Energie:Wie heizt Deutschland?

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Will ich meinen Ofen nachrüsten oder mir lieber einen ganz modernen zulegen? Das müssen sich im Laufe dieses Jahres viele Verbraucher überlegen, die zu Hause mit einem älteren Kaminofen heizen. (Foto: Thomas Trutschel/Imago Images/Photothek)

Warmes Deutschland: Pellets für die Besserverdiener, Fernwärme für die Ärmeren: Die Menschen heizen sehr unterschiedlich. Was das für die Preisbremsen bedeutet.

Von Bastian Brinkmann

Wer weniger Geld verdient, heizt häufiger mit Fernwärme. Wer ein höheres Einkommen hat, setzt dagegen eher auf Pellets, Wärmepumpen oder Ähnliches, um zu heizen. Das zeigt eine Auswertung des arbeitgeberfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Ökonomen haben analysiert, wie die Deutschen heizen. Dabei zeigen sich große Unterschiede - die Folgen haben für die Preisbremsen, mit denen die Bundesregierung die Menschen in diesem Winter entlasten will.

In ländlichen Regionen werden nur relativ wenige Menschen von der Gaspreisbremse profitieren, zeigt das IW-Papier. Die Bremse entlastet Bürgerinnen und Bürger, wenn ihr Gaspreis besonders stark steigt. Doch in Orten mit weniger als 5000 Einwohnern heizt nicht einmal ein Drittel der Haushalte mit Gas oder Fernwärme. In diesen besonders ländlichen Gemeinden ist stattdessen Heizöl wichtig, das nutzen hier fast 40 Prozent der Haushalte. Außerdem ist der Anteil derjenigen, die mit Pellets oder Holz heizen, außergewöhnlich groß: Jede zehnte Immobilie wird in diesen Regionen so warm gehalten.

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Der Preis für Pellets und Holz hat sich im Durchschnitt fast verdoppelt, auch Heizöl ist viel teurer geworden. Und anders als Gaskunden haben Öl-Käufer in der Regel keine Verträge, die langfristig laufen, daher können die höheren Kosten ohne Puffer durchschlagen. Bundesregierung und Bundesländer haben daher beschlossen, auch hier Staatshilfe zu gewähren - mit einem sogenannten Härtefallfonds.

Allerdings ist die vom Bund dafür reservierte Hilfssumme deutlich kleiner, und die Sache ist für die Betroffenen komplizierter. Bei Gas und Fernwärme müssen sich die Energieversorger und gegebenenfalls die Vermieter darum kümmern, dass der Abschlag sinkt. Die insgesamt 18 Millionen Haushalte in Deutschland, die mit Gas heizen, brauchen nicht aktiv zu werden. Pellet-, Holz- und Öl-Heizer allerdings werden einen Antrag stellen müssen, jeweils in ihrem Bundesland.

Steuergeld soll in diesen Fällen erhalten, wer mehr als doppelt so hohe Heizkosten hat. Gerechnet wird mit dem Zeitraum vom 1. Januar bis 1. Dezember 2022. Der Zuschuss fließt also rückwirkend - damit lohnt es sich weiterhin, 2023 beim Heizen zu sparen. Er ist bei 2000 Euro pro Haushalt gedeckelt.

Die IW-Daten zeigen, wie zentral die Gaspreisbremse ist. Die Ökonomen nutzen für die Analyse eine große, wissenschaftliche Haushaltsbefragung von 2020. Schon in Kleinstädten bis 20 000 Einwohnern ist Gas der wichtige Energieträger für die Heizung, in Großstädten wird zudem die Fernwärme besonders wichtig. Hier greift eine sehr ähnliche Preisbremse.

Gerade bei der Fernwärme kommt das Staatsgeld oft bei Menschen an, die die Hilfe wirklich brauchen. Jeder vierte Haushalt, der so heizt, ist statistisch betrachtet von Armut bedroht.

Ganz anders sieht das bei Pellets und Wärmepumpen aus. Wer damit heizt, verdient zumindest im Durchschnitt mehr Geld als andere und bewohnt auch deutlich mehr Quadratmeter. Zum Vergleich: Eine Fernwärme-Wohnung ist durchschnittlich 73 Quadratmeter groß, wer mit Holz oder Pellets heizt, lebt dagegen im Mittel auf 123 Quadratmetern. Auch ist das in mehr als zwei Drittel aller Fälle Eigentum, wovon viele Fernwärme-Kunden nur träumen können.

Von der Staatshilfe für Pellets werden somit wohl auch Menschen profitieren, die kein Steuergeld nötig haben. "Substanzielle Teile der Hilfen dürften an Haushalte fließen, die die höheren Belastungen ohne staatliche Zuschüsse tragen könnten", schreiben die IW-Ökonomen Judith Niehues und Maximilian Stockhausen. Andererseits sei es gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Akzeptanz der Russland-Sanktionen, wenn der Härtefallfonds eine Gerechtigkeitslücke schließe.

Denn tatsächlich erhalten auch Gaskunden Staatshilfe, die eigentlich kein Steuergeld brauchen. Denn niemand weiß, ob hinter einem Gaszähler eine Villa mit Pool liegt oder ein Wohnblock in einem ärmeren Viertel. Damit dieser Effekt etwas kleiner ausfällt, muss man die Staatshilfe aus der Gaspreisbremse versteuern, wenn man viel Geld verdient: Betroffen ist, wer noch den Soli zahlen muss.

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