Spanien:Warum Olivenöl gerade so rasant teurer wird

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Ein spanischer Bauer demonstriert die traditionelle Art der Olivenernte. (Foto: Manuel Meyer/dpa)

Die "tostada con aceite" wird für viele spanische Haushalte unerschwinglich: Ein Liter der besten Kategorie kostet bereits mehr als zehn Euro. Das lockt Diebe - und die rücken gleich mit mehreren Tankwagen an.

Von Patrick Illinger, Madrid

50 000 Liter feinstes Olivenöl, die steckt man nicht eben mal in eine Tasche, so wie Juwelen oder Bargeld. Wo also sind die 50 000 Liter Öl?, fragen sich derzeit Ermittler der Guardia Civil in Andalusien. Sicher ist nur: Das Öl ist einem Erzeuger im 2500-Seelen-Örtchen Carcabuey nahe Córdoba gestohlen worden. Offenbar wussten die Diebe genau, was sie tun, als sie im Morgengrauen im Lager des Herstellers anrückten, zielsicher die Alarmanlage ausschalteten, das teuerste Produkt der Qualitätsstufe "extra virgen" wählten und die Tanks fachgerecht mit Schläuchen auspumpten.

Nun bittet der Bestohlene seine Kollegen aus der Umgebung um Hinweise: Vermutlich sind die Diebe mit mehreren Tankwagen unterwegs, das müsste doch auffallen. Zumal jeder Öltransport mit Zertifikaten und Siegeln versehen sein muss. Andererseits wird in Andalusien in normalen Jahren gut eine Million Tonnen Olivenöl produziert und verschifft, da können 50 000 Liter schon mal unbemerkt durchrutschen.

Dass Olivenöl zum Diebesgut wird, hat indes auch einen ökonomischen Hintergrund: Vor allem für hochqualitatives Öl ist der Preis ist in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt. Im Einzelhandel kostet ein Liter der besten Kategorie bereits mehr als zehn Euro - mehr als dreimal so viel wie noch vor einem Jahr. Noch im Juli lag der Preis bei gut sieben Euro. Das soeben entwendete Diebesgut hat somit gerade einen Marktwert von einer halben Million Euro.

Gründe für den rasanten Preisanstieg gibt es mehrere, die in den vergangenen beiden Jahren extreme Trockenheit auf der Iberischen Halbinsel ist der wohl wichtigste. Die produzierte Menge hat sich in diesem Jahr fast halbiert. Während Spanien in normalen Jahren gut 1,3 Millionen Tonnen Olivenöl erzeugt, waren es bei der Ernte 2022/23 gerade mal 660 000 Tonnen - ein Jahrhunderteinbruch, wie Branchenvertreter beklagen.

Genossenschaften im andalusischen Jaén, der Welthauptstadt des Olivenöls, befürchten einen Umsatzverlust von einer Milliarde Euro, denn der gestiegene Endverbraucherpreis kommt keineswegs eins zu eins beim Hersteller an. Hinzu kommt die generelle Inflation der Lebensmittelpreise sowie der russische Krieg gegen die Ukraine: Das üblicherweise von dort exportierte Sonnenblumenöl wurde knapper und vielerorts mit Olivenöl ersetzt. Politiker und Produzenten in Spanien beklagen mittlerweile, dass auch Spekulanten im Handel ihr Unwesen treiben. So sei der aktuelle Ladenpreis zum Teil auch künstlich in die Höhe getrieben.

Der Regen könnte die Preise wieder sinken lassen

Der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas bemüht sich unterdessen um Optimismus: Wenn es in den kommenden Wochen endlich wieder regne, werde der Preis für Olivenöl geradezu abstürzen, sagte er der Zeitung El País. Objektive Gründe für einen sinkenden Preis sehe er derzeit nicht, sagte hingegen Cristóbal Cano, der Vizegeneralsekretär und für Olivenöl Zuständige der Vereinigung kleiner Landwirtschaften (UPA) der Zeitung La Vanguardia. In der Branche fürchte man vielmehr, dass manche Konsumenten langfristig auf andere, billigere Speiseöle ausweichen, womöglich auf Produkte, die aus Kokos, Soja oder Raps gewonnen werden.

Gutes Olivenöl ist derzeit jedenfalls für viele spanische Haushalte zu einem kaum mehr erschwinglichen Luxusgut geworden - ausgerechnet in dem Land, in dem man sich das gute aceite schon zum Frühstück auf die tostada träufelt.

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