Sam Bankman-Fried:Der Absturz des Krypto-Königs

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Sam Bankman-Fried (li.) hört das Urteil der Geschworenen: Siebenmal "schuldig", nun drohen ihm bis zu 110 Jahre Haft. (Foto: Jane Rosenberg/Reuters)

Sam Bankman-Fried stieg mit seiner Kryptobörse FTX zum Milliardär auf, dann folgte der Kollaps. Nun hat ihn ein New Yorker Gericht wegen Verschwörung, Betrug und Geldwäsche verurteilt.

Von Tobias Bug

Noch vor einem Jahr war Sam Bankman-Fried reich. Mehr als 20 Milliarden Dollar. Und man feierte ihn, als feinen Kerl der Kryptoindustrie, sein Gesicht prangte auf Plakaten und Zeitschriften. Dann kam am 2. November 2022 ein Dokument ans Licht, das den Kollaps seiner Kryptowährungsbörse FTX auslöste - und auf den Tag genau ein Jahr später wurde Bankman-Fried nun verurteilt. Am Donnerstag sprachen ihn die Geschworenen in New York schuldig, in allen sieben Anklagepunkten, darunter Betrug, Verschwörung und Geldwäsche. Acht bis zehn Milliarden Dollar an Kundengeldern soll er veruntreut haben, um damit zu spekulieren und seinen extravaganten Lebensstil zu finanzieren.

Bankman-Fried habe "einen der größten Finanzbetrügereien in der amerikanischen Geschichte begangen", sagte Manhattans Staatsanwalt Damian Williams: Er habe ein "Multimilliarden-Dollar-Schema" aufgebaut, das ihn zum "König der Kryptowährung" machen sollte. Während der Urteilsverkündung zeigte Bankman-Fried kaum sichtbare Emotionen, als ein Geschworener siebenmal das Wort "schuldig" wiederholte und nahm dann mit gesenktem Kopf Platz.

Als Beamte ihm aus dem Saal führten, nickte er kurz seinen Eltern zu. Barbara Fried unterdrückte ein Schluchzen, Joe Bankman legte den Arm um ihre Schultern. Bankman und Fried sind Jura-Professoren an der Universität Stanford in Kalifornien, wo Joe Bankman unter anderem zur Trockenlegung von Steueroasen forschte. Beide Eltern sind Demokraten und gelten als Weltverbesserer.

Ihr nun verurteilter Sohn Sam, Typ Nerd, langweilte sich in der Schule, verbrachte oft die Schulferien in Mathe-Camps, beschäftigte sich mit Algorithmen und Formeln und durchschaute sie schnell. Nach dem Physikstudium am MIT in Boston nahm er einen Job als Trader bei Jane Street Capital an der Wall Street an. 2017 machte er sich mit dem Brokerhaus Alameda selbstständig und gründete 2019 die Kryptobörse FTX, die rasch zur wichtigsten Handelsplattform für Bitcoin und andere Kryptowährungen wurde und zuletzt selbst mit 32 Milliarden Dollar bewertet war. Und Bankman-Fried sorgte auch fürs Image: Er bezahlte A-Promis wie Football-Star Tom Brady, Schauspieler Larry David oder Basketballer Steph Curry dafür, für FTX zu werben.

Drei frühere Freunde haben Bankman-Fried schwer belastet

Sich selbst vermarktete Bankman-Fried als außergewöhnlichen Milliardär: Er versuchte, so schnell wie möglich so viel wie möglich zu verdienen, um einen Teil davon später für wohltätige Zwecke zu spenden. Mit seinen Mitarbeitern bewohnte er ein palastartiges Penthouse auf den Bahamas, wo er im November 2022 verhaftet wurde. Gegen eine Kaution von 250 Millionen Dollar durfte er unter Hausarrest im Anwesen seiner Eltern in Kalifornien wohnen, musste dann im August aber ins Gefängnis, weil er versucht haben soll, Zeugen zu manipulieren.

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Drei seiner ehemaligen Freunde und Kollegen hatten ihn im Prozess seit Anfang Oktober schwer belastet: Alameda-Chefin Caroline Ellison, FTX-Mitbegründer Gary Wang und Technikchef Nishad Singh. Alle drei hatten sich schuldig bekannt und gegen Bankman-Fried ausgesagt - wohl auch in der Hoffnung, selbst dem Gefängnis zu entgehen. Ellison, die auch Bankman-Frieds Ex-Freundin ist, kämpfte vor Gericht mit den Tränen, als sie aussagte, sie hätten sich verschworen, um Bilanzen zu frisieren, die sie an Kreditgeber schickte. Technikchef Singh sagte aus, dass er zur gleichen Zeit selbstmordgefährdet gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass Bankman-Fried Kunden, Kreditgeber und Investoren wiederholt belogen und deren Gelder dazu verwendet habe, sich selbst zu bereichern. Sie brachte Beweise gegen ihn vor, die sie aus der Auswertung von Millionen von Seiten interner Nachrichten, Tabellen und Memos hatte.

Bankman-Fried versuchte vor Gericht, den Zusammenbruch von FTX als das unglückliche Ergebnis einer fehlerhaften Buchführung darzustellen, sagte, er habe die Finanzen seiner Unternehmen irgendwann nicht mehr durchblickt, und gab Fehler in der Unternehmensführung zu. Vorsätzlich betrogen habe er aber nicht, er plädierte in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig. Im Kreuzverhör machte der 31-Jährige allerdings keine gute Figur, die leitende Staatsanwältin Danielle Sassoon schaffte es, Widersprüche zwischen seinem Privatleben und seinen öffentlichen Aussagen aufzudecken.

Die neun Frauen und drei Männer der Jury waren überzeugt: Sie berieten sich nur etwas mehr als vier Stunden, bevor sie den Angeklagten in allen Punkten schuldig sprachen. Dessen Anwälte deuteten an, Berufung einzulegen. Bankman-Fried drohen schlimmstenfalls 110 Jahre Gefängnis, die Haftdauer wird Ende März nächsten Jahres verkündet. Und damit nicht genug: Für Anfang 2024 ist ein zweiter Prozess gegen ihn angesetzt, unter anderem wegen illegaler Wahlkampffinanzierung.

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