefernwald zu lesen. Oder: "Saubere Autos sind eine dreckige Lüge."

Der Aufbau des Lagers wirkt professionell, als hätte man bereits Erfahrung mit dem Bau von Baumhäusern. An die zehn sind es am Freitag. Die Polizei hat angekündigt, die Besetzung zu dulden, vorerst bis zum 15. März, vielleicht auch länger. Nur wenige Hundert Meter entfernt verläuft der Zaun zur sogenannten Gigafabrik von Tesla. Er wird von zwei ungerührt dreinschauenden Polizisten bewacht. "Diese Politik treibt die Menschen in die Arme der AfD", sagt Manuela Hoyer von der "Bürgerinitiative Grünheide". "Alles wurde über die Köpfe der Leute hinweg entschieden."

In Grünheide in Brandenburg protestieren sie gegen Tesla. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Widerstand gegen die vierte Gigafabrik - der erste Produktionsstandort Teslas in Europa - hatte es immer wieder gegeben. Trotzdem gelang es dem Konzern mithilfe der brandenburgischen Landesregierung, das Werk südöstlich von Berlin in nur zwei Jahren aufzubauen. Inzwischen fertigen dort 12 500 Angestellte jährlich rund 300 000 Elektroautos. Noch ein Jahr nach der Eröffnung im März 2022 feierte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach den Produktionsstandort als Glücksfall für das Bundesland. "85 bis 90 Prozent" der Bevölkerung hießen "Tesla nach wie vor willkommen", sagte der SPD-Politiker damals.

Die Amerikaner durften bereits ohne endgültige Genehmigung losbauen

Dass sich die Stimmung nun derart gedreht hat, hat auch mit dem Vorgehen der Brandenburger Regierung zu tun. Mit dem Bau des Werkes wollte sie demonstrieren, wie schnell die Bürokratie des Landes sein kann. Dafür durfte das Unternehmen bereits ohne endgültige Genehmigungen bauen, auf eigenes Risiko: Sollte eine Genehmigung nicht erteilt werden, hätte Tesla den Ursprungszustand wieder herstellen müssen.

Außerdem beabsichtigt Tesla, sein Werk weiter auszubauen, mittelfristig sollen hier im Jahr eine Million Autos produziert werden. Die Erweiterung der Werksfläche ist davon weitgehend unabhängig, auf dem nun besetzten Gelände sollten nach Angaben von Tesla Lagerhallen, ein Betriebskindergarten und ein eigener Bahnhof entstehen. Zu viel für manche Bewohner in Grünheide.

An einem der vielen Seen in der Gemeinde sitzt Martin Hildebrandt und liest ein Buch. 2012 ist er mit seiner Familie aus Berlin hierhergezogen. Er habe sich ein Paddle Board gekauft, erzählt er: "Damit kann ich auf den See rausfahren und habe meine Ruhe." Seit Tesla da sei, seien die Strände viel zu voll geworden. Bei der Abstimmung zur Erweiterung des Tesla-Geländes habe er deshalb "Nein" angekreuzt. Jetzt sei er froh über die Besetzung des Waldstücks. "Ich habe kein Vertrauen, dass sich die Politik an das Votum hält", sagt er. Tesla würde vor allem ausländischen Arbeitskräften einen Job geben, er kenne jedenfalls niemanden, der bei Tesla arbeite.

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Solche Einzelmeinungen scheinen sich immer mehr zu Strömungen zu verdichten. Carsten Schneider, Sozialdemokrat und Ostbeauftragter der Bundesregierung, sagte am Freitag jedenfalls der dpa: "Früher wurde praktisch jedes Großprojekt begrüßt, solange es nur Arbeitsplätze brachte. Jetzt gibt es vereinzelt auch mal Widerstände. Das muss man bei der Planung künftig mitdenken."

Genau das hatte Tesla lange Zeit nicht getan. Das Unternehmen wirkte wie eine Blackbox. Das war insofern überraschend, als Tesla durchaus Rücksicht auf die Belange der Kritiker nimmt. So lässt das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Umweltschützern zum Ausgleich der Rodungen andernorts großflächig Wälder aufforsten. Außerdem sei das Werk nach eigener Auskunft in der Lage, das gesamte Wasser, das zur Produktion benötigt werde, zu recyceln.

Der Streit mit dem Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) ist kurioserweise genau aus diesem Grund entstanden. Der Vertrag mitsamt den Grenzwerten wurde geschlossen, als Tesla auch noch Wasser aus der Produktion ableitete. Inzwischen sind es vorwiegend Sanitärabwässer aus Toiletten und Küchen, die beim WSE ankommen. Phosphor und Stickstoff sind dort normale Bestandteile; da aber insgesamt weniger Abwasser ankommt, ist die Konzentration höher als ursprünglich vereinbart.

Inzwischen sucht das Unternehmen auch zunehmend Kontakt zur Bevölkerung. So hatte Tesla durch eine Art Roadshow durch die Gemeinde versucht, die Grünheider für seine Ausbaupläne zu gewinnen. "Wir respektieren das Referendum voll und ganz", kommentierte Tesla seine Niederlage bei der Abstimmung Mitte Februar. Es sei eine gute Gelegenheit, "unsere Arbeit mit der Gemeinde und allen Beteiligten zu verdoppeln".

Entwarnung gab es am Freitagnachmittag immerhin in der Abwasserfrage. Die Entscheidung, Tesla aus den WSE auszusperren, kam in der Sitzung nicht zur Abstimmung. Der Tagesordnungspunkt wurde vertagt. Stattdessen trat der Verbandsvorsitzende Henryk Pilz mit dem Kommentar zurück: "Die Lobbyisten haben gewonnen." Der WSE hatte Teslas Ansiedlung seit Langem wegen des Wasserverbrauchs kritisiert.

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