Tarifkonflikt:Post-Streiks in letzter Minute vertagt

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Schon im Februar hatten Angestellte der Post gestreikt, jetzt droht ein noch größerer Ausstand. (Foto: David Inderlied/dpa)

86 Prozent der Verdi-Mitglieder lehnen das Lohnangebot des Konzerns ab. Nun wird ein Last-Minute-Versuch unternommen, um unbefristete Streiks doch noch zu vermeiden.

Von Björn Finke und Alexander Hagelüken

Es sah alles danach aus, als ob die Deutschen schon bald Briefe und Pakete später erhalten. Seit Wochen zeichnet sich ab, dass die in der Gewerkschaft Verdi organisierten Mitarbeiter das Lohnangebot der Post ablehnen. Das hat sich am Donnerstag bestätigt: 86 Prozent der Verdi-Mitglieder votieren für Streiks. Nun wird aber doch noch ein Versuch unternommen, in letzter Minute unbefristete Arbeitsniederlegungen zu vermeiden.

Die Post hat Verdi aufgefordert, bereits von diesem Freitag an weiterzuverhandeln. Dieser Forderung kommt Verdi nach. "Die Deutsche Post steht jetzt in der Verantwortung, durch eine deutliche materielle Verbesserung des abgelehnten Angebots einen unbefristeten Streik abzuwenden", sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.

Bereits bei den Warnstreiks im Januar und Februar wurden viele Briefe aufgehalten, so dass manche Bürger warten mussten. Wenn es jetzt zu einem unbefristeten Flächenstreik käme, wäre dies von ganz anderem Kaliber. Etwa die Hälfte der 200 000 Post-Arbeitnehmer ist Mitglied in der Gewerkschaft. Der letzte große Streik fand im Jahr 2015 und dauerte vier Wochen. Tagelang wurde keine Post zugestellt.

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Verdi hatte die Verhandlungen im Februar abgebrochen, weil sie das Angebot der Post für unzureichend hält. Die Gewerkschaft fordert unter anderem wegen der hohen Inflation 15 Prozent mehr Lohn. Sie will den Tarifvertrag auf ein Jahr begrenzen. Die Post bietet dagegen bei einer Laufzeit von zwei Jahren an, die Löhne nach ihrer Darstellung im Schnitt um 11,5 Prozent zu erhöhen. Zusätzlich sollen die Mitarbeiter bereits dieses Jahr 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie bekommen. Da diese von Steuern und Sozialabgaben befreit ist, kommt bei den Arbeitnehmern mehr an als üblich.

"Mit diesem Angebot sind wir bis an die Grenzen des wirtschaftlich Machbaren gegangen", sagte die zuständige Vorständin Nikola Hagleitner. Ein Prozent mehr Lohnerhöhung bedeuteten Zusatzkosten von 70 Millionen Euro für das Unternehmen. Die von Verdi geforderten 15 Prozent entsprächen mehr als einer Milliarde - bei bisher 7,5 Milliarden Euro Personalkosten in Deutschland.

Verdi beklagt, dass die vom Konzern angebotenen Lohnerhöhungen teils erst spät wirksam würden. Auf alle Beschäftigten gerechnet betrage das Angebot nur knapp zehn Prozent. "Das ist weit von dem entfernt, was wir gefordert haben", sagte Verdi-Verhandlungsführerin Kocsis. "Das Ergebnis der Urabstimmung zeigt die Entschlossenheit unserer Mitglieder, für ein gutes Tarifergebnis zu kämpfen", so Kocsis. "Die Arbeitgeber sind gut beraten, dieses Votum sehr ernst zu nehmen."

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