Schifffahrt:Banger Blick nach Taiwan

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Der Krieg in der Ukraine, die Huthi-Milizen im Rotes Meer, die Lage zwischen China und Taiwan: Der Containertransport wird durch politische Krisen zunehmend schwieriger (Foto: Christian Charisius/dpa)

Die deutschen Reeder haben mit 1800 Containerschiffen die größte Handelsflotte der Welt. Doch die gefährliche politische Lage rund um einige wichtige Seerouten bereitet ihnen große Sorgen.

Von Saskia Aleythe, Hamburg

Die Gedanken der Reeder kreisten in den vergangenen Monaten immer wieder um das Rote Meer. Mehr als 60 Schiffe hat die Huthi-Miliz dort schon angegriffen, vergangene Woche wurden bei einer Attacke auf ein Containerschiff erstmals drei Seeleute getötet. Eine Situation, die die Branche beunruhigt und große Auswirkungen hat, wie der in Hamburg ansässige Verband Deutscher Reeder (VDR) berichtet. Stabilität und Sicherheit seien auf Dauer unverzichtbar, sagt Präsidentin Gaby Bornheim, sonst sei die Versorgung über See in Gefahr.

Damit das nicht passiere, sei es wichtig, "eine eigene starke Handelsflotte im Land zu halten", sagt Hauptgeschäftsführer Martin Kröger. Mit 1800 Containerschiffen ist Deutschland dabei weiter international führend. Aber die Krise hat natürlich trotzdem spürbare Folgen. Viele Reedereien meiden das Rote Meer wegen der Angriffe. Die Zahl der Durchfahrten durch den Suezkanal, die kürzeste Seeverbindung zwischen Asien und Europa, ist deutlich zurückgegangen. Wegen des Umweges um das Kap der Guten Hoffnung fahren die Schiffe nun 6000 Kilometer länger. Pro Tour mit einem großen Containerschiff fielen so mindestens eine Million US-Dollar mehr an, sagt Kröger. Das decke allein die Kosten für den Treibstoff ab, Betriebs- und Personalkosten kämen noch dazu. Allerdings können die Reedereien durch höhere Frachtraten auch höhere Preise verlangen, sodass die neuen Routen die Branche zumindest finanziell zunächst nicht viel anhaben können.

Beim Reederverband rechnet man zunächst nicht damit, dass die Lage im Roten Meer zu höheren Preisen für die Verbraucher führt. Das könne sich allerdings ändern, wenn die Angriffe länger andauern, sagt Bornheim. Dass die Reedereien ihre Gewinne aus den vergangenen Jahren in den Ausbau ihrer Schiffsflotten gesteckt haben, mache sich positiv bemerkbar. Die neuen Frachter stehen jetzt in der Krise zur Verfügung, sodass sich größere Engpässe vermeiden lassen.

Etwa 2000 ukrainische und 3000 russische Seeleute arbeiten in der deutschen Handelsflotte

In den vergangenen Jahren hatten die Reeder immer wieder mit Konflikten auf ihren Seewegen zu kämpfen. Die Lage in der Ukraine beeinträchtigt die Handelsrouten noch immer, durch den Überfall Russlands ist das Schwarze Meer zum Krisengebiet geworden. "Inzwischen gibt es einen Korridor, den man als Handelsschiff nutzen kann, der durch die territorialen Gewässer der EU-Anrainerstaaten geht und dann durch den Bosporus", sagt Kröger, "aber es ist und bleibt ein Gefahrengebiet, das uns immer noch erhebliche Probleme bereitet." Nicht nur, was den Handel angeht, sondern auch in Bezug auf die Besatzungen der Schiffe. Etwa 2000 ukrainische und 3000 russische Seeleute arbeiten in der deutschen Handelsflotte. Viele von ihnen sorgen sich, für den Kriegsdienst einberufen zu werden.

Und auch der Blick Richtung Asien löst ungute Gefühle bei den Reedern aus, angesichts eines möglichen Angriffs Chinas auf Taiwan. Bornheim berichtet, man habe Kontakt zur taiwanesischen Schifffahrtsverwaltung gesucht. "Sie haben ganz eindeutig gesagt, sie bereiten sich aufs Schlimmste vor, hoffen aber auf das Beste." Die Anspannung sei hoch, sagt Kröger. Der Verband betrachte die Situation mit großer Sorge. "Die Straße von Taiwan ist die wichtigste Wasserstraße der Welt, wenn es um Containertransporte geht". Ungefähr 90 Prozent der Transporte, die aus Asien nach Europa gehen, werden laut Reederverband über die Meerenge abgewickelt. "Da ist es natürlich wesentlich, dass diese Wasserstraße sicher gehalten wird", sagt Kröger. Da China der größte Produzent von Handelsschiffen ist, kämen auf die Branche bei einem eskalierenden Konflikt allerdings noch ganz andere Probleme zu.

Aufgrund der angespannten politischen Lage in einigen Seegebieten fahren viele Frachter dort zum Teil mit bewaffneten Kräften. Im Nachteil sind da laut Reederverbandspräsidentin Bornheim die 259 Schiffe, die unter deutscher Flagge unterwegs sind. Schuld sei die Bürokratie hierzulande, die ein schnelles Handeln unmöglich mache und es den Reedereien erschwere, Sicherheitspersonal an Bord zu bringen. Während andere Länder Genehmigungen für speziell geschützten Fahrten innerhalb eines Tages ausstellten, brauche man in Deutschland "fast sechs Wochen Vorlaufzeit".

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