Konsum:So schön - und plötzlich so teuer

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Das tut schon beim Zuschauen weh und leid. Und dann will der Tierarzt noch Geld. Na gut. (Foto: imago)

Der alte Porsche, die Reise nach L.A., das niedliche Haustier: Manch ein Traum erscheint erstaunlich erschwinglich. Hätte man doch nur an die Folgekosten gedacht.

Von Marc Beise, Malte Conradi, Stephan Radomsky, Jan Schmidbauer, Jürgen Schmieder und Kathrin Werner

Das bekannteste Beispiel ist vielleicht der Nassrasierer. Den kriegt man fast geschenkt, teuer wird es erst, wenn man ihn auch nutzen will und dafür Klingen kaufen muss. Aber es sind vor allem Anschaffungen, die mit Emotionen verknüpft sind, die oft zu unbedachten und horrenden Folgekosten führen. Sechs Beispiele aus der SZ-Redaktion.

Alles für die Katz'

Als sie Smilla zu sich holten, da wussten es ihre Menschen natürlich: Umsonst gibt es eine Katze nicht, auch wenn man das Tier selbst quasi geschenkt bekommt. Futter, Katzenstreu, angekratzte Möbel- und Polsterstücke und natürlich dann und wann die unvermeidlichen Besuche beim Tierarzt. Alles einkalkuliert, alles nicht so schlimm.

Aber dass Smilla mit mangelnder Geschicklichkeit so böse aus der Art und damit auch gleich noch aus dem Fenster fallen würde, damit hatten ihre Menschen nicht gerechnet. Gut, motorisch hochbegabt war sie nie. Aber das? Erst hoch aufs Fensterbrett, dann raus auf den Sims - und von dort aus runter, drei Stockwerke und an die zehn Meter in den Hinterhof. Der erste Gedanke: Das kann sie nicht überlebt haben. Der zweite: Wimmert da nicht was?

Erst stöhnte also Smilla, später dann ihre Menschen. Das Tier hatte schwer verletzt überlebt, Diagnose: Hüfte gebrochen. Allein Smillas Operation kostete mehr als 1900 Euro, mit Vor- und Nachuntersuchungen waren es an die 2500 Euro. Das Urlaubsbudget fiel in diesem Jahr kleiner aus.

Schockstarre am Strand

Der erste Schock ereilt Touristen in Los Angeles stets beim Blick auf die Speisekarte: Was, ein Bier - ein amerikanisches noch dazu - kostet 8,50 Dollar? Der zweite Schock, der sich dann schon in Nähe eines Schlaganfalls bewegt, ereignet sich, wenn man ihnen mitteilt, dass dies nur die 355-Milliliter-Variante sei und sämtliche Preise in den USA netto angegeben sind. Sie zücken den Taschenrechner, deutsche Touris haben immer einen Taschenrechner dabei, und stellen fest: Die Mass - amerikanisches!!! - Bier kostet in L.A. inklusive Mehrwertsteuer 26 Dollar. Das haut selbst Oktoberfest-erprobte Besucher von ihrem Sitz am Strand.

Was deutsche Touris dann endgültig in Schockstarre versetzt: Wenn sie beim Bezahlen nicht aufrunden dürfen - also fürs Brutto-9,26-Dollar-Bier nicht einfach 9,50 (für deutsche Touris ist auf die nächste 50-Cent-Summe "aufrunden") hinlegen, sondern wegen der in den USA üblichen 20 Prozent Trinkgeld (Bedienungen leben ausschließlich davon) tatsächlich mehr als elf Dollar zahlen sollen. Da werde man ja arm, heißt es dann - meist von jenen, die einem vorher mitgeteilt haben, dass sie selbst schon mal auswärts tätig gewesen seien ("in Stuttgart, das ist ja fast das Gleiche") und man sich mal nicht so haben solle mit den Lebenshaltungskosten in Kalifornien.

Erstaunlich ist deshalb auch, wie wenig Alkohol deutsche Touristen gegen Ende des Urlaubs trinken - und wie oft sie anregen, dass man sich doch auf dem Beercony (Biergarten-Balkon) der Auswanderer treffen könne. Die hätten doch sicherlich Getränke im Kühlschrank, oder?

I am sailing

Oder man kommt auf die erfrischende Idee, sich ein Segelbötchen auf einem bayerischen Voralpensee zuzulegen. Das heißt, hinlegen muss man es gar nicht mehr, es sind ja schon viele da, und es sollen nach dem Willen der staatlichen Schlösser-, Gärten- und Seenverwaltung auch gar nicht mehr werden. Klar, bei bestem Sonnenwetter nicht am Ufer verweilen zu müssen, sondern einfach Segel zu setzen und sich von einer leichten Brise über den See gleiten zu lassen - was kann es Schöneres geben? Und da wird doch tatsächlich so ein Bötchen von privat angeboten, zierliche sechs Meter lang, sogar mit Kajüte, um die Nacht von Samstag auf Sonntag irgendwo auf dem See vor Anker gehen zu können - ach wie fein.

Auch für Ostsee-Segler stellen sich viele Fragen: Muss schon wieder ein neues Segel gekauft werden? (Foto: Jens Büttner/dpa)

Die Investition einmal durchkalkuliert, das Sparkonto geplündert - und dann zugeschlagen. Dumm nur, dass das Mieten der Boje Jahr für Jahr einen hohen dreistelligen Betrag erfordert. Und die vielen Wildvögel am Ufer es geraten erscheinen lassen, sich eine schwere Persenning maßschneidern zu lassen, die die Tiere davon abhält, auf dem Boot zu nisten und es mit weißer Vogelkacke zu überziehen. Am Ende des Sommers lernt man sodann, dass die Behörden des Winters den See spiegelblank haben wollen, was der Werft vor Ort einen schönen Auftrag beschert: das Boot von der Boje auf Slip verholen, einrichten, aufslippen, die Segel abschlagen, den Großbaum legen, die gesamte Außenhaut entkalken, und dann das gute Stück auf den Anhänger kranen - den immerhin bekam man seinerzeit gratis dazu - und über den Winter einlagern, alles sauber aufgelistet und abgerechnet, "bitte überweisen Sie ...".

Im Frühjahr stellt man fest: Ein neues Segel wäre auch nicht falsch, und wenn man dann in nasskalter Morgenstunde das erste Mal wieder frierend von der Boje ablegt, erinnert man sich des alten Spruchs: "Segeln, das ist wie Geldscheine unter der kalten Dusche zerreißen."

Traumwagen auf exklusiven Gummis

Wer billig kauft, kauft teuer. Das sagt einem jeder Vater, was einen Sohn nicht davon abhielt, einen günstigen Porsche zu kaufen. Günstiger Porsche, eine Wortpaarung wie kalter Sommer oder verschwenderischer Schwabe. Aber das Angebot war gut. Wenig Kilometer, zwei Vorbesitzer, günstiger Preis. Und die Felgen! Nicht diese schmalen, mit denen andere Autos in den Achtzigern rumfuhren. Nein, die Erstbesitzerin war eine vorausschauende Fahrerin. Sie hatte noch ein paar Hundert Mark draufgelegt und Breitreifen bestellt, das konnte man noch entziffern auf dem vergilbten Durchschlag des Kaufvertrags, den es zum Wagen dazugab, Stichwort: Historie.

Als man den Oldtimer endlich besaß, stellte sich allerdings schnell heraus, dass die Reifen auch sehr alt geworden waren, steinhart - und selten. Den Satz mit den richtigen Maßen gab's nur noch bei einer italienischen Firma, deren Preise sich als ähnlich exklusiv herausstellen sollten wie die Kalender, die sie jedes Jahr verschickt. 1500 Euro für vier Gummis? Schon eine Ansage. Eine Alternative gab es noch. Ein Modell aus Fernost. Marke: nie gehört. Testergebnis: na ja. Dafür billig. Aber wer billig kauft... Eben. Und bei teuren Reifen, so viel sei verraten, bleibt es nicht, auch nicht bei einem günstigen Porsche.

Teurer Stolz

"Im Schweiße seines Angesichts", "mit eigenen Händen" - so hieß es immer, wenn von diesem Haus in einer boomenden Region Österreichs die Rede war. Der Vater hatte es selbst gebaut, damals in den Sechzigern, am Wochenende, neben einem anstrengenden Job. Das Material dazu hatte er günstig irgendwo aufgetrieben. Auch das für ein kleines Gewächshaus im Garten, damit man nicht mehr so oft in den überteuerten Supermarkt musste. In den Jahrzehnten danach bildete dieses Haus das Rückgrat des Wohlstands und auch des Stolzes der Familie: Man hatte sich was aufgebaut nach der erbärmlichen Nachkriegszeit, ganz anders als die Nachbarn, die ihr Geld sinnlos vergeudeten, für Wirtshausbesuche und Urlaube.

Dann starb der Vater und das Haus ging an den Sohn über. Mitsamt der beiden Familien, die es seit Jahrzehnten bewohnten und schon lange eine lächerlich geringe Miete zahlten. "So was machen wir nicht", hatte der Vater immer gesagt, wenn er von den unsittlichen Beträgen hörte, die andere Vermieter jeden Monat einstrichen.

Der Sohn fühlt sich jetzt schlecht, denn das Haus verkaufen kann er unmöglich, die Miete erhöhen auch nicht und das Gewächshaus ist zwar hergerichtet, aber um es zu bepflanzen, ist er zu selten da. Und so kostet das Haus ihn nur Geld, die Reparaturen, die Gebühren, die Steuern. Immerhin die Aprikosen werden dieses Jahr nicht am Baum vermodern, zur Ernte wird er ganz sicher kommen.

"Mucki muss leben!"

Es musste dieses Meerschweinchen sein. Das mit dem seidigen Fell: ockerfarben, weiß und schwarz. Es kostete zehn Mark in der Tierhandlung und bekam den Namen Mucki. Mucki brauchte zunächst eine Grundausstattung: Käfig, Napf, Häuschen, Trinkflasche und so weiter. Mucki fraß gern und viel, am liebsten Salat und spezielle Meerschweinchen-Snacks aus Joghurt. Muckis Stallreinigung (stets mit neuem Stroh und Streu) wurde manchmal vergessen. Aber Mucki wurde geliebt.

Doch dann geschah es. Mucki stürzte aus noch immer ungeklärten Gründen hinab auf den Fliesenboden aus einem noch immer nicht identifizierten Arm. Es quiekte herzzerreißend, man brachte es zum Tierarzt. Diagnose: Beinbruch. Empfehlung: einschläfern. Die Kinder, Muckis Frauchen, weinten so herzzerreißend wie das verletzte Tier: "Neeeeeiiin, Mucki muss leben!" Also musste Mucki operiert werden, unter Vollnarkose. Die Operation glückte. Mucki bekam einen winzigen Meerschweinchengips. Diverse Nachsorgetermine folgten. Kostenpunkt: mehrere Hundert Mark. Mucki hinkte zwar fortan, lebte aber noch viele Jahre lang ein glückliches Meerschweinchenleben.

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