Steuerabkommen mit der Schweiz:Steinbrück und seine Genossen satteln die Pferde

Lesezeit: 2 Min.

Ein umstrittener Pakt mit der Schweiz: Geld, das Deutsche auf Schweizer Konten horten, wird künftig direkt im Land besteuert - von wem das Geld stammt, bleibt dem deutschen Fiskus weiter verborgen. Ob das Gesetz jemals in Kraft tritt, ist aber offen. Die SPD ist empört über den "rechtlich dubiosen" Vertrag - und kündigt eine Blockade im Bundesrat an.

Guido Bohsem

Das Steuerabkommen mit der Schweiz steht - zumindest was die Regierungen angeht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Schweizer Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterzeichneten den Vertrag zwischen den beiden Ländern am Mittwoch in Berlin.

Als Steuerhinterzieher verkleidete Bürger und ein Mann mit Schäuble-Maske jubeln während einer satirischen Protestaktion "Deutschlands Steuerbetrüger sagen Danke" vor dem Kanzleramt in Berlin. (Foto: dpa)

Zuvor hatte die Bundesregierung das Abkommen gebilligt, das Schäuble über Monate hinweg im Geheimen ausgehandelt hatte. Ziel ist es, die in der Schweiz angelegten Gelder deutscher Staatsbürger zu besteuern und dabei auch Steuerhinterziehern auf die Spur zu kommen.

Ob die neue Regelung jemals in Kraft tritt, ist allerdings völlig offen. Die SPD kündigte an, gegen das Vorhaben Front zu machen und es notfalls im Bundesrat zu blockieren. Sie hat dabei gute Karten. Die Zustimmung zumindest eines sozialdemokratisch regierten Landes ist notwendig, um das Abkommen endgültig zu besiegeln.

Stimmen alle SPD-Länder dagegen oder enthalten sie sich, muss Schäuble neu verhandeln. Eine andere Möglichkeit wäre, die derzeitig gültige Regelung unverändert zu lassen, wodurch meisten Steuerhinterzieher weiterhin ungeschoren davonkämen.

Das Steuerabkommen ist in zweigeteilt. Es regelt zum einen, wie Kapitaleinkünften in der Schweiz künftig besteuert werden - nämlich mit einem einheitlichen Steuersatz von etwa 26 Prozent. Dieser wird nach den gleichen Prinzipien erhoben wie die deutsche Abgeltungssteuer: an der Quelle und anonym. Strittiger ist hingegen die Frage, wie mit dem Vermögen Deutscher umgegangen wird, das sich bereits jetzt auf den Schweizer Konten befindet.

Als Grundlage wird demnach das Kapital genommen, das deutsche Staatsangehörige zum 31. Dezember 2010 auf Schweizer Konten deponiert hatten. Ermittelt wird zudem, wie lange das Geld bereits dort lagerte und welche Rendite es über die Jahre abgeworfen hat. Anhand dieser Daten wird dann ein Steuersatz errechnet, der auf das Kapital zu zahlen ist. Er soll zwischen 19 und 34 Prozent liegen.

Den fälligen Betrag überweist dann die Schweiz an die Bundesrepublik. Von wem das Geld im einzelnen stammt, erfährt der deutsche Fiskus nicht. Es sei denn, der Kontoinhaber wählt den Weg der Selbstanzeige, der weiter offen bleibt.

Wie viel Geld aus der Schweiz in die Kassen des deutschen Staates fließen wird, ist noch offen. Nach unterschiedlichen Schätzungen befinden sich insgesamt zwischen 130 bis 200 Milliarden Euro im Nachbarland. Von der künftigen Besteuerung des Kapitals erhofft sich Schäuble jährlich 1,6 Milliarden Euro. Im Gegenzug erleichtert das Abkommen den Schweizer Banken, eine Banklizenz in Deutschland zu erwerben.

Schäubles Amtsvorgänger Peer Steinbrück hat das Abkommen erneut verurteilt. Der Vertrag sei "rechtlich dubios, lückenhaft und nachlässig", erklärte er in der Zeit. Als unerklärlich bezeichnete er, dass der Fiskus künftig auf den Kauf von CDs mit Daten deutscher Steuerbetrüger verzichte. Steinbrück hatte einst die Verhandlungen ins Rollen gebracht, indem er die Schweiz massiv angegangen war: "Die Kavallerie in Fort Yuma muss nicht immer ausreiten, manchmal reicht es, wenn die Indianer wissen, dass sie da ist", hatte er gesagt. Jetzt fragt Steinbrück: "Warum satteln wir nicht wenigstens unsere Pferde?" Durch das Abkommen stellen sich die Deutschen, so Steinbrück, viel schlechter als die USA, die den Schweizer Banken mit Geschäftsverboten gedroht hatten. Gemessen daran sei der Deal ein "politisches Fiasko".

Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef im Bundestag, Joachim Poß, nennt die Beschlüsse inakzeptabel. "Ich halte das für einen unzulässigen Ablasshandel und eine Ohrfeige für alle steuerehrlichen Bürger." Er halte ein solches Vorgehen für nicht mehr vertretbar. Die SPD werde dagegen vorgehen.

© SZ vom 22.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: