"Perspektive in Betrieben":Nahles will Programm gegen Langzeitarbeitslosigkeit ausweiten

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Arbeitssuchende stehen vor der Agentur für Arbeit in Duisburg: Für Langzeitarbeitslose soll ein neues Programm aufgelegt werden. (Foto: Martin Gerten/dpa)

Gerade mal 33 Dauererwerbslose bekamen bislang mit dem Modellprojekt "Perspektiven in Betrieben" einen Job. Nun will die Regierung das Programm drastisch ausweiten und Zehntausenden Hartz-IV-Empfängern helfen. Die Grünen sagen, das sei nur "ein Tropfen auf den heißen Stein".

Von Thomas Öchsner, Berlin

Am Anfang war ein neuer Modellversuch. Seit Mitte 2013 sollen sogenannte Akquisiteure der Bundesagentur für Arbeit (BA) Betriebe dazu animieren, Langzeitarbeitslose einzustellen. "Perspektive in Betrieben" heißt das Projekt, und der Name ist programmatisch: Es ist gedacht für über 35-Jährige, die seit mindestens fünf Jahren keinen Job mehr hatten, ohne Berufsabschluss sind und als schwer vermittelbar gelten. Sie sollen einfache Tätigkeiten übernehmen, etwa als Helfer in der Industrie oder in der Gastronomie, und werden sozialversicherungspflichtig angestellt und den Mitarbeitern der BA weiter betreut. Die Bundesagentur zahlt dabei bis zu 75 Prozent ihres Lohns. Bisher war dies nur ein Mini-Angebot. Nun will die Bundesregierung daraus ein größer angelegtes Programm machen.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD angekündigt, dass sie im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit "die Gewinnung von Arbeitgebern für die Gruppe arbeitsmarktferner Personen in den Vordergrund rücken" wollen. Das Arbeitsministerium hat nun in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen konkretisiert, was damit gemeint ist.

Danach ist geplant, von 2015 an für 30 000 Hartz-IV-Empfänger ohne oder ohne verwertbaren Berufsabschluss Stellen zu finden und ihren Arbeitgebern "degressiv ausgestaltete Lohnkostenzuschüsse" zu zahlen. Dafür seien 470 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds vorgesehen, hinzu kämen Mittel aus dem Eingliederungsbudget der Jobcenter bei einer Förderdauer von 18 Monaten.

33 Dauererwerbslose bekamen mit dem Programm eine Stelle

Bisher erhielten durch das Programm "Perspektive in Betrieben" 33 Dauererwerbslose eine Stelle. 35 weitere sollen nach Angaben der BA in diesem Jahr dazukommen. Die Bundesagentur hält das geplante Bundesprogramm trotzdem für realistisch, weil es für Arbeitslose gedacht sei, die nicht wie bei dem Modellprojekt seit fünf, sondern seit zwei Jahren auf Jobsuche sind.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, die die Anfrage gestellt hat, spricht dagegen von einem "Tropfen auf den heißen Stein. Das Programm reicht weder zahlenmäßig, noch ist es auf Dauer angelegt". Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) könne damit nichts daran ändern, dass Hunderttausende von der Arbeit abgehängt seien.

Tatsächlich hat sich an der Lage der Langzeitarbeitslosen zuletzt wenig geändert. In den letzten beiden Monaten sank die Anzahl derjenigen, die länger als ein Jahr ohne Stelle sind, von 1,086 auf 1,076 Millionen - weil es im Frühjahr mehr Jobs gibt. Im langfristigen Vergleich ist die Langzeitarbeitslosigkeit aber so hoch wie seit Anfang 2011 nicht mehr.

"Sie werden zum Nichtstun verdammt"

Außerdem geht aus der Antwort des Ministeriums auf die Grünen-Anfrage hervor, dass die öffentlich geförderte Beschäftigung von schwer vermittelbaren Arbeitslosen drastisch zurückgegangen ist. Hatten demnach 2010 im Jahresdurchschnitt noch 344 000 Menschen so einen Job, waren es 2013 nur noch 151 000. Dieser Abwärtstrend hält an: Im Februar 2014 waren es knapp 123 000, darunter waren gut 84 000 Ein-Euro-Jobber. Mehr als 4000 erhielten einen Beschäftigungszuschuss, weitere 26 000 waren in der "Bürgerarbeit" tätig, die 2014 ausläuft.

Unter Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) waren die Mittel für Fördermaßnahmen von 2010 bis 2013 von 6,6 auf 3,9 Milliarden Euro gekürzt worden. Pothmer befürchtet nun, dass Langzeitarbeitslose "in ein Förderloch fallen". Es gebe für sie keine Perspektive. "Sie werden zum Nichtstun verdammt." Auch die kommunalen Spitzenverbände hatten den Bund aufgefordert, mehr Geld bereitzustellen, um Langzeitarbeitslosen ins Berufsleben zu helfen.

Die Kritik an der öffentlich geförderten Beschäftigung ist zuletzt aber gewachsen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte schon 2013 darauf hingewiesen, dass Menschen mit solchen Jobs als schwer vermittelbar gelten. "Diese Stigmatisierung kann die Aufnahme regulärer Beschäftigung erschweren", hieß es in einer Stellungnahme an den Bundestag.

© SZ vom 04.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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