Klimaschutz:Merz' Vorhaben wird umgesetzt, allerdings ohne Merz

Lesezeit: 2 min

Die Firma Thyssenkrupp Nucera aus Dortmund ist nun börsennotiert. (Foto: Fabian Strauch/dpa)

Die Thyssenkrupp-Tochter Nucera stellt Anlagen zur Gewinnung von grünem Wasserstoff her. Jetzt soll sie an die Börse gehen. Für die Urheberin der Idee kommt das aber zu spät.

Von Björn Finke, Brüssel

Nun geht es voran - aber für Martina Merz kommt das zu spät: Die frühere Chefin von Thyssenkrupp verließ den Essener Technologiekonzern vor zwei Wochen, weil sie keine Fortschritte gemacht hatte bei ihren Plänen, Teile des Unternehmens zu verkaufen. Unter anderem hatte sie 2021 versprochen, die Wasserstoff-Tochter Nucera an die Börse zu bringen, doch das Umfeld an den Finanzmärkten war lange zu schlecht. Am Montag verkündete Nucera nun, tatsächlich bis zur Sommerpause an die Frankfurter Börse zu gehen. Merz' Vorhaben wird umgesetzt, allerdings ohne Merz.

Thyssenkrupp Nucera ist einer der weltweit wichtigsten Hersteller von Elektrolyseuren. Diese Anlagen spalten mithilfe von Elektrizität Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Wird Ökostrom genutzt, wird der Wasserstoff grün genannt, der Energieträger ist dann klimafreundlich. Solch grüner Wasserstoff ist unverzichtbar, will Europa seine ehrgeizigen Klimaschutzziele erreichen. So soll der Wasserstoff in Chemiefabriken, Stahlwerken, Kraftwerken oder Heizkesseln die bisherigen Energieträger Erdgas und Kohle ersetzen. "Grüner Wasserstoff ist ein Schlüsselfaktor für die Dekarbonisierung der Industrie", sagt Nucera-Vorstandschef Werner Ponikwar.

Entsprechend stark wird die Nachfrage nach Elektrolyseuren wachsen. Bisher kann Nucera pro Jahr Anlagen mit einem Gigawatt Leistung herstellen - damit entfällt auf die Dortmunder bereits ein Achtel der weltweiten Produktionskapazitäten. Bis 2025 will Ponikwar die Kapazität verfünffachen und gleichzeitig die Fertigungskosten senken. Der Börsengang soll helfen, diese Investitionen zu finanzieren.

Der Schritt aufs Parkett soll 500 bis 600 Millionen Euro einbringen. Bisher gehört die Firma mit ihren gut 600 Beschäftigten zu zwei Dritteln Thyssenkrupp und zu einem Drittel dem italienischen Maschinenbauer De Nora. Die Italiener liefern Nucera auch die Elektroden, also wichtige Teile der Elektrolyseure. Für den Börsengang werden neue Aktien herausgegeben, wobei Thyssenkrupp weiter die Mehrheit der Anteile halten will.

Saudi-Arabien kauft eine Riesen-Anlage

Nucera ist nicht der einzige deutsche Hersteller von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff. Siemens Energy mischt hier ebenfalls mit, daneben MAN Energy Solutions oder das Dresdner Start-up Sunfire. Trotz der Konkurrenz ist das Auftragsbuch von Nucera voll: Unter anderem sollen die Dortmunder eine riesige Anlage mit gut zwei Gigawatt Leistung nach Neom liefern, der neuen Stadt, die in Saudi-Arabien hochgezogen wird. Daneben baut Nucera die Elektrolyseure für H2 Green Steel, ein klimafreundliches Stahlwerk, das in Nordschweden errichtet wird. Dieses Hüttenwerk wird pikanterweise mit dem Duisburger Stahlwerk der Nucera-Schwester Thyssenkrupp Steel Europe konkurrieren. Auch dieses Werk will künftig klimafreundlichen Stahl produzieren. Dafür wird einer der vier Hochöfen durch eine Anlage ersetzt, die Roheisen mit Wasserstoff anstelle von Koks und Kohle gewinnt.

Neben Wasserstoff-Elektrolyseuren bietet Nucera auch Anlagen für Chloralkali-Elektrolyse an. Diese erzeugen aus Salz und Wasser Chlor und Wasserstoff. Dieser althergebrachte Geschäftsbereich steht bislang noch für den Großteil der Umsätze - aber bei den Aufträgen liegt die grüne Zukunftssparte schon deutlich vorne.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWärmewende
:So heizt Deutschland

Kann die Wärmewende klappen? Ein Blick in die Zahlen zeigt, in welchen Regionen besonders alte Heizungen verbaut sind und warum die Menschen im Osten einen Standortvorteil haben.

Von Markus Hametner, Nakissa Salavati und Oliver Schnuck

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: