Schuldenkrise:Merkel mahnt Einigung bis Montagmorgen an

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Kanzlerin Merkel in Brüssel. (Foto: AFP)
  • Angela Merkel drängt offenbar bis zur Öffnung der Börsen am Montag auf eine Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland.
  • Finanzminister Schäuble sieht keine Fortschritte in den Verhandlungen im Schuldenstreit.
  • Bis Ende des Monats müssen sich Griechenlands Regierung und Kreditgeber über Reformen im Land einigen. Sonst droht die Staatspleite.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Schuldenstreit mit Griechenland Insidern zufolge bis Montagmorgen eine Lösung angemahnt. Bis zur Öffnung der Finanzmärkte müsse es eine Einigung geben, habe Merkel bei einem Treffen der Europäischen Volkspartei gesagt, berichteten zwei Teilnehmer. Das Treffen fand vor dem EU-Gipfel statt. Deutschland lasse sich von Griechenland nicht erpressen, zitierten die beiden Merkel. Andere Teilnehmer des Treffens wollten diese Aussagen Merkels nicht bestätigen.

Finanzminister Schäuble pessimistisch

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Es bleiben nur noch wenige Tage, um eine Lösung in der Schuldenkrise zu finden. Am 30. Juni läuft das aktuelle Hilfsprogramm aus - die Zukunft ist ungewiss. Welche Reformen halten Sie für sinnvoll und vor allem realistisch?

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Zuvor hatte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) skeptisch zu den Chancen für eine Einigung geäußert. Die griechische Regierung habe sich bisher "nicht bewegt, eher rückwärts bewegt, und deswegen bin ich auch für unsere Sitzung heute nicht sehr zuversichtlich", sagte Schäuble vor Beratungen der Euro-Finanzminister. Es liege gar nichts Neues auf dem Tisch. "Es gibt eher eine größere Differenz als eine Annäherung." Fortschritte seien in den Verhandlungen zwischen den Geldgebern und dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras kaum erreicht worden. Schäuble mahnte: "Die Entscheidung liegt ausschließlich bei den Verantwortlichen in Griechenland."

Gläubiger legen eigenen Reformvorschlag vor

Immerhin: Zumindest die Gläubiger hatten sich wieder geeinigt. EU-Kommission, EZB und IWF teilten mit, sie hätten sich einstimmig auf die Maßnahmen verständigt, mit denen der griechische Staatsbankrott abgewendet werden könne ( hier der Vorschlag der Gläubiger als PDF). Aus griechischen Regierungskreisen hieß es aber, Athen stehe fest zu ihren Vorschlägen, "die vor einigen Tagen die Verhandlungsbasis bildeten".

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Neues im Gläubiger-Papier

In dem Dokument der Gläubiger-Institutionen taucht auch eine höhere Besteuerung der Reeder auf. Demnach sollen unter anderem Steuervorteile für Schiffseigner abgebaut und eine Tonnage-Steuer eingeführt werden. Der Gesundheitsbeitrag der griechischen Rentner soll zudem von vier auf sechs Prozent steigen, die Renten also effektiv gekürzt werden. Darüber hinaus ist in dem Dokument keine Rede mehr von den zuvor von der griechischen Regierung vorgeschlagenen Zusatzbelastungen der Unternehmen. Auch gestern bereits gestrichene Forderungen stehen heute wieder im Papier. So sollen Kunden nicht nur in Restaurants, sondern auch in Hotels 23 Prozent Mehrwertsteuer zahlen.

Warum die Zeit drängt

Nur noch wenige Tage bleiben, um eine Lösung für das hoch verschuldete Land zu finden. Denn am 30. Juni, also kommenden Dienstag, läuft das aktuelle Hilfsprogramm aus. Damit würde auch der Anspruch auf noch ausstehende Kredite in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erlöschen. Erhält Athen diese Kredite nicht, droht die Pleite.

Ob dieses Szenario noch abgewendet werden kann, ist von den Reformen im Land abhängig, um die beide Seiten seit Wochen streiten. Die Veränderungen sollen erreichen, dass Griechenlands Wirtschaft in der Zukunft wieder alleine zurechtkommt, ohne Hilfe von außen. Dass es Wachstum gibt und damit auch wieder Vertrauen in Griechenlands Märkte.

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Der Reformvorschlag der griechischen Regierung

Tsipras und die Vertreter von EU-Kommission, IWF und EZB sind sich allerdings uneins, wie diese Reformen aussehen sollen - und welche Maßnahmen tatsächlich zum Erfolg führen.

Die Gläubiger hatten zuletzt einen neuen Reformvorschlag ( hier zum Nachlesen) der griechischen Regierung abgelehnt. Tsipras reagierte vergrämt und warf den Kreditgebern vor, sie wollten gar keine Einigung. Beide Seiten kämpfen unter anderem um den Satz der Mehrwertsteuer für Hotels, eine Besteuerung von Unternehmensgewinnen sowie um die Frage, ob die Sozialhilfe für arme Rentner gestrichen werden soll.

Griechenlands Regierung hatte in ihrem am Montag vorgestellten Papier zum Beispiel angeboten, die Militärausgaben zu senken, Frühpensionierungen im kommenden Jahr abzuschaffen und das Renteneintrittsalter schrittweise anzuheben. Frankreichs Präsident François Hollande kritisierte, dass all diese Maßnahmen keinen messbaren Effekt auf das Wirtschaftswachstum hätten.

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Der Reformvorschlag der Geldgeber

Die Geldgeber präsentierten daraufhin eigene Vorschläge ( hier zum Nachlesen). Sie wollen zum Beispiel die Sozialhilfe von 200 Euro für Rentner schon für 2016 streichen. Sie fordern einen Mehrwertsteuersatz von 23 Prozent für Restaurants, Athen aber will nur 13 Prozent. Und den Gläubigern ist eine Abschaffung der Frühpensionierungen im kommenden Jahr zu spät - sie soll es ab sofort nicht mehr geben.

Premier Tsipras war von diesen Forderungen wenig begeistert, schließlich würden sie ihm viel Ärger in der Bevölkerung einbringen - die in der Vergangenheit sowieso schon sehr stark unter den Sparmaßnahmen gelitten hat. Aus Regierungskreisen hieß es, er lehne die Vorschläge ab. Die Griechen hätten in quasi allen von den Geldgebern geforderten Punkten noch Einwände. Ein Diplomat sagte dazu: "Die beißen einfach nicht an."

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