Neues Leistungsschutzrecht:"Grundeinkommen für Verleger"

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Die schwarz-gelbe Koalition hat einen neues Leistungsschutzrecht beschlossen. Betreiber von Suchmaschinen und News-Aggregatoren sollen künftig für die Verbreitung von Zeitungsartikeln im Internet an die Verlage zahlen. Verleger begrüßen es, Gegner kritisieren es scharf.

Mirjam Hauck und Bastian Brinkmann

Werbung bei Google - davon wollen auch Verlage profitieren. (Foto: dpa)

Die Koalition will nach eigenen Angaben das Urheberschutz-Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Internet stärken. Im Beschluss heißt es: "Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen. Damit werden die Presseverlage an den Gewinnen gewerblicher Internet-Dienste beteiligt, die diese - mit der bisher unentgeltlichen - Nutzung der Verlagserzeugnisse erzielen. Auch die Urheber sollen eine angemessene finanzielle Beteiligung an der Verwertung des Leistungsschutzrechts erhalten. Einzug und Verteilung der Entgelte soll über eine Verwertungsgesellschaft erfolgen. Die Schutzdauer soll ein Jahr betragen. Die private Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet wird nicht vergütungspflichtig, normale User werden also nicht betroffen sein. In der gewerblichen Wirtschaft bleiben das Lesen am Bildschirm, das Speichern und der Ausdruck von Presseerzeugnissen kostenfrei."

Was bedeutet das?

Es ist ein Verteilungskampf: Die Verlage sollen am erfolgreichen Geschäftsmodell von Google mitverdienen. Google verdient sein Geld mit Werbung, die dem Nutzer auf den Suchergebnisseiten angezeigt werden, durch das Sammeln der Nutzerdaten werden diese immer weiter verfeinert - eine Einnahmequelle, die bisher vor allem den Verlegern in ihren traditionellen Geschäftsmodellen zugutekam. Durch Dienste wie Google-News kommen Leser auf die Online-Angebote der Verlagshäuser - Google ist also Freund, nicht Feind der Unternehmen, argumentiert die Suchmaschine selbst. Die Verlage sehen das anders: Wer eine Seite wie Google News ansurfe, auf der aus verschiedenen Quelle kurze Ausschnitte gezeigt werden, der brauche ja nicht mehr die Verlagsseiten besuchen. An diesen Artikelsammlungen, den Aggregationen, wollen die Presseunternehmen deswegen mitverdienen.

Wer unterstützt dieses Vorhaben?

Die deutschen Printmedien haben den Vorstoß der Koalition für eine Beteiligung der Verlage an den Gewinnen von Internet-Suchmaschinen begrüßt. Im digitalen Zeitalter sei ein solches Recht unverzichtbar, um die gemeinsame Leistung von Journalisten und Verlegern wirksam schützen zu können, erklärten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) am Montag in Berlin.

Was versprechen sich die Verlage von diesem Vorhaben?

Damit sollen Presseverlage an den Gewinnen gewerblicher Internet-Dienste beteiligt werden. Mit dem Leistungsschutzrecht wollen sich die Verleger ihre verlegerischen Investitionen in Organisation, Vermarktung, Personal und Vertrieb schützen lassen. So schreibt der Cheflobbyist von Axel Springer, Christoph Keese, in seinem Blog, dass Befürchtungen, private Nutzung oder Lesen am Bildschirm könne kostenpflichtig werden, unbegründet sind. Die Kritiker zielen jedoch auch auf etwas anderes.

Wer ist gegen die Neuregelung?

Der prominenteste Gegner ist die Initiative Leistungschutzrecht (Igel), zu der sich fast 50 Verbände, Blogs und Projekte zusammengeschlossen haben. Sie kämpft gegen eine Neuregelung des Leistungschutzrechts, wie sie Presserverleger haben möchten. Im Netz wird das Vorhaben scharf kritisiert: So schreibt das Blog Netzpolitik.org: "Axel Springer kauft sich Leistungschutzrecht". iRigths.info spricht von einem " schwarzen Tag für das Urheberrecht". Auf Twitter schwankt die Beurteilung des Koalitionsvorhabens zwischen "Hartz 4" und " bedingungslosem Grundeinkommen" für Verlage. Die Diskussion läuft unter dem Hashtag #LSR.

Was befürchten die Gegner?

Sie rechnen damit, dass ausschließlich große Verlage vom Leistungsschutzrecht profitieren. Negative Folgen habe das neue Leitungsschutzrecht dagegen für den kleinen Privatblog, der etwa drei Artikel zitiere und verlinke. Sie fürchten, für solche Einträge teuer zur Kasse gebeten zur werden. Wenn das Leistungsschutzrecht komme, beeinträchtige das die Kommunikationsfreiheit und den freien Informationsfluss im Internet - und gefährde damit die Demokratie.

Das Demokratie-Argument nutzen allerdings auch Befürworter eines neue Leistungsschutzrechts: Schließlich sorge auch eine gut ausgestatte Presse mit vielen Reportern für eine funktionierende Demokratie.

Linktipp: Zeit Online verurteilt das Leistungsschutzrecht in einem analytischen Kommentar. Die Koalition beschränke die Informationsfreiheit, um Probleme zu lösen, die sich Verlage selbst geschaffen hätten.

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